10.06

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute unter anderem über die Aufstockung des Anerkennungsfonds für freiwilliges Engagement. Der Herr Minister ist ja schon vorhin in seinem Redebeitrag darauf eingegangen. Dieser Fonds wird heute um 600 000 Euro aufgestockt. Dieser Anerkennungsfonds ist im Prinzip kein neuer Fonds, sondern ein bereits seit Jahren, seit 2013, bestehender Fonds, der einfach um dieses Geld aufgestockt wird.

Ich habe ja persönlich immer viel Verständnis dafür, wenn es hier im Parlament um politische Strategie geht und kann daher auch manchmal nachvollziehen, wenn aus politischem Kalkül, aufgrund von Unklarheiten, auch aufgrund von Besorgnissen Gesetze abgelehnt werden oder eben auch im Bundesrat Einspruch eingelegt wird. Nur, ganz ehrlich, was mich schon sehr überrascht, ist, dass das Freiwilligengesetz vom Bundesrat beeinsprucht worden ist, und das stößt bei mir auch auf ein gewisses Unverständnis. Natürlich freut es mich einerseits, dass dieses Thema sehr viel Platz hier im Parlament einnimmt, auch Raum bekommt und wir in letzter Zeit auch regel­mäßig den Freiwilligenorganisationen oder der Freiwilligentätigkeit danken können. Das ist natürlich sehr gut, weil man ihnen nicht oft genug danken kann. Vielen Dank allen Menschen, die sich freiwillig da draußen betätigen und freiwillig engagieren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hinter der Aufstockung des Anerkennungsfonds für freiwilliges Engagement steckt aber kein politisches Kalkül, sondern eine wirkliche Notwendigkeit, damit wir auch die Trägerorganisationen, die Freiwilligenorganisationen draußen über diese Krise bringen.

Ich muss mich im Zusammenhang mit der Mittelaufstockung auch immer wieder über so manche falsche Behauptung ärgern, denn dieser Fonds vergibt die Gelder im Rahmen der Richtlinien. Ich habe sie auch extra mitgenommen, man findet sie auch ganz einfach im Internet unter www.freiwilligenweb.at. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Da kann man auch finden, wie die Mittel vergeben werden.

Diese Richtlinien werden vom Freiwilligenrat beschlossen. Der Freiwilligenrat und auch die Gremien werden, wie Sie wissen, im Endeffekt von uns Parteien besetzt. Jede Partei entsendet eine Person, der Städtebund ist dabei, die Freiwilligenorganisationen sind dabei, und die entscheiden dann über die Richtlinien und auch über die Mittel­vergabe.

Weiters unterliegt – das ist für mich auch ganz wichtig – dieser Fonds den strengen Richtlinien und der Kontrolle des Rechnungshofes. Das heißt, es ist auch transparent, wo das Geld hinfließt. Es wird im Nachhinein auch offengelegt, ob die Mittel zweck­mäßig verwendet worden sind. Das ist gut und auch notwendig, und ich finde das auch großartig. Es können auch nur nachweislich Kosten, die im Zusammenhang mit Covid-19 entstanden sind, geltend gemacht werden.

Ich weiß also nicht, woran hier Kritik geübt wird. Es ist transparent, es gibt eine Zweckbindung, es sind sogar wir als ParteivertreterInnen in den Richtlinien vertreten, es ist eine Einmalzahlung. Es werden davon nicht irgendwelche Apps oder sonst irgendetwas bezahlt, was immer wieder kommt. Dieses Geld ist für die Träger­organisationen, die jetzt Covid-19-bedingte Ausfälle haben, um über diese Krise zu kommen, um sie auch nachhaltig abzusichern. Das ist auch wichtig, damit man auch das freiwillige Engagement, das Freiwillige Sozialjahr, das Freiwillige Umweltjahr und so weiter nach der Krise wieder hochfahren kann und diese Organisationen auch weiterhin diese wichtige Arbeit bewerkstelligen können.

Ich möchte Ihnen auch ein Beispiel geben: Es geht darum, dass Freiwillige ihr freiwilliges soziales Jahr gerade in einer Einsatzstelle, etwa in einem Pflegeheim, absolvieren, nun aber durch Covid-19 nicht mehr in der Einsatzstelle arbeiten können und nun auch Unterstützung über die Trägerorganisationen durch den Anerkennungs­fonds bekommen können. Mit dieser Aufstockung und Änderung kann nämlich nur die Trägerorganisation einen Antrag hinsichtlich des Taschengelds und der Verwaltungs­kosten stellen, die dann ersetzt werden. Diese Maßnahme hilft nun, dass diese Frei­willigenorganisationen abgesichert sind, die sich das sonst nicht leisten können und sonst ihre Tätigkeit auch komplett einstellen müssten. – Das wollen wir damit verhin­dern. Ich hoffe, dass diese Änderung heute nun wirklich auf breite Zustimmung stößt!

Es ärgert mich auch immer wieder – jetzt ist die Kollegin leider nicht da –, dass hier in der Debatte im Vorfeld immer wieder versucht wird, Unwahrheiten und auch Falsch­meldungen zu den geplanten Gesetzen und Gesetzesänderungen zu verbreiten. Ich erinnere mich etwa an die Aussage der Kollegin Belakowitsch dazu in der letzten Plenarsitzung. Sie hat hier gesagt, dass ihre Fraktion einer Erhöhung des Aner­kennungsfonds nicht zustimmen möchte oder kann, weil sie nicht weiß, an wen das Geld geht, und weil sie die Befürchtung hat, dass damit eine Querfinanzierung statt­findet.

Ich kann aus Sicht der FPÖ schon verstehen, dass da offensichtlich sofort der erste Gedanke ist, dass es zu irgendwelchen Querfinanzierungen kommen soll. Das war ja oft so in der FPÖ-Politik! Wir müssen uns im Zusammenhang mit der FPÖ-Ibiza-Affäre jetzt auch mit den Machenschaften und Querfinanzierungen der FPÖ beschäftigen. All das sind Punkte, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Meiner Meinung nach haben sich diese Freiwilligen, die quasi von diesen Gesetzesänderungen abhängig sind, das aber nicht verdient, was hier passiert. Die Freiwilligen haben sich das nicht verdient, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Österreich ist ein Vorzeigeland, wenn es um das Ehrenamt und das Engagement der Ehrenamtlichen geht. Deswegen hat das im Regierungsprogramm auch einen beson­deren, hervorgehobenen Rang bekommen. Ich habe mich auch schon gemein­sam mit Kollegen Hanger von der ÖVP zusammengesetzt, wir haben gemeinsam über das Re­gierungsprogramm verschiedene diesbezügliche Initiativen gestartet und bringen heute auch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten David Stögmüller, Mag. Andreas Hanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Evaluierung des Freiwilligengesetzes“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird ersucht, das Freiwilligengesetz im Hinblick auf die Relevanz für alle freiwilligen Organi­sationen zu evaluieren. Dabei soll auch auf eine Überprüfung der Abgrenzung von Ehrenamt und Freiwilligenarbeit von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Be­zug genommen werden. Zudem soll der Ausbau von engagementfördernder Infrastruk­tur (z.B. Freiwilligenagenturen) in enger Abstimmung mit Ländern und Gemeinden (insbesondere für jüngere und ältere Menschen) vorangetrieben werden.“

*****

Wir hoffen diesbezüglich auf breite Unterstützung aus allen Fraktionen. Zeigen wir den Freiwilligen in Österreich, dass uns ihr Engagement wichtig ist und wir nicht nur lobende Worte finden, sondern auch entsprechende Taten folgen lassen! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten David Stögmüller, Andreas Hanger, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Evaluierung des Freiwilligengesetzes

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Verfassungsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (150 d.B.) vom 4. Mai 2020 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 28. April 2020 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG), BGBl. I Nr. 17/2012 geändert wird (10. COVID-19-Gesetz) (176 d.B.)

Begründung

Ehrenamt und freiwilliges Engagement ist in Österreich ein hohes Gut und ein weit verbreitetes Phänomen in unserer Gesellschaft. Etwa 3,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher engagieren sich in irgendeiner Art und Weise freiwillig. Das ist eine große Bereicherung für unser Land. Schon  sehr früh sind Menschen in Vereinen, Organisationen, Initiativen oder in der Nachbarschaftshilfe tätig. Dieses Engagement soll gewürdigt und mit dem nötigen Respekt behandelt werden. Dieses Engagement zeigt aber auch, dass Menschen mit freiwilliger Tätigkeit  oft dort einspringen, wo Hilfe über die staatlichen Leistungen hinaus notwendig ist. Allein im Sozial- und Gesund­heitsbereich engagieren sich rund 360.000 Menschen, im Umweltbereich rund 294.000 Menschen und bei den Katastrophenhilfe- und Rettungsdiensten sind es sogar 514.000 Menschen pro Jahr. Ohne diese Menschen könnte der Staat nicht so funktionieren wie er es tut und deshalb ist es uns ein großes Anliegen diesen Bereich und die Menschen darin weiter zu stärken in ihrem Engagement, ohne gleichzeitig die nötige Verantwor­tung an diese abzuschieben.

Die Corona Krise hat uns deutlich gezeigt wie notwendig dieses freiwillige Engagement ist und wie viel Freiwillige tagtäglich leisten, um die notwendigsten Aufgaben in unserem Land aufrechtzuerhalten.  Aus diesem Grund braucht es auch eine klare rechtliche Struktur und Ausgestaltung für das ehrenamtliche Engagement. Wir beken­nen uns zur Verbesserung der rechtlichen Situation von Organisationen und ihren Freiwilligen. Weiters wollen wir die notwendige Infrastruktur schaffen, um ehrenamt­liche Tätigkeiten zu unterstützen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird ersucht, das Freiwilligengesetz im Hinblick auf die Relevanz für alle freiwilligen Organi­sationen zu evaluieren. Dabei soll auch auf eine Überprüfung der Abgrenzung von Ehrenamt und Freiwilligenarbeit von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Bezug genommen werden. Zudem soll der Ausbau von engagementfördernder Infra­struktur (z.B. Freiwilligenagenturen) in enger Abstimmung mit Ländern und Gemeinden (insbesondere für jüngere und ältere Menschen) vorangetrieben werden.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung. (Abg. Martin Graf: Wieso brauchts ihr einen Entschließungsantrag? Macht das der Anschober nicht eh von Haus aus? – Abg. Stögmüller: Aber es gibt schon Gewaltentrennung, oder? Eine Gewaltentrennung gibt es schon! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeord­neten von FPÖ und Grünen. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.