13.36

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr ge­ehrte Ministerinnen und Minister! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Abge­ordnete! Sehr geehrte ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen! Es wurde wieder einmal der Unterschied zwischen Schweden und Österreich angesprochen, nämlich in dem Sinne, wie in den beiden Ländern in der Coronakrise vorgegangen wird und wie erfolgreich das eine oder das andere Land ist. Ich traue mir da keine abschließende Beurteilung zu, allerdings gibt es gerade auch aus einer wirtschafts- und sozial­politi­schen Perspektive vielleicht nicht uninteressante Prognosen.

Es gibt unter anderem eine Prognose des Internationalen Währungsfonds, wie sich Schweden und Österreich in der Krise beziehungsweise aus der Krise heraus ver­mutlich entwickeln werden. Ich finde es schon sehr interessant, wie sich der Lockdown auch ökonomisch auswirkt – wie wir ja alle wissen, hat der verordnete Lockdown, der passiert ist, in Schweden nicht in diesem Ausmaß stattgefunden, ist dort aber trotzdem sehr stark von der Bevölkerung angenommen worden –, denn da sind die Unter­schiede interessanterweise gar nicht so frappant! (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, weil ... gar nicht da ist ...!) Zum einen wird nämlich in Österreich das BIP vermutlich um 7 Prozent einbrechen, zum anderen – hören Sie zu, Frau Kollegin Meinl-Reisinger, es ist ganz interessant! – das Wachstum in Schweden gleichzeitig um 6,8 Prozent einbrechen. (Abg. Meinl-Reisinger: Redets halt miteinander ...!) Die Arbeitslosigkeit wird sich in Österreich von aktuell 4,5 Prozent – internationale Berechnung – auf 5,5 Pro­zent im Krisenjahr erhöhen und laut Prognose im nächsten Jahr wieder auf 5 Prozent sinken. In Schweden dagegen wird sie von 6,8 auf 10,1 Prozent steigen und im Folge­jahr auf 8,9 Prozent sinken – sie droht also auf einem relativ hohen Niveau zu bleiben.

Wir werden sehen, wie es tatsächlich ausgehen wird, es sind Prognosen. Ich denke, alle Länder Europas, die Europäische Union insgesamt und alle Länder der Welt sind stark daran interessiert, möglichst rasch und gut aus der Krise zu kommen und die wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu überbrücken.

Nun aber zu dem Thema, zu dem ich eigentlich sprechen wollte – ich habe eh nicht mehr viel Zeit –, nämlich dem Antrag des Kollegen Loacker, den wir in der letzten Sitzung des Sozialausschusses besprochen haben, dahin gehend, die Mehrfach­ver­sicherung doch bitte abzuschaffen. Es ist ein Antrag, der ja an sich relativ plausibel klingt und tatsächlich auch relativ viele Menschen betrifft. Es gibt circa 300 000 Be­itragszahler mehr als insgesamt pflichtversicherte Personen, das bedeutet, es gibt schon eine ganz schöne Anzahl an Menschen, die doppelt oder sogar mehrfach bei unterschiedlichen Krankenversicherungsträgern versichert sind. – Ja, diesbezüglich sollte es schon eine intelligente Lösung geben. Die Lösungsvorschläge schauen auch unterschiedlich aus.

Die von uns präferierte Lösung war im Prinzip immer jene, dass es eine Krankenkassa mit gleichen Leistungen und gleichen Beiträgen geben sollte. Das wäre langfristig die sinnvollste Lösung, weil sich dann die Frage von Mehrfachversicherungen schlichtweg gar nicht mehr stellt.

Eine andere Möglichkeit wäre beispielsweise, wenn man bei den Krankenver­siche­rungsträgern Kompetenzzentren einrichtet, die die Beiträge einheben und dann auf die jeweiligen Versicherungsträger verteilen. So hätte zumindest der oder die Versicherte nur einen Ansprechpartner.

Eine weitere Möglichkeit wäre eben jene, die Kollege Loacker vorschlägt, dass sich der oder die Versicherte, der oder die doppelt oder mehrfach versichert ist, den Ver­siche­rungsträger aussuchen möge, wo er oder sie seine beziehungsweise ihre Beiträge einzahlen will.

Das Problem dieses NEOS-Antrages ist allerdings, dass es – man erkennt die Absicht relativ schnell – in Wirklichkeit einmal mehr darum geht, das solidarische Pflicht­ver­sicherungsprinzip, worauf unsere Krankenversicherung und unsere Sozialversiche­run­gen beruhen, auszuhebeln und tatsächlich durch die Versicherungspflicht zu ersetzen. Während die einen: Hurra, endlich mehr Wettbewerb!, rufen mögen, wissen wir, dass diese Versicherungspflicht im Gegensatz zur solidarischen Pflichtversicherung den Solidargedanken in den Krankenkassen, der so wichtig ist, unterläuft – Kassen, die tatsächlich von allen, unabhängig von ihrem Einkommen, gleichermaßen finanziert werden; Kassen, die allen, unabhängig von ihrem Einkommen, gleichermaßen ent­sprechende Leistungen bringen; Kassen, die versuchen, innerhalb der Versiche­rungs­gemeinschaft einen Risikoausgleich zwischen Ärmeren und Reicheren, zwischen Men­schen mit höherem Gesundheitsrisiko und Menschen mit niedrigerem Gesundheits­risiko zu machen, und so bestmögliche Leistungen für alle erbringen.

Was wir definitiv nicht wollen, sind poor services for poor people. – Nein, wir wollen gute Leistungen für möglichst alle und das gibt es nur im Solidarsystem. Nur die Pflichtversicherungen, so wie wir sie kennen, garantieren diese Form der solidarischen Absicherung. Darum werden wir dem Antrag des Kollegen Loacker von den NEOS auch nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.42

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Sonja Hammerschmid ist die nächste Rednerin. – Bitte.