19.17

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Liebe Frau Präsidentin! Beim Lesen funktioniert offenbar schon recht lange etwas nicht in Österreich. Die Zahlen wurden ja schon zitiert: Bei den 16- bis 65-Jährigen sind es 17 Prozent, die das nicht gescheit können. Das ist der gleiche Prozentsatz wie bei den Schülern und Schülerinnen der 8. Schulstufe. Da ist also schon sehr lange etwas, das nicht ideal läuft, das hat mit der Generation Youtube oder so ganz sicher nicht direkt etwas zu tun.

Danke dem Rechnungshof dafür, dass er da nachforscht! Danke auch für den ersten konkreten Hinweis, dass er sich die Leseerlässe angeschaut hat, also den Hinweis, dass man Leseerlässe tunlichst so formulieren sollte, dass man sie auch verstehen kann. Den werden wir ganz sicher dankbar als eine der ersten Anregungen aufnehmen.

Was können wir sonst noch an Aufträgen für unsere Bildungspolitik mitnehmen, wenn wir hier etwas zum Besseren ändern wollen? Ich mache es einmal subjektiv, was ich mitnehme. Ich hoffe, es widerspricht nicht ganz dem, was Sie da herausgefunden haben.

Das Erste muss ganz sicher ein viel stärkerer Fokus auf Elementarpädagogik sein, speziell auf die Sprachförderung schon im Kindergarten, denn das ist es, worin Lesen wurzelt: im Verständnis und in der Lust an Sprache.

Das Zweite ist die Neuformulierung der Lehrpläne. Das ist ein großes Projekt, das derzeit im Gange ist. Die Lehrpläne sollen kompetenzorientiert, knapp gehalten, konkret, praxis­nah und verständlich sein, um wieder beim Thema Lesen zu bleiben. Sprache ist ja, wie wir wissen, in allen Fächern der Schlüssel zum Verständnis. Wir haben das erst jetzt wieder an der Mathematura gemerkt: Wenn man die Beispiele nicht sinnerfassend lesen und verstehen kann, wird man auch nicht zu Ende rechnen können.

Ich kann versprechen, wir werden schauen, dass die Sprachkompetenz in diesen Lehrplänen ganz zentral verankert wird, und zwar nicht nur die Kompetenz in Deutsch, von der immer die Rede ist, sondern auch die Kompetenz in der Erstsprache und auch die Alphabetisierung in der Erstsprache, denn es ist ganz sicher so, dass die Lust am Lesen, die ja in einer Biografie sehr früh wurzelt, ganz oft auch in der Erstsprache ge­weckt wird.

Zum dritten Punkt, zur IKM  sie wurde schon erwähnt –, das ist die informelle Kom­petenzmessung: Das ist noch ein großes Projekt, das gerade läuft. Im Kern heißt das, man soll jedes Kind regelmäßig anschauen, dessen Entwicklung anhand von stan­dardisierten Faktoren beobachten, schauen, wo es Talente, wo es Förderbedarf hat, was es kann, was es weniger gut kann, und regelmäßig mit den Lehrkräften und auch mit den Eltern darüber reden.

Dieses große Projekt ist gerade im Finalisierungsstadium, und da werden wir drauf schauen – und das ist ein Versprechen, das ich abgebe –, dass das kein Beschämungs- und Selektionsinstrument für Kinder in der Schule wird, sondern die Grundlage für individuelle Förderpläne, damit jedes Kind ganz sicher sein Potenzial voll ausschöpfen kann. – Das nehme ich mit. Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

19.21

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag.a Martina Künsberg Sarre. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.