10.15

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Die wirtschaftlichen Notfall­maßnahmen der Regierung haben im Sinne des Titels dieser Aktuellen Stunde und entgegen den Beteuerungen von Ihnen tatsächlich wirksam dazu beigetragen, Arbeits­plätze und Unternehmen zu sichern (Zwischenruf des Abg. Kassegger): für 1,1 Millio­nen ArbeitnehmerInnen, die in Kurzarbeit sind; für Hunderttausende Einpersonenunter­nehmen, denen mit dem Härtefallfonds sehr schnell geholfen worden ist, dessen Be­zieherkreis ständig erweitert wird; für unzählige KMUs, denen die Zahlungsfähigkeit gesichert wurde und die je nach Umsatzentfall auch einen Zuschuss zu den Fixkosten bekommen, also eben nicht nur Kredite und Garantien.

Uns war allerdings auch wichtig, dass die Lasten fair verteilt sind (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), das heißt, dass die Richtlinien des Corona-Krisenfonds sicherstellen, dass es Hilfen für große Unternehmen nur dann gibt, wenn die MitarbeiterInnen nicht gekündigt werden, sondern maximal in Kurzarbeit geschickt werden, wenn Dividenden nicht ausgeschüttet werden und Managerboni beschränkt werden. (Beifall bei den Grü­nen sowie der Abgeordneten Baumgartner und Gabriela Schwarz. – Abg. Leicht­fried: Das war jetzt wenig Applaus bei der ÖVP...!) – Danke; dafür vielleicht von Ihnen, Herr Leichtfried!

Zusätzlich wird bei allen Maßnahmen vorausgesetzt, dass die Unternehmen maßgebli­che operative Tätigkeiten in Österreich haben und dass sie ihre Gewinne nicht in Steu­eroasen verschieben. Das, glaube ich, ist ein Erfolg, der auch eine grüne Handschrift zeigt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hechenberger.)

Ich weiß, dass das für jene 600 000 Arbeitslosen und für die EPUs, die vielleicht trotz­dem durch die Hilfsmaßnahmen durchgerutscht sind, wenig tröstlich sein wird; aber ich weiß auch um das ernsthafte Bemühen der Bundesregierung, bei den Instrumenten laufend nachzubessern, wenn sich herausstellt, dass irgendwo Lücken bestehen. Zu­gleich kommt jetzt aber eine neue Phase, in der Sofortmaßnahmen und Überbrückun­gen durch langfristige, nachfragewirksame Maßnahmen ersetzt werden müssen, und dazu braucht es auch einen Blick nach vorne, das heißt mittel- und langfristig den Standort, die Arbeitsplätze und die Unternehmen zu sichern.

Wie schaut die Wirtschafts- und Arbeitswelt nach beziehungsweise mit Corona aus? –Die Strategieberatung McKinsey erwartet unter anderem, dass physische Distanz wie­der eine größere Rolle spielen wird. Das heißt, die globale Wertschöpfungskette hat sich als zu krisenanfällig gezeigt, und regionale Produktion wird wahrscheinlich wieder stärker in den Vordergrund kommen. Effizienzüberlegungen werden durch Resilienz­überlegungen ergänzt; auch da gibt es – man hört es schon, glaube ich, ein bissl raus – einen Konnex zur Klimakrise: Menschliche Kontakte entlang der Wertschöp­fungskette werden vom Rohstoffgewinn bis zum Vertrieb reduziert werden. Die Be­deutung des Staates wird wieder zunehmen; die Regierungen greifen schon jetzt stär­ker ein, und sie werden das auch in Zukunft machen.

Eine vorausschauende Wirtschaftspolitik macht sich all diese Veränderungen zunutze, und viele dieser Effekte der Coronakrise, die ich gerade aufgezählt habe, ergeben Sy­nergien mit der Bewältigung der Klimakrise. Eine mittelfristige Standortpolitik kann oh­nehin nur im Sinne der globalen Nachhaltigkeitsziele verstanden werden, in der Nach­haltigkeit, soziale Gerechtigkeit und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung im Ein­klang zu sehen sind und kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen kein Vorrang gegeben wird. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Haubner und Gabriela Schwarz.)

Nutzen wir die Erfahrungen und Einsichten, die diese Krise mit sich gebracht hat, und setzen wir gemeinsam ambitionierte Maßnahmen in den Bereichen Verkehr, Gebäude, in der Luftfahrt, in der Pflege und auch im Tourismus! Wir haben gesehen, worauf wir verzichten können und worauf wir auf keinen Fall verzichten wollen. Wir wollen nicht um jeden Quadratmeter Beton kämpfen. Wir haben gesehen, dass es leere Straßen und Parkplätze gegeben hat und wie viel Platz die Autos einnehmen. Ich glaube, dass wir auf den gedrängten Gehsteigen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) und bei den engen Eingängen zu den Bundesgärten festgestellt haben, wo wir den Platz dringend brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

Die rein regionalen Produktionen werden wieder wertgeschätzt, auch Berufe, die lange Zeit nicht besonders wertgeschätzt worden sind, werden jetzt wieder wertgeschätzt. Die Berücksichtigung von realen Transportkosten würde uns dabei helfen, unsere Wirt­schaft resilienter zu machen und gleichzeitig den Klimawandel zu bekämpfen. Wir ha­ben auch erkannt, dass in Bezug auf Arbeit viel von zu Hause erledigt werden kann, dass wir uns viele Arbeitswege dabei sparen können. Wir haben gleichzeitig festge­stellt, dass es dafür gute Schulen, durchgängige Kinderbetreuung und einen Breitband­anschluss braucht.

Und wir haben erlebt, dass viele junge Leute in dieser Krise über Wochen darauf ver­zichtet haben, Freunde zu treffen, in die Schule, an die Unis, zum Sport und zu Partys zu gehen, und dafür vielfach Älteren und Hilfsbedürftigen geholfen haben. Der Klima­schutz ist die Chance, diese Solidarität auch den jungen Leuten entgegenzubringen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

Die Coronakrise hat viele Jobs vernichtet, aber gerade die Investitionen in den Klima­schutz, die beschäftigungsintensiv sind – man denke an die thermische Sanierung –, können einen Beitrag leisten, um wieder Jobs zu schaffen.

Die Politik war in dieser Krise nicht zögerlich, sondern entschlossen. Die frühe Reak­tion hat sich ausgezahlt, und so ist es auch beim Klima. Gerade diese Regierung ist mit dem Ziel angetreten, wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit zu ver­einen, und ich glaube, dass die Wirtschafts- und Konjunkturpolitik der nächsten Monate das auch widerspiegeln wird. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schell­horn. – Bitte.