19.37

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bedanke mich zunächst für die ausführliche Debatte zum Bericht be­treffend Leseförderung an den Schulen und kann mich eigentlich dem Appell des Ausschussobmannes anschließen, dass die Berichte auch für die Fachausschüsse oft sehr interessant sind und ein reiches Feld an Informationen bieten, etwa für den Bildungsbereich, wie beispielsweise der Bericht zur Leseförderung. Da gibt es sehr viele Handlungsfelder, die sich da auftun.

In diesem Bericht wollte der Rechnungshof ein umfassendes Bild geben, einerseits über die Situation, die wir in Österreich in Bezug auf die Lesekompetenz vorfinden, und andererseits über die Maßnahmen, die gesetzt wurden. Wir haben dabei die Situation in zwei Ländern verglichen, nämlich in Niederösterreich und in Salzburg.

Lesen ist ja gerade im Zeitalter der Digitalisierung mehr denn je eine Kulturtechnik, die gepflegt werden muss, und die Lesekompetenz ist eine zentrale Fähigkeit, die für die persönliche und berufliche Entwicklung jedes Einzelnen wichtig ist. Der Prüfschwerpunkt des Rechnungshofes betrifft die Qualität der öffentlichen Leistungserbringung, und unter diesem Blickpunkt haben wir uns auch die Leseförderung angeschaut. Wir haben ge­schaut, ob die Maßnahmen stimmen, die an den Schulen – insbesondere in der Volks­schule und in der Sekundarstufe I, also bis zur 8. Schulstufe – gesetzt werden, um den Schülerinnen und Schülern ausreichend Lesekompetenz zu vermitteln; das ist der Fokus des Berichtes.

Die Pisa-Tests der letzten Jahre zeigen eben, dass die Lesekompetenz tendenziell abnimmt und seit dem Jahr 2000 unterdurchschnittliche Leseergebnisse bei den 15- bis 16-jährigen Schülerinnen und Schülern erzielt wurden. Auch der Pisa-Test 2018 brachte keine Trendwende – es war feststellbar, dass auch der OECD-Schnitt insgesamt gesunken ist. Bei den Erwachsenen, bei den 16- bis 65-Jährigen sehen wir, dass 17 Prozent über eine niedrige Lesekompetenz verfügen.

Deshalb müssen wir uns die Fragen gefallen lassen, was getan wird, ob genug getan wird, ob das Richtige getan wird. Nach Auffassung des Rechnungshofes braucht es struk­turierte und aufeinander abgestimmte Maßnahmen – ein ganzes Bündel an Maß­nahmen – zur Erhöhung der Qualität des Leseunterrichts. Dazu gehört zunächst, dass dieser Grundsatzerlass Leseerziehung, der heute schon genannt wurde, auch in der Praxis umgesetzt werden kann und umsetzbar ist. Der Österreichische Rahmenlese­plan, der mit hohem Personaleinsatz entwickelt wurde, wurde 2016 wieder gestoppt. Damit fehlt eine mit operationalen Zielen unterlegte nationale Strategie zur Förderung der Lesekompetenz.

Die Bildungsstandardüberprüfung hat gezeigt, dass 13 Prozent der Schülerinnen und Schüler in den Volksschulen die Standards nicht einmal teilweise erreichten, in der Sekundarstufe I waren es 17 Prozent – das heißt, auch die Ergebnisse der 8. Schulstufe haben sich verschlechtert –, in der NMS sind es 24 Prozent.

Die Studien und Tests zeigen, dass es Leserisikogruppen gibt. Das sind Buben, die schlechter lesen als Mädchen, Schüler mit Migrationshintergrund, Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsniveau. Da sind zielgerichtete, richtige und nachhaltige Maßnahmen zu setzen. Es geht darum, die Gruppe der leistungsstarken Leserinnen und Leser zu stärken und den Anteil der leistungsschwächeren Kinder zu verringern.

Natürlich geht es auch in der Covid-Krise um die Frage: Wie hat sich die Gruppe der von der Schule kaum Erreichbaren in dieser Zeit entwickelt? – Ich denke, dass man da schon dabei ist, entsprechende Maßnahmen einzuleiten, und im Allgemeinen geht es um die Frage, ob wir insgesamt genug für die jüngere Generation tun.

Die Bedeutung der Schulbibliotheken wurde ebenfalls angesprochen. Diese können natürlich einen wesentlichen Beitrag zur Leseförderung leisten. Es sollte auch da eine Weiterentwicklung in Richtung einer aktiveren Rolle, etwa einer Einbeziehung im Bereich der schulischen Tagesbetreuung, geben.

Bei der Weiterentwicklung der Bildungsstandards und der Zusammenführung mit der informellen Kompetenzmessung ist es uns – nach Auffassung des Rechnungshofes – schon auch wichtig, dass nach wie vor eine evidenzbasierte Unterstützung der Schulen in der Qualitätsentwicklung möglich ist. Es geht um die Vergleichbarkeit mit den bereits durchgeführten Bildungsstandardüberprüfungen, denn es gibt in diesem Bereich Daten­bestände, die schon aufgebaut sind und die man weiterhin nutzen sollte. Davon soll nichts verloren gehen.

Ich möchte auch noch den Ressourceneinsatz ansprechen. Für den schulischen Erfolg ist es wichtig, dass ausreichend Unterrichtszeit zur Verfügung steht. Das versteht sich, glaube ich, von selbst. Wir haben festgestellt, dass es 2003 zu einer Kürzung der Wochenstunden kam, die Auswirkungen aber nicht analysiert wurden. Wir haben auch festgestellt, dass der Ressourceneinsatz – gerade in den Volksschulen – unter dem OECD-Schnitt liegt. Es ist daher noch einmal angebracht, zu evaluieren, ob diese Stundenkürzungen eventuell Auswirkungen auf die Grundkompetenzen der Schülerin­nen und Schüler haben. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

19.43

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Rechnungshofausschusses und fahre in der Erledigung der Tages­ordnung fort.