17.30

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! 75 Jahre Zweite Republik haben wir dieser Tage gefeiert, und genau die Menschen, die Österreich in den letzten Jahrzehnten zu diesem freien, wohlhabenden, sicheren Österreich mit sozialer Absicherung und mit einem hervorra­genden Gesundheitssystem aufbauten, brauchten unsere Hilfe, denn es ist ein unbe­kanntes Virus aufgetreten.

Offensichtlich bedrohte es vor allen Dingen die ältere Bevölkerung und Schwerkranke. Wir alle waren bereit, massive Beschränkungen unserer Freiheit und viele Nachteile auf uns zu nehmen, um in einer kurzen Phase der Unsicherheit, der Unklarheit Zeit und Erkenntnisse zu gewinnen, um die ältere Generation zu schützen. Wir waren auch deswegen bereit dazu, weil diese ältere Generation uns ein Österreich mit besonders stark ausgeprägten Grund- und Freiheitsrechten für die Staatsbürger anvertraut hat. Sie haben ein demokratisches System und eine Gesellschaft etabliert, welche auf mün­digen, eigenverantwortlich handelnden Staatsbürgern basieren. Diese Staatsbürger hatten in den letzten Jahrzehnten das selbstverständliche Recht, ihre Meinung zu äu­ßern, und sie hatten das Recht, an den Universitäten in jede Richtung  ohne Vorgabe des Ergebnisses frei zu lehren, frei zu forschen und neue Erkenntnisse und Erkennt­nissätze aufzustellen.

Diese freie Forschung hat gerade auch in der Medizin bei vielen schweren Krankheiten zu ungeahnten Heilungschancen und Fortschritten geführt. Es waren an diesen Höchstleistungen auch viele Professoren der Medizinischen Universität Wien beteiligt, und es ist eine Schande, eine wirkliche Schande, dass wir diese 75-Jahr-Feier bege­hen, wenn es eine massiv eingeschränkte Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit gibt. Es sind nicht die Älteren, die wir geschützt haben, dafür verantwortlich, sondern es ist die jüngere Generation, die derzeit in der Bundesregierung sitzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Zuge der Coronadebatte wurden Aussagen vieler Mediziner mit differenzierten Mei­nungen bis etwa Ende Februar dieses Jahres noch zugelassen; sie durften in Inter­views ihre Meinungen zum Coronavirus abgeben. (Zwischenruf des Abg. Schallmei­ner.) Die Vielfalt der Meinungen wurde jedoch ab Anfang März systematisch weniger, bis letztlich in den Iden des März nicht nur der wirtschaftliche und soziale Shutdown beschlossen worden ist, sondern auch der Lockdown für die Meinungsfreiheit und die Wissenschaftsfreiheit. (Ruf: Geh!)

Was durfte man plötzlich nicht mehr äußern? – Auf keinen Fall einen Vergleich zwi­schen Coronavirus und Influenza, ganz dumm! Man durfte auf keinen Fall irgendwie an dem angeblich exponentiellen und damit explosiven Wachstum, der Ausbreitung des Virus und der Gefährlichkeit des Virus zweifeln oder auch nur sagen, dass das mit den vorhandenen Daten einfach noch nicht beantwortet werden kann. Man durfte auch nicht mehr sagen, dass es vielleicht nicht das Beste ist, nur stur auf die Zahl der Co­ronatoten zu schauen, sondern dass man vielleicht auch an die Opfer des Lockdowns denken muss und dass es da vielleicht zu einer Bilanz kommt, in der wir mehr Tote haben. Es durften auch auf keinen Fall die Schulschließungen irgendwie in Zweifel gezogen werden. Es gibt viele Mediziner, die der Meinung sind, dass Kinder nicht nur nicht am Coronavirus erkranken, sondern dass sie auch gar keine Träger sind und daher ihre Eltern und Großeltern auch nicht anstecken können.

Auf all diese Fakten oder Fragen gingen viele Mediziner ein. Ich beziehe mich jetzt stellvertretend für viele – sehr viele, wie wir zunehmend erfahren – auf den Leiter der Allgemeinmedizin an der Medizinischen Universität Wien, der mehrfach und sehr pro­fund und sachlich auf alle diese Fragen Bezug genommen hat und von einem Irrweg der Bundesregierung ab Anfang April, ab dem 1. April, gesprochen hat. Er hat das auch in einem Interview mit einer Tageszeitung dargelegt, er hat der Bundesregierung am 8. April einen Brief geschrieben, er ist in einer Talksendung in unserem allseits ge­schätzten, gebührenfinanzierten Lieblingsmedium aufgetreten und hat überall höflich und keineswegs respektlos der Bundesregierung gegenüber wirklich sachlich und pro­fund und wissenschaftlich darauf hingewiesen, dass man da zu weit geht.

Es geht mir jetzt nicht darum, dass die Bundesregierung dieser Meinung nicht gefolgt ist. Sie ist anderen Meinungen gefolgt, sie weiß es besser; sie muss auch das Chaos, das sie angerichtet hat, vertreten. Es geht darum, dass wir anlässlich dieser 75-Jahre-Republik-Feier offensichtlich ein gesellschaftliches Klima haben, in dem sich die Medi­zinische Universität Wien veranlasst sieht, sich öffentlich von den fachlichen Äußerun­gen ihres Universitätsprofessors und Abteilungsleiters zu distanzieren. (Abg. Kickl: Das glaub’ ich!) Sie hat öffentlich geschrieben, dass dies lediglich eine Privatmeinung des Professors sei und sie damit nichts zu tun habe.

Das ist eine neue Normalität, die abstoßend ist, das ist geistige Enge. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist keine Diskussionskultur, und wir lehnen das ab. Eine Universität, die ihre Aufgabe darin sieht, die Regierungslinie zu vertreten und durchzusetzen, ist ein trauri­ger Höhepunkt. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.36

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Eva-Maria Himmel­bauer. – Bitte.