15.24

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Wir haben es heute schon sehr oft gehört: Corona verändert Österreich. Eingelerntes, immer schon Dagewesenes ist nicht mehr so, und das betrifft auch die komplette Organisation der Gemeinden, die sich auf einen Schlag verändert hat. Es gibt de facto – ich habe lange darüber nachgedacht – keinen Aufgabenbereich auf Gemeindeebene, welcher von der Coronakrise unberührt bleibt: Kinderbetreuung, Bürgerservice, Entsorgung und, und, und. Alles hat man umstellen müssen.

Die Gemeinden machen ein sehr, sehr gutes Krisenmanagement. Sie reagieren nicht nur auf all die Schließungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, nein, sie bieten darüber hinaus noch andere Services an. Mir fällt da zum Beispiel ein, dass viele Gemeinden Freiwillige organisieren, die den Menschen mit erhöhtem Risiko unter die Arme greifen, oder dass Casemanagement im Pflegebereich in ganz vielen Gemeinden schlagartig installiert worden ist. In meiner Heimatstadt Feldkirch hat kurzerhand das Stadtmarke­ting die Lieferungen für die Innenstadtgeschäfte übernommen, damit diese gegenüber Amazon, Zalando und Konsorten konkurrenzfähig bleiben. – Vielen Dank deshalb nicht nur an die Bürgermeister, sondern an alle auf Gemeindeebene Tätigen. Sie machen ei­nen ausgezeichneten Job, vielen Dank, auf Sie ist Verlass! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gleichzeitig – da haben wir sehr großes Verständnis – gibt es in Österreichs Ge­meindestuben auch Angst. Es ist die Angst vor dem Budgetloch. Die Gemeinden trifft es doppelt, denn nicht nur sinken die gemeinschaftlichen Bundesabgaben – das betrifft alle Gebietskörperschaften –, sondern es können auch die Kommunalsteuereinnahmen wegen Arbeitslosigkeit und wegen der Kurzarbeit laut Schätzungen um bis zu 50 Pro­zent verkürzt werden.

Kollege Kollross, Sie haben komplett recht: Wenn diese Einnahmen fehlen, dann muss es bei den Ausgaben auch irgendwo Kürzungen geben, und das betrifft dann wieder Schule, Kinder, Umwelt, Gesundheit, oder aber die Gemeinden kommen in eine Liqui­ditätsfalle. Wenn wir das verhindern möchten – ich glaube, das verbindet uns frak­tionsübergreifend –, braucht es ein Paket für die Gemeinden zur Sicherung ihrer Hand­lungsfähigkeit.

Wir Grüne wollen aber, dass die Städte und Gemeinden das Heft des Handelns in der Hand behalten. Gemeinden brauchen genügend Finanzmittel, um ihr riesiges Aufga­benfeld zu bestreiten (Zwischenruf des Abg. Kollross) – das war schon vor der Coro­nakrise so –: Kinderbetreuung, ÖPNV, also – wir haben es heute gehört – all die Din­ge, die wir gerne nutzen. Wir wollen aber, dass die Gemeinden unabhängig und selbst­bestimmt agieren können. Der beste Weg dahin ist und bleibt nach unserer Meinung, dass wir den Eigenanteil der Finanzierung der Gemeinden stärken, und das nachhaltig. Wir freuen uns auch, dass das sehr fest im Regierungsprogramm verankert ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wäre nun zum Beispiel der beste Zeitpunkt dafür, dass wir den Gemeinden die Möglichkeit geben, diese Eigenmittel, ihre eigenen Einnahmen, zu erhöhen. Der Ge­meindebund wünscht es sich, der Städtebund fordert es schon lange, aus Fairness­gründen und im Sinne des Bodensparens ist es sowieso schon überfällig: Wir könnten also einmal die Grundsteuer reformieren. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist nun übrigens auch der Zeitpunkt dazu, finde ich – darüber haben wir noch gar nicht geredet –, dass wir uns von alten Mustern verabschieden. Vergangene Woche – Sie haben es alle gehört – haben die Finanzreferentinnen und Finanzreferenten der Länder ausrichten lassen, dass sie jedenfalls am Finanzausgleich festhalten wollen, diesen nochmals verlängern wollen – schon wieder. Sorry, das ist tatsächlich das fal­sche Zeichen. In den letzten Jahren hat sich die Schere zwischen finanzstarken und fi­nanzschwachen Gemeinden aufgetan, und das wird natürlich durch die Coronakrise verschärft. Dann wäre auch die Bewältigung der Klimakrise ein nochmals so großer Kraftakt, den wir gesamtstaatlich bewältigen müssen. Deshalb ein Appell an die Län­der: Verabschieden Sie sich bitte von dieser gestrigen Haltung! Und bitte greifen auch Sie den Gemeinden finanziell unter die Arme, denn das wird nicht alles der Bund al­leine stemmen können!

Zusammengefasst, liebe Kolleginnen und Kollegen (in Richtung SPÖ) – wir haben es heute schon gehört –: Wir haben Ihren Antrag im Budgetausschuss vertagt. Das haben wir deshalb gemacht, weil wir zwar (Zwischenruf des Abg. Einwallner) – das haben Sie gehört – Ihr Ansinnen teilen, den finanzschwachen Gemeinden bei der Bewältigung der Coronakrise zu helfen, Sie in Ihrem Antrag aber viele Antworten schuldig bleiben. Sie wollen einerseits die besonders finanzstarken Gemeinden finanziell entlasten, weil sie die Kommunalsteuer ersetzen wollen. Was machen Sie dann mit den Gemeinden, die herausfordernde Demografie, Lage, Topografie haben? Zu diesen Punkten sagen Sie gar nichts. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Warum wollen Sie nicht die Länder beteiligen, auch im schon genannten Finanzpaket? Und was machen Sie vor allem mit den Eigenmitteln der Gemeinden? (Abg. Stöger: Welche Eigenmittel?)

Abschließend: Klubobmann Leichtfried hat vorhin gesagt, das ist ein verpfuschtes Gesetz (Zwischenruf des Abg. Schroll), ich würde einmal sagen: Dieser Antrag ist ein undurchdachter Schnellschuss, um nicht Husch-Pfusch-Antrag zu sagen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm: ... Matznetter!)

15.29

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppel­bauer. – Bitte.