12.14

Volksanwalt Werner Amon, MBA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute den Bericht der Volks­anwalt­schaft des Jahres 2019, einen Bericht, der zweigeteilt ist. Der eine Teil beschäftigt sich mit allen Fragen der sogenannten nachprüfenden Kontrolle, der Kontrolle der öffent­lichen Verwaltung. Das ist jener Teil des Berichts, der jene Kompetenzen umfasst, die wahrscheinlich in der Öffentlichkeit die bekanntesten Kompetenzen und Aufgaben der Volksanwaltschaft sind.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der präventiven Menschenrechtskontrolle, einer Kon­trollaufgabe, die die Volksanwaltschaft wahrnimmt. Es ist eine Aufgabe im Ver­fassungs­rang, bei der die Volksanwaltschaft mit ihren Kommissionen Orte der Frei­heits­be­schränkung, Orte der Freiheitsentziehung visitiert, aufsucht und feststellt, ob die Gefahr einer Menschenrechtsverletzung vorliegt. Das ist ein ganz wichtiges Mandat, das die Volksanwaltschaft im Auftrag des Parlaments wahrnimmt, denn – und darauf legen wir besonderen Wert – die Volksanwaltschaft ist ein Organ des Parlaments, ist ein Kon­trollorgan dieses Hauses. Darauf legen wir eben auch ganz besonderen Wert.

Wenn sich – wie schon von einigen Vorrednern gesagt worden ist – jährlich etwas mehr als 16 000 Menschen an die Volksanwaltschaft wenden, weil sie mit der Abwicklung eines Verwaltungsvorganges – sagen wir es ganz allgemein – nicht einverstanden sind, dann klingt das sehr viel. Das sind immerhin zwischen 60 und 80 Beschwerdefälle pro Arbeitstag. Das klingt zunächst einmal wirklich enorm.

Wir möchten aber ausdrücklich betonen, dass das nicht bedeutet, dass Österreich ein schlecht verwaltetes Land ist, denn man müsste ja dieser Zahl die Zahl aller Verwal­tungsakte, die tagtäglich in unserem Land vorgenommen werden, gegenüberstellen. Das ist eine Zahl, die wir gar nicht zusammenzählen können, weil sie wahrscheinlich so enorm ist und weil das alles – Bundesverwaltung, Landesverwaltungen und Gemeinde­verwaltungen – so verflochten ist. Wir haben sehr wohl den Eindruck, dass Österreich ein exzellent verwaltetes Land ist, manche sagen ja sogar ein überverwaltetes Land. Jedenfalls ist es aber so, dass es nicht unsere Aufgabe ist, dort hinzusehen, wo alles funktioniert, sondern unsere Aufgabe ist es eben, dort hinzuschauen, wo sich Menschen ungerecht beurteilt fühlen.

Ich habe schon die Zahl von über 16 000 Beschwerdefällen im Jahr erwähnt, davon waren wir bei 4 500 nicht zuständig, bei 4 000 hatten wir ein Verfahren ohne tief­erge­hende Prüfung, bei über 8 000 wurde ein Prüfverfahren eingeleitet. Von diesen 8 000 Verfahren betrafen etwas mehr als 5 000 die Bundesverwaltung und etwa 3 000 die Landes- und Gemeindeverwaltungen, wobei wir als Volksanwaltschaft für die Bun­desländer Tirol und Vorarlberg nicht als Landesvolksanwaltschaften tätig sind – dort gibt es eigene Landesvolksanwaltschaften, und dort prüfen wir nur alles, was die Bundes­verwaltung anlangt.

Bei der Bundesverwaltung entfielen etwa 29 Prozent aller Beschwerden auf die Bereiche Arbeit, Soziales und Gesundheit, 22 Prozent auf die Justiz und etwa 20 Prozent auf den Bereich der inneren Sicherheit. Auch bei der Landes- und Gemeindeverwaltung gibt es ein relativ klares Bild. So betreffen etwa 27 Prozent das Sozialwesen, 21 Prozent die Raumordnung und das Bauwesen, dicht gefolgt von Fragen der Staatsbürgerschaft, der Straßenpolizei und anderer Angelegenheiten.

Der zweite Teil des Berichts ist dieser Nationale Präventionsmechanismus zum Schutz der Menschenrechte. Ich bin schon kurz darauf eingegangen. Auch hier waren wir mit unseren Kommissionen, glaube ich, recht aktiv. Im Berichtszeitraum haben über 500 solcher Visitationen stattgefunden. Das sind in etwa 10 Prozent aller Einrichtungen. Wir haben ungefähr 5 000 solcher Einrichtungen in Österreich, in denen Maßnahmen der Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsentziehung gesetzt werden, und jährlich überprüft die Volksanwaltschaft mit ihren Kommissionen etwa 10 Prozent dieser Einrichtungen. Wir haben bei über 30 Polizeieinsätzen ebenfalls eine begleitende Kontrolle vorgenom­men.

Ich erlaube mir, auch auf andere Bereiche der Volksanwaltschaft hinzuweisen, da diese in der Öffentlichkeit oft nicht wahrgenommen werden.

Wir vollziehen das Heimopferrentengesetz, in dessen Rahmen Menschen, die in Kin­derheimen oder in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt misshandelt oder missbraucht worden sind, die Möglichkeit haben, eine kleine Rente zu erhalten. Das wird ebenfalls kommissionell überprüft. Weiters sind wir für die Behindertenrechtskonvention zuständig, um Menschen mit Behinderung ein entsprechendes Dasein zu ermöglichen, und Österreich ist – die Ausschussvorsitzende, Frau Diesner-Wais, hat darauf ver­wiesen – Sitz des International Ombudsman Institutes, einer globalen Organisation par­la­mentarischer Ombudseinrichtungen, in der sich mittlerweile über 200 Organisationen aus über 100 Staaten zusammenfinden, um die Menschenrechtskontrolle und die Zu­sam­menarbeit insbesondere im Zusammenhang mit den Menschenrechten zu intensivieren.

Ich möchte dem Hohen Haus danken, dass wir die beiden Teile der Berichte an zwei Tagen sehr intensiv beraten haben. Ich denke, es ist auch sichtbar geworden, dass die Volksanwaltschaft eine wesentliche Kontrolleinrichtung der Republik ist. Wir bemühen uns natürlich auch um eine Ausweitung unserer Kompetenzen, weil wir im Bereich der ausgegliederten Einrichtungen von Gebietskörperschaften, wie das bei Ländern oder Gemeinden der Fall ist, keine Möglichkeit der Kontrolle haben. Wir unterscheiden uns da ein wenig vom Rechnungshof. Es geht vor allem um Einrichtungen, die nach wie vor in mehr oder weniger vollem Besitz dieser Gebietskörperschaften sind. Es ist aber einigermaßen absurd, dass wir, wenn man etwa Spitäler betrachtet, bei einigen Spitälern die Prüfkompetenz haben, weil sie nicht ausgegliedert sind, bei anderen haben wir diese nicht, dürfen aber dort etwa den Patientenanwalt überprüfen. Das mutet ein wenig absurd an, weshalb ein Ersuchen an den Gesetzgeber besteht, eine entsprechende  Kompetenzausweitung durchzuführen.

In diesem Sinne bedanke ich mich sehr herzlich für die Debatte und für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

12.22

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Volksanwalt Bernhard Achitz. – Bitte.