22.28

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Es geht in diesem Tagesordnungspunkt ausschließlich um LGBTIQ-Personen und um Anträge dazu. Wenn Sie die Rassismusdebatte um George Floyd und dessen Folter, wie er zu Tode kam, hereinholen, soll uns das auch recht sein. Ich wollte nur klarstellen: Thematisch würde es in den Menschenrechtsausschuss und nicht direkt zu dieser Debatte gehören. Wenn wir darüber reden, dann ist das auch in Ordnung.

Wir wollen heute darüber reden, wie man den Diskriminierungsschutz für schwule, les­bische, bisexuelle, transidente, intersexuelle und queere Personen ausweiten kann – nämlich nicht am Arbeitsplatz, in der Arbeitswelt, denn dort ist das alles geregelt, dort kann man dagegen vorgehen, wenn man diskriminiert wird. Wir wollen darüber reden, wie es ist, wenn man als schwules oder lesbisches Pärchen eine Wohnung mieten möchte und abgewiesen wird, wir wollen darüber reden, wie es ist, wenn ein schwules oder lesbisches Pärchen in einem Hotel einchecken möchte.

Jetzt muss ich den damaligen Vizekanzler Spindelegger zitieren, der hier an diesem Rednerpult/Rednerinnenpult einmal gesagt hat: Das können wir doch Familien – Mutter, Vater, Kinder – nicht zumuten, wenn ein schwules Pärchen daneben Urlaub macht. – Schämen Sie sich heute noch für diese Aussage! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Brandstötter.) Wir leben im 21. Jahrhundert! Er hat es leider wirklich gesagt, und das waren diese hanebüchenen Argumente: Unternehmerische Freiheit muss doch bedeuten, dass ich meine Wohnung vermiete, an wen ich will. – Entschuldigung! Da geht es um Menschenrechte, da geht es um Diskriminierungsschutz außerhalb der Arbeits­welt. Das würden wir gerne nach zehnjähriger Anlaufzeit einmal geklärt haben.

Es wäre heute ein guter Zeitpunkt, dass man die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, der Religion und Weltanschauung sowie des Alters außerhalb der Arbeitswelt mit aufnimmt. Ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht und Behinderung sind geklärt, aber nichts für diese so wunderbare Community, die natürlich nach wie vor auf dem Arbeitsplatz diskriminiert wird. Eine große europäische Studie hat wieder gezeigt, dass mehr als ein Drittel der LGBTIQ-Personen nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in der Freizeit diskriminiert wird – wenn sie ein Lokal betreten wollen: wenn sich zwei Frauen im Prückel küssen, werden sie rausgeschmissen. (Abg. Zanger: Haben ja nix verloren ...!) All das war ja der Fall, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube, es wäre höchst an der Zeit, das zu regeln. Ich mag auch küssen, wen ich will und wo ich will, und das sollen lesbische Pärchen erst recht können. Bitte lachen Sie nicht darüber, wenn Sie das lächerlich finden, haben Sie es nicht verstanden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Disoski.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „voller Diskriminierungsschutz für Schwule, Lesben und Bisexuelle – ‚Levelling Up‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen und Integration sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, werden aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf zur Beschluss­fassung vorzulegen, mit dem der Schutzgrund der sexuellen Orientierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, inklusive Wohnraum, im Gleichbehandlungsgesetz und im Gesetz über die Gleichbehandlungs­kommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft verankert und damit der umfas­sende rechtliche Schutz vor Diskriminierung für Schwule, Lesben und Bisexuelle garantiert wird.“

*****

Nachdem es Sozialpartnereinigungen gegeben hat, nachdem es einen Ministerrats­beschluss gegeben hat, haben einmal die Bischofskonferenz und einmal der ÖVP-Klub Nein gesagt. Zweimal war das Levelling-up zwischen den damaligen Koalitionspartnern also schon quasi paktiert, und irgendwelche ganz konservativen Kräfte haben das verhindert. Geben Sie sich doch heute einen Ruck und kommen Sie im 21. Jahrhundert an! (Beifall bei der SPÖ.)

22.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinisch-Hosek,

Genossinnen und Genossen

betreffend voller Diskriminierungsschutz für Schwule, Lesben und Bisexuelle – „Levelling Up“.

eingebracht im Zuge der Debatte in der 36. Sitzung des Nationalrates am 17. Juni 2020 zu TOP 22 Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 593/A(E) der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein starkes Zeichen gegen Hassverbrechen und Diskriminierung von LGBTIQ-Personen setzen (213 d.B.)

Schwule, Lesben, Bisexuelle, Trans*- und intergeschlechtliche Personen sind auch in Österreich noch immer mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Zahlreiche Erhebun­gen zeigen, dass Diskriminierungserfahrungen bis heute für viele Angehörige der LGBTIQ-Community zum traurigen Alltag gehören. Die Aufgabe der Politik muss es daher sein, für alle Menschen in Österreich gleichen Schutz vor Ausgrenzung und Schlechterstellung zu garantieren. Dabei haben wir noch einen langen Weg vor uns.

Bis heute sind Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, inklusive dem Zugang zu Wohnraum, nicht verboten. Damit bleibt Österreich eines der letzten EU-Länder, das diese Form der Schlech­terstellung nicht gesetzlich untersagt. Während Schwule, Lesben und Bisexuelle also in der Arbeitswelt vor Diskriminierung geschützt sind, endet dieser Schutz in Lokalen, in Taxis, bei der Wohnungssuche und in jedem anderen Feld des Privatlebens. Durch das Gleichbehandlungsgesetz sind nämlich bisher im Privatbereich nur Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, einer Behinderung oder des Geschlechts ver­boten.

Dass es höchste Zeit ist, auch die sexuelle Orientierung als Schutzgrund in diese Reihe aufzunehmen bewies erst im Mai 2020 die bisher größte Erhebung zur Situation der LGBTIQ-Community durch die europäische Grundrechteagentur FRA. Dort zeigte sich, dass insgesamt 35 Prozent der befragten LGBTIQ-Personen in Österreich im letzten Jahr Diskriminierungen außerhalb der Arbeitswelt erleben mussten: 7 Prozent der Befragten wurden bei der Wohnungssuche diskriminiert, 21 Prozent in Bars oder Restau­rants, 10 Prozent in Geschäften. Auch von zahlreichen nationalen und internationalen Organisationen wird Österreich daher seit Jahren dazu aufgefordert, endlich einen umfassenden Schutz vor Diskriminierung für die LGBTIQ-Community zu bieten.

Die Debatte über eine Ausweitung des Gleichbehandlungsgesetzes und der Rechte der Gleichbehandlungsanwaltschaft und -kommission sind in Österreich keine neuen Diskussionen: Vor genau zehn Jahren, im Juli 2010, wurde der erste Gesetzesentwurf für ein solches „Levelling Up“ ins Parlament eingebracht. Die Umsetzung des Schutzes aufgrund der sexuellen Orientierung im Privatbereich scheiterte aber seit damals, trotz Einigung der Sozialpartner und breiter Unterstützung aus der Gesellschaft, mehrmals. Das österreichische Warten auf eine etwaig dahingehende EU-Richtlinie scheint ange­sichts des fast überall garantierten Schutzes für Schwule, Lesben und Bisexuelle schlecht begründet.

Im Jahr 2021 wird unser Land das 50. Jubiläum der Entkriminalisierung von Homo­sexualität und damit einen Meilenstein in der Geschichte der Gleichstellung feiern. Es ist daher höchste Zeit, dass Österreich seinen schwulen, lesbischen und bisexuellen Bür­gerInnen auch endlich den grundlegenden Schutz garantiert, den sie verdienen!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen und Integration sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, werden aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf zur Beschluss­fassung vorzulegen, mit dem der Schutzgrund der sexuellen Orientierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, inklusive Wohnraum, im Gleichbehandlungsgesetz und im Gesetz über die Gleichbehand­lungs­kommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft verankert und damit der umfassende rechtliche Schutz vor Diskriminierung für Schwule, Lesben und Bisexuelle garantiert wird.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist hinreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ecker. – Bitte.