14.48

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich bin froh, dass langsam eine faktenbasierte (eine Tafel, auf der ein Säulendiagramm unter der Überschrift „Anzahl der Sterbefälle in Österreich von 2009 bis 2019“ zu sehen ist, auf das Rednerpult stellend) und offene Diskussion zum Thema Corona in Gang kommt. Eine Geschichte, die vor acht Wochen nicht möglich gewesen wäre, da wären wir vermutlich am Scheiterhaufen gelandet, hätten wir irgendetwas kritisiert oder fak­tenbezogene Themen anders, wie die Regierung es gerne hätte, diskutiert: Ich habe Ihnen da von Statistik Austria – nichts Geheimes, das kann man sich anschauen – die Todesstatistik in Österreich der letzten zehn Jahre mitgebracht, und zwar von 2009 bis 2019. Wir haben zwischen 76 000 und 84 000 Todesfälle in Österreich.

Was Ihnen dabei vielleicht auffällt: Wir haben ein Delta von 8 000, das heißt, das schwankt um 8 000 hin und her, in manchen Jahren nur 2 000 und so weiter. Keiner – auch nicht Minister Anschober – konnte mir einen plausiblen Grund dafür nennen. Wir haben keine Flugzeugabstürze gehabt, keine Erdbeben oder sonst etwas. Was man weiß – das darf ich heute, Ende April, sagen, Mitte März wäre das ja unmöglich gewesen –: Schauen Sie sich die Spalte 2015 an – ohne Vergleiche anzustellen, ein­fach Fakten, nur zum Nachdenken –, das war damals die schwere Grippeepidemie mit 5 000 Todesfällen!

Wir haben in der ganzen Diskussion um Corona – man hat es heute wieder gehört – unzählige Regelungen vonseiten der Regierung erlebt. Alles, was Bürgerrechte, Frei­heit betrifft, will ich jetzt gar nicht lang thematisieren. Wir hatten aber auch Regelungen wie 1 Meter Abstand, 1,5 Meter Abstand, 2 Meter Abstand – das ist überall ein bissel anders, auch in den Geschäften. Dann soll man einen Babyelefanten mitnehmen oder einen indischen Elefanten oder einen rosaroten Elefanten, also irgendwie haben Ele­fanten auch etwas mit der Geschichte zu tun. Zuvor hat man 20 Quadratmeter pro Person gehabt; ich glaube, ab 1. Mai sind es dann 10 Quadratmeter.

Man fängt auch langsam an, darüber nachzudenken, ob es nicht eine Differenzierung zwischen dem Outdoor-Bereich im Freien und Indoor-Bereichen geben soll, denn man darf sich jetzt offensichtlich in der Gastronomie ohne Maske in den Schanigarten set­zen oder dort stehen, aber wenn man das im Lokal macht, riskiert man eine Strafe. Langsam kommt da also schon ein bissel Bewegung hinein.

Ich bin auch enttäuscht, dass gerade der Gesundheitssprecher der ÖVP eine Obduk­tion so kategorisch ablehnt; eine solche wird eben nicht gemacht. Die über 500 Tote, die wir hatten, wurden nicht systematisch obduziert, wir kennen deren Krankenge­schichten nicht. Das ist nichts, wessen ich mich im Jahr 2020 als Gesundheitssprecher rühmen würde.

Wir wissen auch nichts über die Durchseuchung in Österreich. Auch was die Antikör­pertests betrifft, wissen wir noch nichts ganz Konkretes. Der Herr Minister hat ver­sprochen, es soll sie jetzt geben. Wer das noch nicht weiß: Wir haben bald 15 000 mehr oder weniger Immune, die also die Krankheit oder die Infektion überstanden ha­ben. Diese sollen eine besondere Auszeichnung, ein Dokument bekommen. Wir haben ja auch zwei hier im Parlament sitzen, die – völlig jenseitig! – Maske tragen. (Abg. Sin­ger schüttelt den Kopf.)

Diese 15 000 sind ja die, die wir suchen. Sie spenden auch Plasma, das heißt, sie kön­nen auch zur Heilung beitragen. Der Minister hat versprochen, diese bekommen bald eine eigene Auszeichnung, ein Dokument, was auch immer, denn sie können sich ja vollkommen frei bewegen. So jemand kann auch den Salzstreuer oder das Brotkörb­chen in der Gastronomie angreifen, weil er dadurch niemanden gefährden wird.

Zur ganzen Diskussion von heute Vormittag möchte ich noch einmal ausdrücklich fest­halten: 67 000 Personen in Österreich bekommen jetzt einen Brief, weil sie Risikopa­tienten sind – 0,8 Prozent –, und 99,2 Prozent können ruhig schlafen. (Bundesminister Anschober schüttelt den Kopf.)

Viele Kinder sollen offensichtlich gezwungen werden, am Schulweg eine Maske zu tragen, denn das ist ja alles Normalzustand und ganz vertrauenserweckend. Demge­genüber hat die Regierung in der Schweiz bekannt gegeben – und die Schweiz ist wohl keine Bananenrepublik –, dass Enkel und Enkelinnen wieder Oma und Opa küssen dürfen. Stellen Sie sich das vor, und das in der Schweiz! Also der Kampf gegen den Vi­rus dürfte lokal schon sehr unterschiedliche Ausprägungen haben.

Es gibt viele Dinge, über die ich mich einfach wundere, und ich kann nur noch einmal zum Abschluss sagen: Ich würde alle auffordern, alles zu hinterfragen, was die Regie­rung in den letzten acht Wochen behauptet hat, weil sehr, sehr, sehr viel davon schlichtweg nur den Hintergrund hatte, Todesangst, Panik und Apokalypsestimmung zu verbreiten, weil das im Sinne der Regierung war. Das hat auf medizinische Fakten bezogen überhaupt keine Grundlage gehabt.

Ich sage es noch einmal: Es gibt auch keinen Kausalzusammenhang über unterschied­liche Länder hinweg. Dass Österreich und Deutschland gut dastehen, ist deswegen so, weil sich unsere Gesundheitssysteme über Jahrzehnte entsprechend entwickelt haben und wir diesbezüglich gut sind.

Bei allen Vergleichszahlen aus Amerika, die Sie heranziehen, wie ich auch gelesen habe, müssen Sie, bitte schön, Folgendes machen – das wissen alle, die in Geografie aufgepasst haben –: einfach durch 40 dividieren, denn das ist der Unterschied in der Bevölkerung. Wenn Sie das tun, dann kommen Sie auf relativ ähnliche Zahlen wie in Österreich. Man kann aber wie gesagt alles schön hindrehen.

Zum Abschluss nur noch einmal ganz kurz zu Italien: Italien hat eine Woche vor Ös­terreich den Lockdown gemacht und hat ihn mit wesentlich strengeren Maßnahmen für die Bevölkerung durchgezogen. Ob das eine positive Wirkung gehabt hat – das zu er­klären überlasse ich dem Minister. Ich glaube nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

14.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.