Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Ich würde gerne zur Lufthansa schwenken. Wir wissen ja, Sie haben sich von den Deut­schen, also von der Bundesregierung und der Lufthansa-Führung, quasi über den Tisch ziehen lassen (Widerspruch bei der ÖVP) und haben Ihr Versprechen gebrochen, dass sich Österreich an der Lufthansa beteiligen wird (Zwischenruf des Abg. Matznetter), wenn es Unterstützung und Hilfen gibt. Das ist nicht zustande gekommen. Mich würde jetzt interessieren: Warum eigentlich haben Sie dieses Versprechen gebrochen? (Zwi­schenruf bei der ÖVP.)

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 7/M, hat folgenden Wortlaut:

„Warum haben Sie Ihr Versprechen, dass es eine Hilfe für die AUA nur mit einer Beteili­gung an der Lufthansa geben wird, gebrochen, obwohl das Geld der österreichischen SteuerzahlerInnen damit viel besser besichert wäre?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Ich beantworte Ihnen gerne das, was man vielleicht als Frage herausfiltern kann, nämlich wie es zu der Entscheidung gekommen ist (Abg. Kuntzl: Die Frage war klar!), sich mit der Lufthansa auf dieses Paket zu einigen.

Uns ging es immer darum, Arbeitsplätze zu sichern und vor allem das Drehkreuz Wien zu erhalten. Uns ging es nie darum, einen Betrieb zu führen oder eine Beteiligung an der Lufthansa zu haben, allerdings haben wir das, was wir am Ende in den Verhandlungen erreicht haben, zu Beginn als fast nicht möglich erachtet.

Es stimmt: Hätte es die Standortgarantie nicht gegeben, so wäre eine Beteiligung durch­aus eine Möglichkeit gewesen – allerdings ist das, was wir bekommen haben, wesentlich attraktiver, nämlich eine Zehnjahresgarantie für das Drehkreuz Wien, auch für Standort und Marke. Das hat zu Beginn der Verhandlungen fast unerreichbar gewirkt, und ich bin froh, dass dieses Paket so gelungen ist. Es ist unter anderem auch von, wie ich glaube, der Gewerkschaft und Vertretern Ihrer Fraktion, aber auch von der Stadt Wien, die ja, wenn sie auch in Zukunft Weltstadt sein möchte (Ruf bei der SPÖ: Sie ist Weltstadt!), maßgeblich am Flughafen und der AUA hängt, sehr positiv gesehen worden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Danke für diesen Teil der Beantwortung. Darüber kann man natürlich geteilter Meinung sein. Wenn es so ist, dass alles gut geht, verdienen die Aktionäre; wenn es so ist, dass es schiefgeht, dann sind 450 Millionen Euro der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler weg – bitte ja, wenn Sie meinen, das ist gut!

Mich würde nur interessieren: Was, schätzen Sie, hätte eigentlich eine Beteiligung von 450 Millionen Euro an Beteiligungsprozentsatz gebracht?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Das ist etwas, bei dem ich jetzt nicht mutmaßen möch­te. Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass - - (Abg. Leichtfried: Oder ist das nie geprüft worden?)

Was ich Ihnen gerne beantworte, ist, dass wir einen Zuschuss in Höhe von 150 Millionen Euro geleistet haben; die Lufthansa hat einen Zuschuss in derselben Höhe geleistet. Das ist deutlich weniger gewesen als ursprünglich kolportiert und erwartet (Zwischenrufe bei der SPÖ), und über die Standortgarantie, glaube ich, können wir alle sehr froh und dankbar sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Sie haben es ja gerade erwähnt: Der Flughafen Wien fungiert als internationales Drehkreuz. Dies wird hauptsächlich durch die heimische Fluglinie AUA sichergestellt. (Abg. Schellhorn: Das ist keine heimische! – Abg. Meinl-Reisinger: Heimische Fluglinie ist ein weiter Begriff!) Ich glaube, es geht hier um eine Gesamtbetrachtung: Welche Vorteile bietet das Hilfs­paket für Österreich?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Bundeskanzler, bitte.

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Aus meiner Sicht ist es entscheidend, dass wir als Republik Österreich mit dem Flughafen Wien ein Tor zur Welt haben, und ein National Carrier, mit dem es auch Langstreckenflüge gibt und von dem aus viele Städte dieser Welt direkt angeflogen werden, ist einfach ein massiver Vorteil für Headquarters in Wien, für heimische Unternehmen, die exportorientiert sind, für den Tourismus, für den Kon­gressstandort, für den Kulturstandort und vieles darüber hinaus.

Es war daher nicht überraschend für mich, dass sich von der Wirtschaftskammer bis hin zur Gewerkschaft, von der Landeshauptfrau in Niederösterreich bis zum Bürgermeister in Wien alle dafür eingesetzt haben, dass es eine Rettung der AUA gibt und dass vor allem das Drehkreuz Wien abgesichert wird.

Die Absicherung, die wir jetzt bekommen haben, nämlich eine Standortgarantie, dass sich das Drehkreuz Wien in den nächsten zehn Jahren proportional zu München, Frank­furt oder Zürich entwickelt, ist etwas, das wir zu Beginn der Verhandlungen für fast unmöglich erachtet hätten. Uns ging es nie darum, eine Fluglinie zu führen oder zu besitzen – wir glauben nicht, dass die Republik das besser kann als ein privates Unter­nehmen –, sondern worum es uns geht, ist, Österreich und den Standort Wien zu stär­ken, und das ist mit diesem Abkommen sichergestellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)