12.22

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es liegt Ihnen ein umfangreicher Bericht vor, der, glaube ich, einen sehr guten Überblick darüber gibt, worüber sich Bürgerinnen und Bürger in Österreich beschweren, wenn es um ihre Beziehung zur Verwaltung geht. In über 8 000 Fällen sind diese Be­schwerden so schwerwiegend, dass wir uns mit den Verwaltungsbehörden in Verbin­dung setzen und ein formales Prüfverfahren einleiten.

Glücklicherweise kann man sagen, dass die Behörden sehr kooperativ sind und unsere Intervention in ganz vielen Fällen dazu führt, dass man sich den Akt noch einmal genauer ansieht, dass man eine andere, bürgerfreundlichere Rechtsauslegung findet und dass man das Problem lösen kann.

Es gibt aber Fälle, in denen die Behörde nicht in der Lage ist, die Beschwerde der Bürgerinnen und Bürger befriedigend zu lösen, weil einfach die Rechtslage so ist, dass ihr die Hände gebunden sind und der Gesetzgeber gefordert ist. Das sind die für das Hohe Haus aus meiner Sicht besonders interessanten Fälle. Auf einige dieser Fälle möchte ich Sie hinweisen.

Wir haben im Bereich von Jungfamilien zwei große Probleme, die immer wieder auf­tauchen und zu häufigen Beschwerden bei der Volksanwaltschaft führen: Das eine Problem taucht auf, wenn in einer jungen Familie mit kleinem Kind ein Partner in Öster­reich lebt und der andere im Ausland arbeitet. Dann kommt es sehr oft zu Problemen mit der Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes. Ich möchte Sie jetzt nicht mit Details lang­weilen, rechtlich ist das nicht ganz einfach und berührt natürlich auch EU-Recht und internationales Recht. Im Ergebnis führt das aber leider in sehr, sehr vielen Fällen dazu, dass Jungfamilien zwei, drei Jahre und in Ausnahmefällen noch viel länger auf das Kin­derbetreuungsgeld warten müssen. Das ist natürlich eine extrem unbefriedigende Situation, die es aus unserer Sicht zu bereinigen gilt. (Beifall bei der SPÖ.) Entweder man macht das mit entsprechenden Anweisungen an die Ministerien oder es braucht eine Gesetzesänderung, um diese Situation zu lösen.

Ein anderes Problem, mit dem junge Eltern zu uns kommen, betrifft die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen. Sie sind nachzuweisen, und das ist natürlich sinnvoll, denn es ist ja so, dass diese Untersuchungen gemacht werden sollen, um festzustellen, ob Mutter und Kind wohlauf sind. In manchen Fällen werden die Untersuchungen durchgeführt und nur der Nachweis wird nicht rechtzeitig erbracht. Die Sanktion dafür, dass der Nachweis nicht rechtzeitig erbracht wird, ist für Jungfamilien nicht ganz unbedeutend, es sind nämlich 1 300 Euro. Für manche ist Folgendes besonders befremdend: Sie müssen den Nachweis gegenüber den Gebietskrankenkassen beziehungsweise jetzt der Öster­reichi­schen Gesundheitskasse erbringen, haben aber die Untersuchungen bei Einrichtungen dieses Krankenversicherungsträgers gemacht. Der Krankenversicherungsträger weiß also, dass die Untersuchungen gemacht wurden, weil aber der Nachweis nicht erbracht wird, tritt die Sanktion von 1 300 Euro ein. Das trifft bei vielen auf Unverständnis, und ich glaube, es ist wert, dass man sich mit diesem Problem beschäftigt und es löst.

Ein zweiter Themenbereich, den ich ansprechen möchte, ist das Thema Medikamente, das auch in der Debatte schon ein paarmal erwähnt worden ist. Wir haben Fälle – vor allem in Pflegeheimen –, in denen wir mit zu vielen Medikamenten konfrontiert sind. Da gibt es Vorzeigeprojekte, bei denen sich ApothekerInnen, ÄrztInnen, die Pflegekräfte und die Heimträger zusammengetan haben, um zu überprüfen, wie viele Medikamente eingenommen werden, um die Medikation perfekt einzustellen. Das hat zu sehr guten Ergebnissen geführt. Rechtlich ist das gar nicht so einfach, wenn nicht das Einver­neh­men aller auf einer Goodwillbasis hergestellt wird. Damit das überall gemacht werden kann, bräuchte es ebenfalls eine gesetzliche Grundlage. Eigentlich müsste man die Pflege­heime verpflichten, es überall zu tun, denn es spart nicht nur Medikamenten­kosten, sondern erhöht auch das Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner, und das ist ja das Ausschlaggebende.

In einem anderen Fall stellen wir fest, dass zu wenig Medikamente vorhanden sind. Lieferengpässe bei Medikamenten treten leider immer wieder auf und betreffen Bür­gerinnen und Bürger ganz massiv. Wenn das Medikament, das dringend benötigt wird, nicht vorhanden ist, muss man sowieso Alternativen suchen. Es trifft sie aber auch, wenn das Medikament nicht in der entsprechenden Packungsgröße vorhanden ist, denn mehr Packungen bedeuten mehr Rezeptgebühren. Das wird in vielen Fällen zu wenig beachtet. Es ist auch in diesem Bereich dringend notwendig, politisch gegenzusteuern.

Abschließend möchte auch ich mich zur Ausweitung der Prüfkompetenzen äußern: Die ausgegliederten Einrichtungen werden immer mehr. Der große Vorteil der Volksanwalt­schaft bei der Prüfung einer Behörde ist, dass jede Behörde zur Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft verpflichtet ist. Wir haben das Anrecht, jeden Akt, jeden Schrift­verkehr, jede Dokumentation des behördlichen Handelns im Original anzufordern, und können uns dann ein Urteil bilden. Dieses Recht haben wir bei ausgegliederten Ein­richtungen nicht, wir sind dort auf Goodwillzusammenarbeit angewiesen und sehr oft fehlen uns wichtige Dokumente, da uns diese nicht übermittelt werden müssen und dann auch nicht übermittelt werden.

In diesem Sinne möchte ich mich der Anregung, die hier viele gemacht haben, die Prüfkompetenz auszuweiten, anschließen. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.28

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gelangt Herr Volksanwalt Walter Rosenkranz. – Bitte.