19.05

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Werte Ministerin! Die SPÖ-Fraktion hat im Justizausschuss dem vorliegenden Gesetzentwurf zugestimmt, auch wenn es reichlich Kritikpunkte gab. Letztendlich ist es uns aber natürlich wichtig, dass zivilgerichtliche Verfahren fortgeführt werden und dafür gesorgt wird, dass Bürgerinnen und Bürger zeitnah zu ihrem Recht kommen.

Wie Sie wissen, erfolgen vor Gericht aktuell nur Anhörungen und Verhandlungen in sehr dringenden Fällen. Unter diesen Voraussetzungen sind den Ausführungen der Mi­nisterin im Justizausschuss zufolge alleine im letzten Monat bis zu 40 000 Verfahren abberaumt worden. Das ist eine sehr hohe Zahl, vor allem wenn man sich vor Augen führt, wie angespannt die personelle Situation und generell die Ressourcenausstattung in der Justiz ist. Das heißt, wenn wir jetzt mit diesem befristeten Gesetz nicht handeln, kommt es zu einem gigantischen Rückstau, und das ist vielen Menschen, die auf die Ergebnisse ihrer Verfahren warten, nicht zumutbar.

Man muss aber auch eingestehen, dass aufgrund der aktuellen Krise natürlich auch wieder zutage kommt, in welcher Raumnot sich die Justiz befindet. Auch aus diesen Überlegungen heraus haben wir betreffend diese Technik, nämlich Verfahren mittels Videokonferenzen durchzuführen, was ja grundsätzlich gegen das Unmittelbarkeits­prinzip verstößt, zugestimmt. Bei Anhörungen und bei mündlichen Verhandlungen au­ßerhalb des Gerichtsgebäudes soll diese Technik genauso verwendet werden.

Ich poche gerade im Zusammenhang mit Videokonferenzen so darauf, weil es be­rechtigte Kritik von Interessenvertretungen gibt, dass da ein Spannungsverhältnis mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention besteht. Warum wir trotzdem Ja sagen: Es ist zustimmungsbedürftig. Sowohl die Parteien im Zivilverfahren, als auch Zeugen können gegebenenfalls die Vertagung oder die Verschiebung der Einvernah­me bis Jahresende beantragen.

Das Gesetz enthält noch einige weitere Bestimmungen, die durchaus zu begrüßen sind, so etwa eine Verlängerung der Frist betreffend Unterhaltsvorschuss, was gerade in Zeiten, in denen Menschen das Einkommen wegfällt, in denen viele AlleinerzieherIn­nen auf Unterhaltsvorschüsse warten, wichtig ist. Die Frist, Unterhaltsvorschuss zu bekommen, ohne einen Exekutionsantrag zu stellen, ist bis 30. Juni verlängert worden. Auch die Änderungen im Vereinsgesetz, eine demokratiepolitisch wichtige Institution, sind sinnvoll; größeren Vereinen wird die Möglichkeit eingeräumt, ihre Mitgliederver­sammlungen bis Ende 2021 zu verschieben.

Nicht vom 8. COVID-19-Gesetz betroffen, aber doch sehr problematisch sind bestimm­te Regelungen in der Strafprozessordnung, und zwar ganz besonders, wenn es um ge­schworenengerichtliche Verfahren geht. Ich möchte da meiner Kollegin, Frau Bayr, nicht vorgreifen, die dies im Zusammenhang mit dem Antrag, den sie für die SPÖ unterstützen wird, vortragen wird.

Dem vorliegenden 8. COVID-19-Gesetz können wir insgesamt zustimmen, weil die Vorteile dieses Gesetzes, nämlich die Wiederherstellung der flächendeckenden Durch­führung von Zivilverfahren, die Nachteile doch erheblich überwiegen. In diesem Sinne danke ich für die Diskussion im Ausschuss und auch für die offene Informationspolitik, Frau Ministerin; das schätze ich sehr. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte.