11.22

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung, ich lobe Sie ja – das liegt in der Natur des Oppositionellen – eher selten, aber mit der Bestellung Andrea Mayers, muss ich sagen, haben Sie wirklich die Richtige vor den Vorhang geholt. Aus eigener Erfahrung weiß ich – Achtung, Werner Kogler!, Achtung, Sebastian Kurz! –, dass ihre Durchsetzungsstärke auch und besonders ihren Vorgesetzten gilt. (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.) Sie ist fachlich qualifiziert, sie kennt die Schnittstellen zwischen Politik und Verwaltung. Ich erlaube mir jetzt, sie als Veteranin zu bezeichnen, aber als Veteranin im Feld der Kunst- und Kulturpolitik ist sie mit den großen Tankern genauso vertraut wie mit den Lebensrealitäten der frei­schaf­fenden Künstlerinnen und Künstler.

Dennoch zahlt es sich jedenfalls aus, immer wieder die alte Frage: Cui bono?, zu stellen. Ein weiteres Mal ist es meiner Ansicht nach den Türkisen gelungen, einen Koalitionspartner in die Bredouille zu bringen. Bundeskanzler und Finanzminister haben die Künstlerinnen und Künstler gewogen, gemessen und für unwichtig befun­den. Die kreativ-kritischen Stimmen aus Kunst und Kultur nerven die Türkisen genauso wie die kritischen Medien. Die Coronakrise war natürlich ein guter Zeitpunkt für eine Machtdemonstration in diesen beiden Bereichen. Mit dem Nichtentscheiden und Nicht­kümmern zeigte man der Medienszene, aber auch der Kulturszene, was Sache ist. Gleichzeitig provozierte man Widerspruch und Wut aus den Reihen der wortmächtigen Künstlerinnen und Künstler. Dies hat nicht nur Ulrike Lunacek, sondern auch den Grünen insgesamt geschadet.

Obwohl Andrea Mayer hoch kompetent ist, bleibe ich misstrauisch, und zwar miss­trauisch, ob sie unter diesen kulturpolitischen Bedingungen mit diesem Koalitions­part­ner reüssieren kann. Sie ist als Staatssekretärin kein Regierungsmitglied. Sie ist keine Ministerin, aber nur eine Ministerin hat Vetorecht im Ministerrat. Fehlt dieses Vetorecht, fehlt es an Macht. Fehlende Macht schlägt sich meist in einem kleinen Budget nieder. Da draußen warten aber Hunderte große und kleine Theater, Museen, Kinos, Festivals und Konzerte auf eine wirkliche Perspektive, ebenso wie Tausende Künstlerinnen und Künstler auf finanzielle Unterstützung.

Zweifellos sind die aktuellen Lockerungen im Kulturbereich begrüßenswert, ein erster Schritt. Zumindest ermöglichen sie jetzt Hilfe zur Selbsthilfe, aber die Einnahmen durch Aufführungen vor kleinerem Publikum werden die Coronaausfälle nicht ersetzen. Es braucht einen wirklichen Kraftakt, damit unsere Kulturnation wieder auf die Beine kommt. Neben der finanziellen Absicherung der Kulturinstitutionen braucht es einen Rettungsschirm für die Kreativen in diesem Land. Unzählige Betroffene haben bis heute trotz eines Totalausfalls der Einnahmen keinen Cent an Unterstützung erhalten.

Dass dafür die Wirtschaftskammer zuständig ist, verdanken wir dem Blender Blümel. Dieser hat mit der jüngst vorgelegten verfassungswidrigen Attrappe von einem Budget seinem Ruf als Poseur alle Ehre gemacht. Wäre die Lage nicht so tragisch, wäre sie fast komisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Drama geht also weiter. Auch nach dem Wechsel an der Spitze des Staats­sekretariats bleiben die kulturpolitischen Herausforderungen groß. Es gilt, budgetäre Widerstände in der Koalition zu überwinden. Ich bleibe skeptisch, dass das mit einem türkisen Koalitionspartner auf die Reihe zu bekommen ist.

Wir kennen diesen wichtigen Satz von Adorno, und den möchte ich insbesondere den grünen Kolleginnen und Kollegen zum Nachdenken geben, liebe Sigi Maurer. Die­ser Satz lautet: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“ (Abg. Maurer: ... falschen Satz ...!) – Du kannst ja eine tatsächliche Berichtigung machen. Für die Grünen heißt das: Ob es eine richtige Politik mit den Türkisen gibt, wird sich zeigen.

Ulrike Lunacek weiß bereits, dass dem nicht so ist. Werner Kogler ahnt es wohl und hat seine personellen Konsequenzen daraus gezogen. Allen anderen wird es mög­licherweise auch schon dämmern.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es der Kunst- und Kulturpolitik derzeit an einem Ministerium und einem ordentlichen Budget mangelt. Wird die Kunst um der Kunst willen unterstützt oder führt der große Koalitionspartner trotz neuer Staatssekretärin weiter politische Winkelzüge auf dem Rücken der Kulturschaffenden aus? Wir werden das in den nächsten Wochen sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.27

Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, dem Präsidium wurde angekündigt, dass im Zuge der Debatte noch ein Entschließungsantrag ein­gebracht wird. Ich sage das, weil dieser Entschließungsantrag, wenn er eingebracht wird, gleich am Ende dieser Debatte zur Abstimmung kommen wird und ich daher zu läuten beginnen werde – das, damit Sie wissen, warum das der Fall ist.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Volker Reifenberger. – Bitte.