16.35

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Wo fangen wir an? Fangen wir dort an, wo alles angefangen hat – beim Coronalockdown! (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Es ist ja schon ein paar Mal so getan worden, als ob das Ganze aus Jux und Tollerei passiert wäre, als ob wir sozusagen absichtlich das ganze Land gegen die Wand gefahren hätten. Ich weiß nicht, aus welchem niedrigen Beweggrund heraus wir das hätten tun sollen. Vielleicht stehen wir sonst total irgendwie auf irgendwelche Krisen oder sonst etwas, aber bitte, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem der FPÖ: Ich glaube, wir brauchen nur über die Grenzen zu schauen: Italien, Frankreich, Spanien, UK, Groß­britannien (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – also Großbritannien/UK, natürlich –, USA, Brasilien. Ich glaube, wir sehen, was dort überall passiert und was bei uns hätte passieren können, wenn wir nichts getan hätten. Den Lockdown haben wir also nicht aus Spaß und Jux und Tollerei gemacht – übrigens, ihr habt ihn ja selber gefordert, das habt ihr heute eh schon öfters gehört –, sondern wir haben ihn deswegen gemacht, weil es einfach notwendig war. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Ihr sagt jetzt sozusagen: Na ja, der Grüne stellt sich da heraus und erklärt uns, dass das notwendig war! – Entschuldigung! Gestern bei der Veranstaltung Wissenschaft und Politik im Gespräch im Palais Epstein, organisiert vom Nationalratspräsidium, haben Wissenschafterinnen und Wissenschafter der Akademie der Wissenschaften selber gesagt: Ja, da waren notwendige Maßnahmen dabei, das war notwendig, weil das eben die Art und Weise ist, wie man eine Epidemie, eine Pandemie bekämpft. – Also Ent­schuldigung! Wenn ihr mir das nicht glaubt, glaubt es bitte zumindest der Akademie der Wissenschaften! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Fakt ist: Wir reden heute über 480 000 Arbeitslose – das sind zum Glück schon einige weniger als noch vor einer Woche oder vor zwei Wochen – und wir reden über 1,1 Millionen Menschen in Kurzarbeit, wobei die Kurzarbeit – das haben wir heute auch schon gehört – in Wirklichkeit fast ein bisschen das wichtigere Instrumentarium ist, weil wir damit zumindest 1,1 Millionen Menschen nicht in die Arbeitslosigkeit abrutschen lassen, weil wir damit Menschen im Beruf halten, im Job halten, in dieser Rotation drinnen halten und diese Menschen auch mehr verdienen als diese 55 Prozent Netto­ersatzrate, von der wir heute eben auch sprechen.

Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle auch einmal ganz ausdrücklich bei den Mit­arbeiterinnen und Mitarbeitern des AMS bedanken, die nämlich wirklich einen Knochen­job in den letzten Wochen vollbracht haben und sich darum kümmern, dass diese Kurz­arbeitsregelungen umgesetzt werden können. Genauso möchte ich mich an dieser Stelle bei den Sozialpartnerinnen und Sozialpartnern dafür bedanken, dass sie das Ganze, diese Kurzarbeitsregelung, auch ermöglicht haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Punkt zwei: Wir reden über Arbeitslosigkeit. Wir reden darüber, dass diese 480 000 Men­schen, die in Arbeitslosigkeit sind, mit 55 Prozent des Nettolohns auskommen müssen. – Entschuldigung! Diese 55 Prozent haben nicht die Grünen und die ÖVP gemeinsam beschlossen, sondern die sind ein Ergebnis der Kürzungspolitik der letzten Jahrzehnte. Ich meine, das muss man schon auch einmal hier festmachen: Das ist ein Ergebnis dessen, dass dreimal in den letzten, ich glaube, 40 Jahren das Arbeitslosengeld gekürzt wurde. Das ist ein Ergebnis dessen, dass eben in den letzten Jahren oder Jahrzehnten Arbeitslose eigentlich für alle hier herinnen immer so ein bisschen der Spielball waren, den man ganz gerne einmal dort ein bisschen triezen, da ein bisschen triezen und mit dem man etwas machen konnte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPÖ, einen Seitenhieb kann ich mir nicht verkneifen: 2008/2009 gab es die große Finanzkrise, und danach wurde das Arbeitslosengeld auch nicht erhöht. Es gab damals eigentlich auch keine große Diskussion, außer dass Karl Öllinger diese damals anzustoßen versucht hat. Man hat das ein bisschen zurückgestellt und gesagt: Na ja, hm, eh.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Wenn ich – jetzt muss ich euch leider mit dem BZÖ zusammenwerfen; das mögt ihr nicht so gerne, das weiß ich, aber ich tue es jetzt – FPÖ- und BZÖ-Regierungsbeteiligungen zusammenzähle, dann hattet ihr in der Zweiten Republik 4 397 Tage Zeit, das alles anders zu machen – das war nämlich die Zeit, in der ihr selber auch in der Regierung wart. Jetzt plötzlich stellt ihr euch hin und entdeckt sozusagen die arbeitslosen Menschen in diesem Land und deutet mit dem Finger auf die Regierung. – Ist okay, kann man machen, ist Oppositionspolitik. (Abg. Kickl: Das widerspricht jetzt dem Beginn Ihrer Rede! Das widerspricht völlig dem Beginn Ihrer Rede!)

Fakt ist, wir reden jetzt davon, dass wir beim Arbeitslosengeld erstmals eine Bewegung nach oben haben, indem wir eben diese 450 Euro auszahlen. Okay, die 450 Euro Einmalzahlung sind nicht 70 Prozent Nettoersatzrate – keine Frage –, aber es ist einmal ein erster Schritt, und es ist bei Weitem mehr, als ihr während einer Regierungs­be­teiligung in den letzten Jahren und Jahrzehnten zusammengebracht habt. Das ist nämlich Fakt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Leichtfried: Spärlicher Applaus bei der ÖVP! Sehr spärlicher Applaus!)

Zusätzlich gibt es dann noch andere Maßnahmen, wie beispielsweise die 360 Euro als zusätzliche Mittel für Kinder, damit wir eben Familien nicht in die Arbeitslosigkeit abrutschen lassen. (Abg. Belakowitsch: Was? Können Sie diesen Satz wiederholen?)

Klare Ansage: Das war der erste Schritt, aber es war mit Sicherheit nicht der letzte Schritt. Kollege Koza hat es erst schon ein bisschen skizziert (Abg. Kickl: Und der Wöginger hat gelacht!), dem schließe ich mich an. Wir werden mit Sicherheit im Herbst dann noch dementsprechend weiterdiskutieren. – Danke schön. (Beifall bei den Grü­nen.)

16.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.