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Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich finde, jetzt wird das tiefe Dilemma der FPÖ so richtig sichtbar. Aus meiner Sicht gibt es keine andere Partei, die in ihrer Kritik am Eingriff in die Grundrechte, aber auch an der Angstpolitik unglaubwürdiger wäre.

Aber der Reihe nach: Der gleichberechtigte Zugang und der friedliche Meinungsaus­tausch sind, wie wir alle wissen, im virtuellen Raum über weite Strecken in Echokam­mern und Filterblasen zerfallen, weil Algorithmen bestimmen, welche Inhalte wem ge­zeigt werden.

Was Sie jetzt mit diesem Antrag hier machen, ist, eine gefährliche Gleichsetzung von einfachen Usern und Userinnen und professionellen JournalistInnen vorzunehmen. Sie stellen die Glaubwürdigkeit von im Internet veröffentlichten Meinungen und die Arbeit von Qualitätsmedien auf eine Stufe, als gäbe es das Kriterium der Objektivität gar nicht.

Man soll ja bekanntlich nicht mit Steinen werfen. Was sich die FPÖ da leistet, wird nämlich gut sichtbar, wenn man sich ihre Medien oder Medien, mit denen sie verban­delt ist, genauer anschaut. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Bei „Unzensuriert“, „Wochenblick“, „Zur Zeit“ bis hin zu „Info-direkt“ erkennt man näm­lich gleich, dass es sich nicht um eine ausgewogene Berichterstattung handelt, son­dern um die beinharte Umsetzung einer rechtspopulistischen Agenda. Diese Kanäle versuchen ja nicht einmal, objektiv zu sein. Sie schreiben Hetzartikel und schlecht recherchierte Beiträge, nicht selten mit antisemitischen Inhalten, und man könnte fast schon meinen, Fakenews sind das Geschäftsmodell der genannten Medien. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie lassen auch keine Gelegenheit aus, die Grundsätze der liberalen Demokratie – ich erinnere Sie an die Kritik an der Menschenrechtskonvention – außer Acht zu lassen, und jetzt wollen Sie sich hier als die Fürsprecher von Meinungs- und Pressefreiheit etablieren. Das ist aus meiner Sicht ein schlechter Scherz. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich erinnere gerne an ein paar Beispiele, etwa an den Umgang des Innenministers au­ßer Dienst Kickl mit „Standard“, „Kurier“ und „Falter“ (Abg. Kickl: Kaufen hätt ich sie sollen!) – Zeitungen, die Sie damals mit einer Infosperre belegen wollten (Abg. Kickl: Kaufen hätt ich sie sollen, genau!) –, die Auflösung der Pressestelle des Bundeskrimi­nalamts oder die Zentralisierung der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei. Auch der ehema­lige Abgeordnete Jenewein wird sich hoffentlich noch daran erinnern, wie er damals den Redaktionsleiter des „Report“ absetzen wollte, weil dieser zu kritische Fragen ge­stellt hat. (Abg. Kickl: Und ihr schmeißts halt die Regierungsexperten raus!)

Ich habe für Sie aber heute einen positiven Ausblick: Die FPÖ – wenn es Ihnen schon ein ernst gemeintes Anliegen ist – könnte sich nämlich für die europäische Bevölke­rung nützlich machen, indem sie ihren guten Draht zu Putin nutzt und dafür sorgt, dass die Trollfabriken aufhören, die Europäische Union mit Falschnachrichten und Desinfor­mation zu überschwemmen. Der EU-Außenbeauftragte Borrell warnt nämlich aktuell eindringlich davor.

Sie werden wissen, dass dokumentiert ist, dass russische Medien gerade in der Coro­naviruskrise intensiv Stimmung gegen die Europäische Union machen. Allein in der vergangenen Woche sind 45 Fälle von falschen Nachrichten dokumentiert worden. Am erfolgreichsten war ein Beitrag des russischen Senders „Russia Today“ – ich erinnere, das ist der Sender, dem Strache nach der Ibizaaffäre als Erstes ein Interview gegeben hat –, der fälschlicherweise behauptete, die EU habe ihren Partnern im Kampf gegen das Coronavirus nicht geholfen, sondern es waren nur China und Russland. Der Euro­päische Auswärtige Dienst hat in den vergangenen zwei Monaten gezählte 152 Fälle von Desinformation im Zusammenhang mit dem Coronavirus registriert, die er dem Kreml nahestehenden Quellen zuordnet.

Wir wissen, das Ziel dieses Informationskrieges ist nichts anderes als das Prinzip: divide et impera! Da wird Außenpolitik mit Fakenews gemacht. Wenn Sie das, was Sie in den Antrag geschrieben haben, ernst nehmen, dann könnten Sie heute überlegen, den Kooperationsvertrag mit der Putin-Partei zu kündigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt jedenfalls viele Gründe, warum Fakenews gefährlich sind: Fakenews können die persönliche Meinung beeinflussen, Ängste verstärken (Zwischenrufe der Abgeord­neten Amesbauer, Belakowitsch, Loacker und Scherak) oder dazu beitragen, dass Vorurteile gegenüber bestimmten Menschengruppen entstehen. Sie können Hass schüren und zu Hetzkampagnen führen. Sie gefährden die Demokratie und sie können gerade im Vorfeld von Wahlen dazu beitragen, politische Gegner und Gegnerinnen zu schädigen, beispielsweise über die Verbreitung von Unwahrheiten.

Wenn es also wahr ist, dass Sie all das, was ich aufgezählt habe, ablehnen, dann kommen Sie dem bitte in der Praxis nach (Abg. Deimek: Können Sie das von den NEOS auch ..., oder sind sie da zu schwach dazu?) und gehen Sie mit einem positiven Vorbild voran! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

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