16.56

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat sich sehr ausführlich mit Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt und von Ankündigungspolitik gesprochen. – Das ist unrichtig. Die Mittel, die bis Ostern für Syrien gespendet wurden, sind ja tatsächlich verdoppelt worden, und auch das Budget ist deutlich erhöht worden. Das sollte man auch sehen und nicht alles schlechtreden, was von dieser Bundesregierung kommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte mich jetzt aber mit einem anderen Antrag beschäftigen, der im Rahmen dieser Tagesordnungspunkte diskutiert wird. Dabei geht es um die Hisbollah, die Partei Gottes, wie sie sich nennt, entstanden 1982 als eine revolutionäre schiitische anti­westliche Organisation, auf deren Konto viele, viele Attentate gehen.

Die Hisbollah ist aber mehr als nur eine militärische Organisation, die Attentate verübt, das muss man auch sehen. Die Hisbollah ist auch eine politische Organisation mit einem großen sozialen Netzwerk, das auch andere terroristische Gruppen haben; das gibt ihnen dann oft den notwendigen Rückhalt – auch vonseiten einfacher Menschen, die in Wirklichkeit mit Terror nichts zu tun haben wollen. So gesehen kontrolliert die Hisbollah im Libanon, wo die politischen Verhältnisse sehr labil sind, zum Beispiel in weiten Bereichen im Süden von Beirut, in der Bekaaebene und auch im Süden des Landes, direkt an der Grenze zu Israel, das tagtägliche Geschehen.

Politisch läuft in diesem zerrissenen Land, das früher auch die Schweiz des Orients genannt wurde, nichts ohne die Hisbollah, das muss man sehen. Sie ist dort ein maßgeblicher Akteur. Dieser maßgebliche Akteur wird auch außerhalb des Libanon massiv vom Iran eingesetzt, wenn es darum geht, militärische Interessen durch­zu­setzen. Die Hisbollah ist sehr eng mit dem Iran und sieht sich auch dem obersten Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, verpflichtet.

Der Kern der Weltsicht der Hisbollah ist, dass sie den Staat Israel vernichten möchte. Bei Aufmärschen rühmt sich die Hisbollah, dass sie die Organisation des Widerstands in der Region sei, und natürlich hört und sieht man dort auch immer wieder auf Transparenten, dass man Israel den Tod wünsche.

Das hat dazu geführt, dass weltweit westliche Demokratien in ihren nationalen Parla­menten, aber auch internationale Organisationen beschlossen haben, gegen die His­bollah in der Form vorzugehen, dass man sie als terroristische Organisation einstuft. In Nordamerika die USA und Kanada, in Südamerika Argentinien, im Bereich von Ozeanien Australien, in Europa Großbritannien, die Niederlande und jüngst Deutsch­land sind zu dieser Beurteilung gekommen. Auch interessant ist, dass bereits 2016 die Arabische Liga die Hisbollah ohne Gegenstimme – in der Arabischen Liga ist auch der Libanon – im Gesamten als terroristische Organisation eingestuft hat. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wir in Europa sind wie in anderen Bereichen auf halbem Weg stehen geblieben. Catherine Ashton war damals die Außenbeauftragte. Die Europäische Union hat sich nur dazu durchringen können, den militärischen Flügel der Hisbollah als terroristisch einzustufen, aber nicht die Gesamtorganisation. Damals hat Ashton diesen kleinsten gemeinsamen Nenner damit begründet, dass man den Libanon nicht destabilisieren möchte, und daher hat man eben nur den militärischen Flügel als terroristisch ein­gestuft.

Inzwischen sind die Terroranschläge weitergegangen, wir haben uns allerdings zuletzt weniger mit solchen Organisationen beschäftigt, Covid-19 hat alles zugedeckt. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir uns wieder mehr mit anderen grundsätzlichen und für die Entwicklung der Welt wichtigen Fragen befassen, ob das die SDGs sind, ob das der Klimawandel oder auch der Umgang mit Terrororganisationen ist.

Es ist höchst an der Zeit, dass die Europäische Union sich wieder mit dieser Frage beschäftigt, weil auch immer mehr nationalstaatliche Parlamente ihre Position dazu geklärt haben. Wir müssen – und das ist so wichtig bei solchen Organisationen – der Legendenbildung ein Ende setzen, nämlich der Legendenbildung, dass es für die Hisbollah, wenn sie Gewalt anwendet, wenn sie Bombenattentate verübt, wenn Ra­keten nach Israel geschossen werden, immer als gerechter Widerstand, als Selbstver­teidigung gilt. Die Legende besagt auch, dass Terror immer nur von den anderen aus­geübt wird. – Wir müssen dieser Legendenbildung ein Ende bereiten und sagen: Die Hisbollah ist keine Selbstverteidigungsorganisation, nein, sie ist eine Terrororgani­sa­tion!

Das sollte auf europäischer Ebene passieren, denn damit nimmt man dieser Organi­sation auch das, was sie so bitter notwendig hat, nämlich politische Legitimität. Das ist für mich das Entscheidende, wenn solche Verbote ausgesprochen werden: Damit trifft man klare Unterscheidungen, ob etwas legitim ist oder nicht.

Terror und Gewalt und Raketen können niemals legitim sein, daher ist es höchst an der Zeit, dass die Europäische Union diesbezüglich zu einer klaren Sprachregelung kommt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.03

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.