16.39

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, immer dann, wenn vor mir Kollegin Belakowitsch dran war, kann ich sagen: Kommen wir wieder runter, beruhigen wir uns wieder etwas, calm down! Das ist eigentlich fast immer die passende Einleitung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vorneweg möchte ich kurz zu Kollegen Leichtfried etwas sagen (Zwischenruf bei der SPÖ): Herr Kollege Leichtfried, wir können uns gerne gegenseitig Beispiele dafür aus­richten, was gut und was schlecht gelaufen ist. Ich kann Ihnen auch ein gutes Beispiel nennen (Zwischenruf des Abg. Kollross): Mein ehemaliger Arbeitgeber mit über 350 Han­delsangestellten in ganz Österreich hat während der Maßnahmen keinen einzigen Mit­arbeiter, keine einzige Mitarbeiterin entlassen müssen. – Ganz im Gegenteil: Die werden auch weiterhin nicht entlassen werden, wie mir zugesichert worden ist. Es gibt also auch positive Beispiele; wir können uns das gegenseitig ausrichten. 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu behalten ist nicht so schlecht. Ich glaube, das ist ein Zeichen dafür, dass das auch durchaus gut funktioniert hat.

Nichtsdestotrotz kommen wir zum eigentlichen Thema beziehungsweise zu dem, zu dem ich reden möchte: Was haben wir in den letzten Wochen gemacht? Wir haben uns um die Pandemiebekämpfung gekümmert, wir haben schnelle Maßnahmen gesetzt, wir ha­ben geschaut, dass wir Menschen schützen. Wir wollten gemeinsam solidarisch durch diese Krise kommen, um unser Gesundheitswesen auch dementsprechend zu schützen.

Wir haben immer noch die Bilder aus Bergamo, Frankreich, Spanien, die aktuellen Bilder aus dem UK, aus den USA und aus Brasilien vor Augen. Reden wir doch bitte einmal über Schweden, über das viel gelobte Schweden: Schweden ist gemessen an der Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in etwa gleich groß wie Österreich, hat aber das Fünffache an Todesopfern verzeichnet. Das ist so, das können wir nicht wegleugnen.

Wir haben in dieser Zeit also versucht, unser System so gut es geht zu schützen. Seit 14. April setzen wir entsprechende Öffnungsschritte. Dabei geht es darum, dass wir nach den Maßgaben der Expertinnen und der Experten der Taskforces agieren, damit wir step by step herauskommen. Wir bekommen mithilfe eines Screeningregisters, das wir in der Zwischenzeit beschlossen haben, eine Teststrategie. Das sind Hard Facts.

Ich sage nicht, dass alles perfekt gelaufen ist, ich sage auch nicht, dass alles gut ge­laufen ist. Es hat auch Fehler gegeben. Kollege Anschober – normalerweise sitzt er immer da, jetzt ist er nicht da – hat sich nicht nur einmal hierhergestellt und hat gesagt: Ja, es wurden Fehler gemacht, wir haben etwas zu lernen gehabt, wir haben Kritik, die aus der Opposition gekommen ist, aufgenommen! (Zwischenruf des Abg. Kollross.) Das wurde gemacht, und das könntet ihr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, auch einmal positiv erwähnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Aber heute geht es eher um ...! – Zwischenrufe der Abgeordneten Kollross und Vogl.)

Wir haben ja heute auch schon sehr oft das positive Beispiel unseres Bundespräsidenten gehört – ich bin übrigens immer noch sehr froh, dass er Van der Bellen heißt –, der sich entschuldigt hat. Das Gleiche hat auch Kollege Anschober gemacht, also wir könnten das, wenn wir schon über positive Beispiele reden, hier öfters erwähnen.

Keine Frage, wir haben auch Probleme, darüber brauchen wir gar nicht zu reden (Ruf bei der SPÖ: Wir haben ein Problem mit dem Bundeskanzler!): Die Kleinteiligkeit des Gesundheitswesens in Österreich ist nicht unbedingt immer nur positiv. Ich glaube, wir alle miteinander wissen, wo diese Kleinteiligkeit herkommt. Diese Kleinteiligkeit er­schwert uns vieles.

Ein Beispiel, das heute schon vom Kollegen Schnedlitz von der FPÖ angesprochen wurde: Ja, es stimmt, wir haben ein Problem in den Pflegeheimen und in den Altenhei­men. Ich bitte aber, sich damit nicht an den Minister zu wenden, sondern an die Betrei­berinnen und Betreiber der Pflegeheime. Das sind übrigens meistens die Länder, die im Endeffekt schon seit Wochen von Minister Anschober über die Lockerungsschritte in­formiert werden. Er sagt zu denen immer wieder: Bitte öffnet die Pflegeheime, ich kann es euch nicht vorschreiben, aber bitte lockert die Beschränkungen! Die gehen halt her und sagen: Ich möchte nicht der nächste Cluster sein und, und, und! – Sie zeigen keine Reaktion.

Vielleicht können wir alle hier herinnen uns darauf einigen, dass wir unsere Kanäle gemeinsam nutzen, um eine Lockerung zu bekommen, und das schnell. Da bin ich näm­lich bei Ihnen, da haben wir definitiv ein Thema, da haben wir ein Problem, das können wir aber auch gemeinsam lösen.

So, eine Sache noch, auf die ich eingehen möchte: Es hat immer wieder geheißen, unser Gesundheitswesen wurde komplett heruntergefahren und wir müssen das jetzt irgend­wie hochfahren. – Entschuldigung, nein, das Gesundheitswesen war in den letzten Wo­chen nicht heruntergefahren. Es hat eine Akutversorgung gegeben, es hat Akut-OPs gegeben, es hat entsprechende Rehamaßnahmen nach solchen Akut-OPs und Akut­maßnahmen gegeben. 90 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte hatten ihre Ordinationen geöffnet und haben dafür gesorgt, dass kein medizinischer Notstand in diesem Land ausbricht. Zusätzlich wurden die psychotherapeutischen und psychologi­schen Hilfsmaßnahmen verstärkt und forciert.

Diese Maßnahmen sind im Endeffekt das beste Beispiel dafür, dass das Gesundheits­wesen nicht heruntergefahren wurde. Aber ich gebe Ihnen recht: Wir haben dementspre­chende Themen. Wir werden uns auch über die Dinge, die nicht gut gelaufen sind, un­terhalten müssen; die werden wir aufnehmen, dementsprechend evaluieren, und wir werden aus dieser Situation lernen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

16.44

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.