10.48

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Keiner bleibt auf der Strecke, koste es, was es wolle! Das war das Versprechen, das war der Appell, das war auch die An­kündigung der Bundesregierung, insbesondere des Bundeskanzlers.

Ich frage Sie nun nach acht Wochen: Wurde dieses Versprechen punkto Freiheit, punkto Arbeitslosigkeit, punkto Datenschutz, punkto finanzieller Unterstützung einge­halten? – Meine Antwort ist und viele Antworten von Österreicherinnen und Öster­reichern sind klar: Nein! – Warum? – Wir haben die Situation, dass Gesetze schnell durchgepeitscht werden, wobei im Endeffekt grundsätzlich keine Begutachtung erfolgt. Unter dem Tarngewand wird auch versucht, in Bezug auf den Datenschutz durchzu­winken.

Wir haben die Situation, dass wir 550 000 Arbeitslose haben, um 198 000 mehr als letztes Jahr, und wir haben die Situation, dass mit den in Kurzarbeit befindlichen Menschen insgesamt 1,8 Millionen Menschen Existenzängste haben.

Wir haben eine Sicherheitsfalle, die Videokonferenz heißt und heute im 12. COVID-19-Gesetz im Artikel 2 wahrscheinlich von den Regierungsparteien beschlossen wird, wonach der persönliche Kontakt von Menschen bei den Verwaltungsverfahren nicht mehr erwünscht ist und die Videokonferenz vom Ausnahmefall zum Regelfall wird. (Abg. Gerstl: So ein Schwachsinn!)

Deshalb sage ich, dass die Grundsätze der Verfassung und auch jene der Frei­heitsrechte stark eingeschränkt werden. In weiterer Folge betrifft es auch den Daten­schutz, weil der Datenschutzrat als solcher torpediert wird.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das Ärgste aber, was nicht eingehalten wird, sind die finanziellen Unterstützungen für Klein- und Kleinstunternehmen. Diese Unter­nehmen haben keinen Cent, es staubt aus ihrer Westentasche, und sie bekommen im Endeffekt nichts, sie müssen warten. Denen wurde das Epidemiegesetz als Grundlage dafür, dass sie entschädigt werden, ausgehebelt. Viel versprochen, nichts gehalten, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Ja, Corona ist eine Herausforderung. Österreich hat im Reflex ein Zu­sammenrücken geschafft, aber wir haben auch das Thema, dass die Bundesregierung zwar reagiert, aber uns nicht mitagieren lässt. In der Gesetzgebung, im Prozess wer­den wir in der Debatte ausgehebelt, das Parlament wurde auf ein Minimum geschrumpft (Abg. Prinz: Wer hat so einen Blödsinn aufgeschrieben?), und im Endeffekt werden Eilgesetze ohne Begutachtung durchgewinkt.

Das beste Beispiel ist für mich die Stopp-Corona-App des Roten Kreuzes. An und für sich ist es eine positive Initiative, aber wenn man genau schaut, ist es nunmehr verdächtig geworden, weil sich Souffleure aus der dritten Reihe wie Mei-Pochtler oder vielleicht auch andere Experten hineingedrängt haben. Wenn etwas verdächtig ist, wird es aber nicht mehr angenommen; das heißt, die Menschen, die Österreicherinnen und Österreicher, wollen dieses verdächtige Instrument nicht mehr.

Deshalb raten wir nochmals – der Herr Bundesminister ist nicht da –, dass wir in die­sem Punkt ein Gesetz machen, in dem die freiwillige Teilnahme geregelt wird und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser Apps hineingeschrieben werden, sonst ist das für uns ein No-Go.

Wir müssen aber auch vor der demokratischen Auseinandersetzung Achtung haben, und ich muss sagen: Wenn unserem Bundeskanzler in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vorgeworfen wird, „autoritäre Züge“ zu haben und im Endeffekt das Gesetz und das Recht in Österreich locker zu nehmen, dann ist das ernst. Da bin ich beim Altkanzler Bruno Kreisky, der gesagt hat, eine Durchflutung der Gesellschaft mit Demokratie ist wünschenswert, und dafür steht die Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen nicht – so wie es auch Kollege Kickl gesagt hat –, dass eventuell ein zweiter Virus mutiert. Wir befürchten nämlich, dass ein zweiter schon heranschleicht, nämlich der Demokratievirus. Den wollen wir nicht! (Abg. Zarits: Geh Christian! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

In weiterer Folge vielleicht von meiner Seite her noch ein Appell: Ich fordere wirklich eindringlich, dass wir heute diesen Einsprüchen des Bundesrates Rechnung tragen und den Parlamentarismus wiederum stärken und nicht schwächen. Deshalb sage ich auch: Die demokratische Auseinandersetzung darf niemals, schon gar nicht in Krisen­zeiten, mundtot gemacht werden, sie darf niemals verstummen! – Danke für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

10.53

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Josef Smolle zu Wort. – Bitte.