11.13

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen! Wenn ich mir die Diskussionen, die Pressekonferenzen und, Herr Bundeskanzler, auch Ihr Statement von vorhin anhöre und anschaue, dann komme ich zum Schluss, dass die Kindergartenkinder und Schülerinnen und Schüler für Sie eigentlich keinen besonders hohen Stellenwert haben. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

Die Bundesregierung hat gut vier Wochen gebraucht, bis sie einen Vorschlag gemacht hat, wie die Matura ablaufen kann und wie die Lehrabschlussprüfungen heuer statt­finden können – da gibt es also eine Lösung, das begrüßen wir –, aber für rund eine Million Schülerinnen und Schüler, 300 000 Kindergartenkinder, ihre Eltern – sehr viele alleinerziehend –, alle Lehrkräfte, Elementarpädagoginnen und -pädagogen, also für wahrscheinlich gut mehr als zwei Millionen Menschen, gibt es nach fast sechs Wochen immer noch keinen Plan und keine Perspektive.

Ja, wir haben gestern gehört, am Freitag soll es so weit sein – wunderbar! –, betreffend die Schulen: eine PK, die eine PK ankündigt. Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie nicht die Gelegenheit nützen, diesen Stufenplan für die Schulen, den Sie anscheinend haben, hier im Parlament vorzustellen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Vogl. – Abg. Kickl: Da müsste einem das Parlament was bedeuten!)

Es gibt zigtausend engagierte Familien, Mütter und Väter, die sich in den letzten Wochen abgestrudelt haben, Beruf und Homeschooling oder die Betreuung von kleineren Kindern unter einen Hut zu bringen. Ich kenne niemanden, der über Wochen neben Kleinkindern gut arbeiten kann, und ich kenne auch niemanden, der jüngere Kinder einfach im Vorbeigehen unterrichtet – und glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche: Ich habe selbst drei schulpflichtige Kinder daheim, die analog und auf diver­sen digitalen Kanälen Homeschooling machen sollen. Wir brauchen einen verläss­lichen Plan und nicht nur die schulmeisterliche Aussage: Es ist ja keine Schande, die Kinder in die Betreuung zu schicken!, von Ihnen. (Beifall bei den NEOS, bei Abge­ordneten der FPÖ sowie des Abg. Vogl.) Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie das die ganze Zeit sagen. Was bezwecken Sie eigentlich mit dieser Aussage? (Abg. Meinl-Reisinger: Das habe ich mich auch schon gefragt! ...! Die Schande ist einmal ausgesprochen! – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Wir haben zum heutigen Zeitpunkt noch keine Evidenz, ob Kinder und Jugendliche so­genannte Superspreader sind oder nicht, sehr wohl verfügen wir aber über Evidenz und wissenschaftliche Erkenntnisse dahin gehend, welche negativen Auswirkungen lange Schulschließungen und Kindergartenschließungen haben – zum Beispiel auf die Gesundheit von Kindern und dass die sozial begründete Bildungsschere noch weiter auseinandergeht.

Hier ein kleiner Auszug der offenen Fragen als Hilfestellung für Freitag: Was genau ist der Plan für Kindergärten und Schulen? Stichwort Kindergarten: Wann übernimmt der zuständige Minister Verantwortung und widmet sich auch diesem Bereich? An welche Gruppengrößen denken Sie? Wann gibt es den Hygieneplan für die Kindergärten und die Schulen? Was ist mit Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf? Was ist mit den Kindern in den Deutschklassen? Von denen sprechen Sie überhaupt nie. – Nehmen Sie die Kinder endlich in den Fokus, stellen Sie sie ganz oben auf Ihre Prioritätenliste, bitte! (Beifall bei den NEOS.)

Es gibt in der jetzigen Phase nicht nur Schwarz oder Weiß, offen oder geschlossen, hopp oder dropp, nein, wir brauchen einen Stufenplan. Wir werden heute gemeinsam mit der SPÖ und mit der FPÖ einen diesbezüglichen Antrag einbringen, der ver­schie­dene Aspekte berücksichtigt, nämlich die regionalen und lokalen Gegebenheiten, einen Antrag, der auf die Betreuungsintensität und die Bedürfnisse von Kindern ein­geht. Es gibt eine Vielzahl von Varianten, wie man das an unterschiedlichen Stand­orten durch­führen könnte. Natürlich berücksichtigen wir immer die gesundheitliche Ent­wicklung – es ist ja wohl ganz logisch, dass man das immer wieder anschaut und vergleicht –, aber es ist sicherlich keine Lösung, die Jüngsten über einen langen Zeitraum von Bildung und Betreuung und vom sozialen Leben auszuschließen.

Abschließend: Mein besonderer Dank gilt natürlich den Kindern und Jugendlichen. Wir alle sind uns hoffentlich dessen bewusst, dass viele von ihnen große Sorgen, viele Ängste und vor allem ganz, ganz viele Fragen haben, wie es weitergeht. Planen Sie daher auch ein, dass es, wenn die Schulen und Kindergärten wieder geöffnet werden, Zeit braucht, um kleine Kinder wieder in den Kindergarten einzugewöhnen, bezie­hungsweise dass Schulkinder ausreichend Zeit haben, sich wieder zu sehen und in der Schule anzukommen, und nehmen Sie den Lerndruck bitte heraus!

Was unsere Kinder in den nächsten Wochen neben dieser Perspektive und neben einem Plan brauchen, ist nicht noch weitere Angstmache, sondern Zusammenhalt, Zuversicht und das Gefühl, dass wir als Gesellschaft es gemeinsam schaffen können. (Beifall bei den NEOS.)

11.19

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.