12.32

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsident! Geschätzte Frau Minister! Herr Minister! Herr Vizekanzler! Lassen Sie mich, bevor ich auf die Erklärung von Kanzler und Vizekanzler eingehe, nur zwei Sätze sagen: In einer gewissen Art und Weise bin ich wirklich bestürzt über die Aussagen von Klubobmann Wöginger und Abgeordneter Schwarz. (Ruf bei der ÖVP: Über die vom Kickl nicht?!) Was glauben Sie eigentlich, was die Aufgabe eines Parlaments ist? – Die Aufgabe eines Parlaments ist es, kritisch zu hinterfragen, Aktuelle Stunden einzuberufen, und es kann Ihnen völlig egal sein, welchen Titel wir wählen! (Beifall bei NEOS und FPÖ.) Sie sind von einer derartigen Wehleidigkeit – seit über 12 000 Tagen in der Regierung und derartig weh­leidig –, dass einem fast das kleine Kind leid tut, über das Sie jammern.

Kollege Wöginger hat auch noch irgendwie gesagt – und das habe ich auch beim Bun­deskanzler so verstanden –, wir hätten ja bei allem mitgestimmt, und hat sich dafür bedankt. – Sie wollen von Ihren großen Problemen ablenken, das ist das Thema. Ja, wir sind am Anfang mitgegangen, das hat auch Klubobmann Kickl gesagt. Wir sind mit­gegangen, weil es zuerst um die Gesundheit geht, und dann geht es um alles andere.

Und weil wir beim Thema alles andere sind: Ihr habt schon längst vergessen, um wen es wirklich geht! Es geht um die Menschen da draußen, es geht um die Unternehmer, es geht um alle, die da draußen so wie wir tagtäglich mit einem Chaos kämpfen, mit einem Chaos von Ankündigungen, in dem sich keiner auf die Richtlinien verlassen kann, in dem sich keiner auf eine Richtschnur verlassen kann, in dem keiner eine Per­spektive hat und alle das Vertrauen in diese Regierung völlig verloren haben. Was die Unternehmerschaft betrifft: Die Unternehmerschaft ist sauer, sauer, sauer und behan­delt das total ablehnend.

Es gibt Gags von Ihnen, zum Beispiel von Finanzminister Blümel, der sagt: Wir haben 10 Milliarden Euro überwiesen! (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!) – Bei keinem Unternehmer ist etwas angekommen, weder über die Kurzarbeit noch über sonst irgendetwas. Wo sind diese 10 Milliarden Euro? Wo sind sie? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Diese Regierung, jeder Minister hat die Aufgabe, mit Sorgfalt und Transparenz sein Amt auszuführen. Alles andere hat diktatorische oder totalitäre Züge. Mit Sorgfalt wird mit der Opposition nicht umgegangen, aber auch nicht mit Transparenz. Das Vor­täuschen von Zahlen und zu sagen: Ihr wisst es eh, und wir machen halt einmal in der Woche eine Telefonkonferenz oder eine Videokonferenz!, ist kein Überbringen von datenbasiertem Material, das wir nachvollziehen können.

Die ÖVP ist ein Großmeister der Geste. Wir kennen ja Kurz, den Bundeskanzler, der eigenhändig die Balkanroute geschlossen und uns jetzt vor Hunderttausenden Toten gerettet hat.

Dieses Land, das muss man auch sagen, hat alles für den Schulterschluss getan, dieses Land, jeder Mensch, hier im Saal und auch da draußen, hat einen Beitrag dazu geleistet, dass diese Zahlen so gut sind. – Ja, da gebe ich Ihnen recht. Die Unter­nehmer haben auch alles getan, nach dem Motto: Geht nicht, gibt’s nicht, da machen wir mit!

Aber alles andere? Jetzt ist Schluss mit lustig, Herr Vizekanzler! Herr Finanzminister und Herr Bundeskanzler, jetzt ist wirklich Schluss mit lustig! Jetzt ist nämlich die Zeit gekommen, dass Sie liefern müssen; Sie müssen liefern, Herr Vizekanzler, mit Ernst­haftigkeit, mit Kompetenz, und vor allem mit einem richtig guten Plan. Die vierte Zutat dabei sind Experten. Ich unterstelle dem Vizekanzler alles, nur nicht eines, nämlich dass er sich in der Volkswirtschaft nicht auskennt. Er kennt sich aus. Er ist wahr­scheinlich der Einzige, der sich auskennt; der andere weiß nicht einmal, was Schulden sind, aber er weiß zumindest über das Bescheid, was mit Zahlen zu tun hat.

Es braucht da eine zentrale Kooperation. (Ruf bei der ÖVP: ..., was Sie daherreden!) Weg mit diesen fetzigen Ansagen! Weg mit diesen fetzigen Ansagen, mit undurch­dachten Plänen! Ich erinnere nur an eine Ankündigung: Die Unternehmer, die Touris­tiker sind wirklich sauer, die haben sich am Wochenende gerührt und haben gefragt, wie das mit der Reisebeschränkung ist. Da kündigt der Bundeskanzler irgendetwas in der „Kleinen Zeitung“ an, Frau Köstinger kann das, was Herr Sebastian Kurz vorkaut, nachkauen, und dann heißt es aus Deutschland: Halt, das ist nicht so, die haben mit uns nicht geredet! – Das sind Widersprüche, und diese Widersprüche verursachen eines: Verunsicherung, aber kein Vertrauen.

Ich frage mich schon, Herr Vizekanzler – ich muss das wirklich sagen! –: Wie kann man da, bei dieser Verunsicherung, mitgehen? Wie kann es sein, dass Sie bei die­ser Testballonparty mitmachen? Aus taktischem Kalkül lässt die ÖVP mit Herrn Fleischmann oder sonst irgendjemandem wieder einen Testballon starten, und Sie machen da mit! Wie kann es sein, dass Banken gestern noch schreiben – bei dem, was Frau Minister Schramböck letzte Woche, glaube ich, zusammen mit Herrn Blümel angekündigt hat: 100 Prozent Haftungsübernahme –: Das machen wir, aber: persön­liche Haftung, Nachrangigkeitserklärung, und vor allem einen Wechsel unterschrei­ben! – Wie geht das? (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Die Unternehmer fühlen sich verarscht. Das gibt es nicht! Es ist Ihr Fehler, und ich glaube, das passiert deshalb, weil Sie nicht die Fachleute am Tisch haben, weil es offensichtlich gar keinen Generalstab gibt. Es gibt keinen Expertenrat, der wirtschaftlich einen Tau hat! Man muss die Banken mit ins Boot nehmen, anders geht es nicht.

Es treibt mich in den Wahnsinn, was ich jeden Tag an Schreiben von EPUlern bekomme. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Wie kann der Herr Vizekanzler Einper­sonenunternehmen so fallen lassen? Die sind sauer, stinksauer – wenn sie nicht mit der Heugabel auf den Ballhausplatz gehen! Es wird auch bald so sein.

Wie kann es sein, dass sich der Herr Vizekanzler als Kulturminister von Herrn Blümel und von Herrn Kurz so vorführen lässt? Sogar Frau Lunacek tut mir wahnsinnig leid, wenn sie nach sechs Wochen sagt: Wir sind noch nicht so weit, einen Fonds und Kriterien entwickelt zu haben! (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Sie werden vorgeführt!

Es gibt in dieser Krise nichts mehr für Bildung, für Kultur, für Kunst, und vor allem nur eines: ein chaotisches Wirtschaftskonzept, wie wir wieder aufstehen. (Ruf bei der ÖVP: Ihre Rede ist chaotisch!) Das ist einfach traurig! Ich muss sagen, ich finde es auch traurig und zynisch, wenn Kollege Kopf dann sagt: Ja gut, beim Härtefallfonds muss man halt einen Antrag richtig stellen! – Sie wissen gar nichts über die Ängste! Ich stelle mir schon eine Wirtschaftskammer vor, die die Interessen der Unternehmer vertritt und nicht Handlanger dieser Regierung ist; dafür wäre der Name Interessenvertretung nämlich da. (Beifall bei NEOS und FPÖ. Abg. Haubner: Unglaublich! Zwischenruf des Abg. Martin Graf. Abg. Schellhorn das Rednerpult verlassend, in Richtung ÖVP : Jetzt seids nicht so beleidigt! Abg. Ottenschläger: Na geh bitte! Weiterer Zwischenruf des Abg. Schellhorn. Abg. Kopf: Du nimmst etwas vorweg, was ich gar nicht sagen wollte!)

12.40

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.