10.59

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Nach einigen Wochen der Krise wissen wir mittlerweile einiges mehr über deren Verlauf. Die Mediziner wissen einiges mehr über den Umgang mit der Krankheit, und wir wissen einiges mehr über die Auswirkungen, die wirtschaftlichen und die sozialen Auswirkun­gen dieser Krise.

Wir haben hier in diesem Haus alle miteinander sehr schnell Wirtschaftshilfen be­schlos­sen, um die gröbsten Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation in unserem Land möglichst schnell und möglichst effizient zu vermindern. Jetzt sehen wir aber die Auswirkungen auf die soziale Situation in unserem Land. Es wurde schon erwähnt: Es gibt 600 000 Arbeitslose, 900 000 Menschen in Kurzarbeit und Hunderttausende Selbst­ständige, die keinen Umsatz haben und auch um ihre Existenz zittern.

Das heißt: Wir müssen jetzt transparent, in offener Diskussion schauen, wie wir mit­einander die nächsten Schritte setzen können, um die absehbare soziale Krise in unse­rem Land abzuschwächen und, so gut es geht, zu verhindern. Die soziale Krise könnte nämlich aus vielen, vielen einzelnen Dramen und Tragödien bestehen, die wir verhin­dern können; daher sollte eine gemeinsame Kraftanstrengung von uns allen in Angriff genommen werden, sehr geehrte Damen und Herren. Es ist wichtig, dass wir uns um die kümmern, die jetzt arbeitslos geworden sind und von sehr wenig leben müssen. Wir sollten das Arbeitslosengeld erhöhen, sodass man auch davon leben kann. Wir sollten es auf 70 Prozent erhöhen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sollten Schutzschirme spannen. Wir haben jetzt Schutzschirme für die Wirtschaft gespannt, und das ist gut so. Jetzt sollten wir Schutzschirme für diejenigen Einzel­personen und Familien spannen, die in Notsituationen geraten sind; die dürfen wir auch nicht alleine lassen. Wir dürfen in dieser Situation niemanden alleine lassen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Diejenigen, die in den letzten Wochen das Leben in unserem Land aufrechterhalten haben, haben sich den Coronatausender wahrlich verdient. Dahinter sollten wir auch stehen und dem zum Durchbruch verhelfen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben viel Geld in die Hand genommen. Das ist richtig so. Wir haben sehr viel Geld in die Hand genommen, um zu helfen, und wir müssen noch mehr in die Hand nehmen. Wir müssen uns heute aber auch die ent­sprechenden Fragen nach der Gerechtigkeit stellen: Kommt das Geld einerseits dort an, wo es dringend gebraucht wird? Wie werden wir andererseits die Mittel aufbringen, die benötigt werden und die wir schon zur Verfügung gestellt haben beziehungsweise die wir brauchen werden, um weiterhin zu helfen? Wir können nicht aufhören! Wir wissen das: Wir können nicht mit dem aufhören, was wir bis jetzt gemacht haben.

Es geht nicht, dass diejenigen, die das Leben in den letzten Wochen aufrechterhalten haben, nur beklatscht und bedankt werden. Das ist gut – ich möchte mich auch be­danken, und ich bin bei allen dabei, die klatschen –, das genügt aber nicht! Vor allem können wir nicht diejenigen, die wir beklatschen, nachher die Kosten der Krise tragen lassen. Das geht nicht, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es muss Solidarabgaben von jenen geben, die von dieser Krise profitieren, von den Krisenprofiteuren, zum Beispiel von den Onlinekonzernen. Es muss Solidarabgaben von denen geben, die sehr viel haben, es muss eine Solidarabgabe von Millionären geben. Es dürfen nicht Boni und Dividenden von Unternehmen ausgeschüttet werden, die von uns staatliche Hilfe erhalten. Das wäre nicht fair! Ich denke, das sehen Sie auch so. Es darf keine Staatshilfe für diejenigen geben, die sich an der österreichi­schen Steuer vorbeischummeln und das Geld in Steueroasen parken. Das darf nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben die Hilfsmittel gemeinsam hier im Parla­ment beschlossen, das ist gut und richtig, und daraus folgt: Wir sollten die Vergabe dieser Mittel auch gemeinsam hier im Parlament kontrollieren, und zwar die Vergabe aller Mittel, nicht erst jener ab einer bestimmten Höhe. Die Kontrolle soll nicht nur durch jene, die die Regierung aussucht, durgeführt werden, sondern die Kontrolle soll dort stattfinden, wo sie hingehört, nämlich hier im Parlament.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie daran erinnern, dass Kontrolle eine ganz wesentliche Aufgabe des Parlaments, ein ganz wesentliches Element des Par­lamentarismus ist, und zwar durch uns alle hier und nicht nur durch die Opposition. Das ist eine ureigene Aufgabe des Parlaments und keine Spitzfindigkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Meinl-Reisinger: Bravo!)

11.05

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schnedlitz. – Bitte.