11.59

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister, dass Sie theoretische potenzielle Haftungsausfälle beim ESM nicht budgetieren, wird Ihnen heute hier niemand vorhalten – das ist auch klar –, aber das, was niemand versteht, auch kein Experte, ist, dass Sie betreffend die Auswirkungen der Covid-19-Epidemie, in der wir bereits in der Woche acht sind, kein Nachtragsbudget vorlegen.

Die Österreicherinnen und Österreicher haben das Recht, Ihren Plan, nämlich den Plan von heute, auf den Tisch gelegt zu bekommen, und der Nationalrat hat das Recht, diesen Plan hier vorgelegt zu bekommen, sodass wir über die Realität diskutieren und nicht über die Sachen, die Sie persönlich vor mehr als acht Wochen bereits zum Altpapier geworfen haben. Wir sind ja keine Altstoffsammelstelle! (Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Hunderttausende Betriebe in Österreich müssen sich jetzt online ihr Geld holen und müssen seitenlange Onlineformulare ausfüllen. Wissen Sie, was passiert, wenn die so vorgehen wie Sie? – Da steht dann dort: Ihr Antrag konnte nicht bearbeitet werden. Sie bekommen 0 Euro. Das ist aber nicht deswegen der Fall, weil die von der Wirt­schaftskammer diesen Betrieben nichts geben wollen, sondern weil Sie selbst in den Richtlinien verlangen, dass sich jeder Friseur nackt ausziehen muss, alle Zahlen auf den Tisch legen muss, andernfalls bekommt er keinen Cent!

Das verlangen Sie, aber Sie selbst kommen hier in den Nationalrat und sagen: Ich sage euch gar nichts! Ich lege keine neuen Zahlen auf den Tisch, aber bitte gebt mir einen Blankoscheck in der Höhe von 28 Milliarden Euro! Und die Grünen und die ÖVP sagen: Gerne, wo sollen wir unterschreiben? – Das ist nicht die Art und Weise, wie man miteinander umgeht, nämlich dass jeder Klein- und Mittelbetrieb Hunderte For­mulare ausfüllen muss, jede Zahl auf den Tisch legen muss, Sie aber mit Ausnahme von Altpapier gar nichts vorlegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Das liegt nicht daran, dass das nicht zu berechnen wäre – denn Sie ziehen sich nackt aus, aber nur gegenüber Brüssel, nur gegenüber der Europäischen Kommission. Auf 29 Seiten listen Sie in einem Bericht gegenüber der Europäischen Kommission ganz genau die budgetären Auswirkungen auf – 5 Millionen Euro für das, 7 Millionen Euro für die Privatbahnen; das ist detailliert. Ich könnte es Ihnen vorlesen, aber so viel Redezeit habe ich nicht, ich hoffe, Sie kennen die Zahlen selbst.

Gegenüber der Europäischen Kommission legen Sie alle Zahlen auf den Tisch. Wieso machen Sie das nicht gegenüber dem österreichischen Nationalrat? Wieso machen Sie das nicht gegenüber den Österreicherinnen und Österreichern? Wieso legen Sie Ihren Plan nicht auf den Tisch? Das verstehe ich nicht, denn die Zahlen gibt es. Das ist nicht die Art und Weise, wie man als redlicher Finanzminister mit den Österreicherin­nen und Österreichern umgeht, da hat man reinen Wein einzuschenken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Also: Transparenz: nicht genügend.

Die wesentliche Frage in der Krise ist: Kommt die Hilfe auch an? – Wir haben jetzt circa Halbzeit in den Budgetverhandlungen, und das, was wir gemerkt haben, was wir in den Wahlkreisen hören – von den Betrieben, von den Friseuren (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), von den Kaffeehausbetreibern; ja, ich weiß, ich muss zum Friseur, am Freitag habe ich meinen Termin, keine Angst, das ist halt coronabedingt, das werden Sie mir hoffentlich nachsehen (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ) –, ist, dass das Geld nicht ankommt. Hier in den Diskussionen sagen die Minister selbst, dass de facto noch kaum Geld über diese Härtefallfonds ausbezahlt wurde.

Wir sehen, die Hilfe kommt bis jetzt nicht an, und das ist ein Problem, denn die Betriebe und die Arbeitnehmer brauchen diese Unterstützung, damit sie durch diese Krise kommen. Wenn das nicht funktioniert, verlieren wir unsere wirtschaftlichen Strukturen, haben wir eine Pleitewelle und eine Konkurswelle, die wir alle nicht wollen; ich hoffe, Sie wollen sie auch nicht. – Die Hilfe kommt also nicht an.

Das Dritte – weil der Nationalratspräsident gerade hier sitzt – ist etwas, das mich per­sönlich wirklich ärgert: Wir alle haben in der Krise den Systemerhaltern applaudiert – das sind die Reinigungskräfte, das sind die Hausarbeiter, das sind Portiere et cetera, die Leute, die die Arbeit machen, dass hier alles funktioniert (Ruf bei der SPÖ: ... Frauen!); es sind vor allem Frauen, ja, die diese Arbeit machen, auch im Parlament –, aber schauen wir uns den Personalplan des Präsidenten für das nächste Jahr an! Was macht er? – Er streicht 15 Stellen von den SystemerhalterInnen (Zwischenruf der Abg. Steinacker), von den Frauen, von den Reinigungskräften, von den Hausarbeitern, und stellt dafür 35 PR-Kräfte ein, also Leute, die Propaganda machen.

Herr Präsident, das geht nicht, dass man am Sonntag den SystemerhalterInnen, die ohnehin ganz wenig Geld verdienen, applaudiert, und dann streicht man die Stellen hier im Haus. Das sollten Sie zurücknehmen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

12.04