15.19

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen zu Hause! Die Pandemie ist ein großer Rückschlag – ja, für uns alle –, denn unsere Wirtschaft war gut unterwegs, unsere Unternehmen waren sehr gut unter­wegs. Es ist ein tiefes Tal, durch das wir gemeinsam gehen, denn es ist eine Weltwirt­schaftskrise; da können Sie etwas anderes sagen, aber es ist eine Krise, die alle Länder dieser Welt betrifft. (Abg. Meinl-Reisinger: Ich sage nichts anderes!) Ich habe Betriebs­wirtschaft studiert und 22 Jahre in der Wirtschaft gearbeitet, davon 15 Jahre Unterneh­men geführt. – Das ist die größte Krise, die wir seit dem Zweiten Weltkrieg gemeinsam erleben, sie ist viel härter als die Krise 2008 und 2009.

Wir sind gesundheitlich gut durch diese Krise gekommen: durch den Schulterschluss, durch das Gemeinsame, durch das Zusammenarbeiten von Regierung und Parlament, aber vor allem wegen der Menschen, die in Österreich leben und die mitgemacht haben. Wir sind – besser als andere Länder, das muss hier einmal gesagt werden – auch gut durch die wirtschaftliche Krise, die ersten Monate dieser wirtschaftlichen Krise gekom­men. Wenn Sie immer die Zahlen von Schweden, der Schweiz, Deutschland und gestern sogar der Slowakei und Ungarns nennen, dann möchte ich Sie bitten, die OECD-Zahlen anzuschauen; ich gebe Sie Ihnen gerne. Der Forecast für Österreich liegt bei minus 6,2 Prozent und, siehe da, jener für die Schweiz bei minus 7,7 Prozent, jener für Schwe­den bei minus 6,7 Prozent, und jener für Deutschland ist ebenso schlechter. Das ist ein guter Ausgangspunkt für uns alle, es ist ein guter Start. Auch die Werte für Ungarn und die Slowakei sind – anders als gestern gesagt wurde – viel schlechter: für Ungarn minus 8 Prozent und für die Slowakei sogar minus 9,3 Prozent. – Das sage ich nur, weil ich das gestern hier auch anders gehört habe.

Es ist wichtig, dass wir das Momentum dieser ersten Tage, dieser ersten Wochen und Monate nutzen, in denen wir gut durchgekommen sind, jetzt heißt es aber, dranzublei­ben, jetzt heißt es, hier gemeinsam zu arbeiten, gemeinsam – Regierung und Parla­ment – staatspolitische Verantwortung zu übernehmen, um jeden Arbeitsplatz in Öster­reich zu kämpfen, für die Unternehmen zu kämpfen, alle Unternehmen zu unterstützen, die jetzt betroffen sind – und das sind alle Unternehmen in Österreich. Dafür kämpfen Sie und dafür kämpfen wir in der Bundesregierung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Lassen Sie uns gemeinsam einen kurzen Rückblick machen und anschauen, was so passiert ist! 23 Milliarden Euro an konkreten Hilfen, an Liquidität für Unternehmen sind umgesetzt und zugesagt. Ja, Garantien sind keine Auszahlung von liquiden Mitteln, aber zu Ihrem Verweis auf die Schweiz: Die Schweiz hat exakt dasselbe Modell verwendet wie Österreich, in dem die Banken die erste Anlaufstelle sind. Schauen Sie ins Internet, Sie werden sehen, dass der Schweizer Wirtschaftsminister ganz klar sagt, dass die Banken die erste Anlaufstelle sind und betreffend Garantien und Kredite als ein Mittel – wohlgemerkt nur ein Mittel! – für die Liquidität helfen.

Es braucht dieses große Sicherheitsnetz, das jeden Tag größer wird; wir sehen, dass wir das weiter ausbauen und entsprechend Schritt für Schritt an die Notwendigkeiten anpassen. Auch wenn man immer etwas verbessern und anders machen kann, ich sage Ihnen – ich habe heute wieder mit vielen Unternehmern gesprochen –: Die Hilfe kommt an, und die Hilfe wirkt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wenn Sie sich die Garantien ansehen: Für 5,3 Milliarden Euro gab es Garantien. Nun zu den 100-prozentigen Garantien: Das sind 1,3 Milliarden Euro. Jetzt fragen Sie sich sicher: Wie viel ist das in Deutschland, vielleicht zehn Mal so viel? – Nein, in Deutschland wurden Garantien für 3,5 Milliarden Euro vergeben. Betreffend Kurzarbeit – auch ich habe 2008 und 2009 in einem Unternehmen gearbeitet, und auch dort haben wir damals schon Kurzarbeit in Anspruch genommen – haben wir gemeinsam mit den Sozialpart­nern – noch einmal Danke an die Sozialpartner – ein einzigartiges Modell geschaffen. Auch da schauen wir über die Grenze, und was sehen wir? – In Deutschland eine Ersatz­rate von 60 bis 67 Prozent, in Österreich von 80 bis 90 Prozent. 2 Milliarden Euro wurden an 80 000 Betriebe ausbezahlt, täglich werden dreistellige Millionenbeträge ausbezahlt. Ja, das wächst natürlich jetzt rasch an, weil die Unternehmen abrechnen und Anträge beim AMS einreichen. (Abg. Loacker: Das kann nicht stimmen!)

Nun zum Unternehmerlohn: Da sind jetzt 300 Millionen, bereits etwas mehr als 300 Mil­lionen Euro ausbezahlt. Da dieser Unternehmerlohn immer so kritisiert wird, möchte ich schon eines sagen: Den Ersatz des Unternehmerlohns gibt es in Deutschland nicht. Bei uns gibt es diesen Ersatz des Unternehmerlohns, das ist ein ganz wichtiger Punkt. 6 000 Euro bis 15 000 Euro sind da jeweils als Beträge vorgesehen.

Nun zu den Steuerstundungen und der Herabsetzung der Sozialversicherungsbeiträge – die sind ein ganz, ganz wichtiges Mittel –: Jeder, der ein Unternehmen geführt hat, weiß, dass zwei Dinge am Anfang ganz, ganz wesentlich sind: die Steuern und die Sozialversi­cherungsbeiträge. Beides muss gestundet werden und wurde in der Höhe von 6,2 Mil­liarden Euro gestundet. Das liegt ungefähr auf dem Niveau von Deutschland, das aber zehn Mal so groß ist. Es werden keine Zinsen verrechnet, das zu erwähnen ist mir auch besonders wichtig. Das reduziert natürlich auch die Bürokratie in den Unternehmen. 98 Prozent aller Stundungen gehen an Kleinst- und Mittelbetriebe. Wenn Sie da noch einmal genauer hinschauen, so sehen Sie: 77 Prozent dieser Stundungen sind für Unter­nehmen, die weniger als 700 000 Euro Umsatz pro Jahr haben.

Ich möchte heute und hier die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken. Bei all der Kritik, die Sie immer haben, stehen dahinter Menschen: im AMS, in der AWS, auch in der Wirt­schaftskammer – eine Freundin von mir arbeitet dort, um Anträge betreffend Unterneh­merlohn entsprechend abzuarbeiten (Abg. Loacker: Sie ist dort!), – die Finanzämter; alle arbeiten sie unter Vollauslastung und mit Herzblut. – Mein großes Danke an alle, die dort arbeiten. Ich glaube, diese Arbeit ist die Wertschätzung wert. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Die Mitarbeiter der WKÖ waren eh nicht glücklich!)

Sehr geehrte Damen und Herren, alles, was wir getan haben, und alles, was wir tun, tun wir nicht, wie Sie vielleicht manchmal glauben, im stillen Kämmerlein, sondern im Aus­tausch. Ich persönlich habe in mehr als 40 Runden mit Unternehmerinnen und Unterneh­mern gesprochen, mehr als 500 Unternehmerinnen und Unternehmer haben mit mir per­sönlich gesprochen: über Videokonferenzen, über Telefonkonferenzen und jetzt, als es möglich war, wieder persönlich. Wirtschaftsforscherinnen, Wirtschaftsforscher – ich hat­te eine eigene Runde nur mit Frauen, Wirtschaftsforscherinnen, um auch darauf einen Fokus zu legen –, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Ökonominnen und Öko­nomen – auch ihnen möchte ich Danke sagen, denn auch sie haben gute Inputs und Vorschläge geliefert, die eingeflossen sind, und zwar in einem einzigartigen Schulter­schluss, den wir mit Wissenschaft, Forschung und Unternehmen in den letzten Tagen und Wochen gemeinsam erreicht haben. – Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es geht darum – und da gebe ich Ihnen vollkommen recht –, Jobs zu retten, Jobs zu sichern und Jobs zu erhalten. Eine gute Wirtschaftspolitik ist aus meiner Sicht die beste Sozialpolitik, denn es geht darum, dass die Menschen so rasch wie möglich wieder in Jobs zurückkehren können, dass sie wieder arbeiten können, dass sie für ihre Familien sorgen können. Dafür ist der Betrag von 50 Milliarden Euro, den wir in Summe beschlos­sen haben und umsetzen, da; er ist dafür da, als Wirtschaftspaket die Konjunktur anzu­kurbeln sowie Arbeitsplätze zu sichern und entsprechend zu stützen.

Ich möchte auch dem Koalitionspartner für die erfolgreiche Zusammenarbeit und, ja, für die erfolgreiche Arbeitsklausur danken, denn niemand hat es so genannt, wie Sie es bezeichnet haben; Sie haben gesagt: Krisenklausur. Nicht alles, was in den Medien steht, beschreibt das, was wir tun. Wir haben dort gearbeitet, deshalb sind wir mit mehr Geld aus dieser Klausur herausgekommen, als wir hineingegangen sind. (Abg. Meinl-Reisinger: Die Messagecontrol verrutscht!)

Arbeitsplätze retten und Arbeitsplätze schaffen, den zögerlichen Konsum anregen und die Folgen der Weltwirtschaftskrise abfedern – jede einzelne Maßnahme kommt den Menschen in Österreich zugute. Das tun wir gemeinsam hier im Schulterschluss – Parla­ment und Regierung –, wir wollen den Menschen in Österreich helfen und wir wollen ihnen auch helfen, indem wir sie intensiv unterstützen. Wir werden mit den Maßnahmen, die wir getroffen haben, den Standort stärken, und das sollten wir gemeinsam in unserer staatspolitischen Verantwortung auch nicht schlechtreden.

Nun zu den verschiedensten Paketen, die jetzt gerade beschlossen worden sind: Ent­lasten: 5 Milliarden Euro. Die kleinen Einkommen zu entlasten ist ein wesentlicher Punkt. Was bedeutet das für eine Familie? – Für eine Familie mit zwei Kindern, in der ein Eltern­teil Vollzeit und einer Teilzeit arbeitet, bedeutet das 1 170 Euro. Da ist der Kinderbonus mit 360 Euro pro Kind dabei und auch die Steuersenkung von 25 Prozent auf 20 Prozent.

Zum Investpaket von 6 Milliarden Euro: Es unterstützt die Unternehmen, und – auch wenn Sie es vielleicht anders sehen – ich habe heute mit mehreren Unternehmern ge­sprochen, die mich schon aktiv kontaktiert haben, mich angerufen haben, mir geschrie­ben (Abg. Meinl-Reisinger: Haben Sie sogar gelobt!) und gefragt haben: Wie können wir es schaffen, die Investitionen nach vor zu holen, wie können wir es schaffen, diesen Bonus, diese Investitionsprämie zu nutzen? – Ja, es ist recht einfach, und da bitte ich Sie wirklich um Ihre Unterstützung, denn 7 Prozent und weitere 7 Prozent für die Schwerpunktthemen Ökologisierung, Digitalisierung und Lifesciences stehen zur Verfü­gung. Das wird ab September im Zusammenhang mit dem Thema Investitionsprämie abrufbar sein, so wie wir es auch von der Forschungsprämie kennen.

Ein zweiter wichtiger Punkt betreffend Investitionen sind die degressiven Abschreibun­gen. Wenn wir da immer – und ich habe ja lange Unternehmen geleitet und selbst auch an der Uni Wirtschaft studiert – von einer linearen Abschreibung ausgegangen sind, dann entspricht das nicht der Realität. Die tatsächliche Abschreibung ist im ersten Jahr viel höher. Diese 30 Prozent helfen den Unternehmen, das haben mir die Unternehmer heute auch bestätigt.

Das Gemeindepaket, 1 Milliarde Euro, soll vor allem den KMUs zugutekommen, die dort an Schulen bauen, an Kinderspielplätzen, in verschiedenen Bereichen.

25 000 Wohnungen im Jahr: Ich habe dieses Konzept der WBIB schon vorgefunden, und ja, es ist wichtig, dass man es im Sinne des leistbaren Wohnens umsetzt. Zu diesem Thema stehe ich auch, dass wir diese Wohnungen für die nächste Generation bauen und mit diesen Wohnungen einen Schwung für die KMUs erzeugen, für jeden Instal­lateur, der da mitarbeitet. Dafür stehe ich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Sobotka hat das ein bisschen anders gesehen, oder?!) Ich stehe auch dafür, dieses gute Konzept zu nehmen und umzusetzen, denn letztendlich kommt es nicht darauf an, von wem die Konzepte, die vielleicht zehn Jahre in der Schublade liegen, entwickelt wurden, sondern es kommt darauf an, wer sie um­setzt. (Zwischenrufe bei den NEOS.)

Ja, auch die Eigenkapitalstärkung ist sehr, sehr wichtig, die Eigenkapitalstärkung ist ein wesentlicher Punkt, auch das finden Sie in dem 50-Milliarden-Euro-Programm. Die Ei­genkapitalstärkung beinhaltet sicherlich verschiedene Punkte, und da freue ich mich, wenn Inputs kommen: von der Mitarbeiterbeteiligung über den Equityfonds bis zur Ver­zinsung des Eigenkapitals oder auch die Umwandlung von Krediten in Eigenkapital. Ja, unsere Klein- und Mittelbetriebe brauchen eine stärkere Eigenkapitalbasis, und auch das wird in diesem Programm enthalten sein; das ist ein wichtiger nächster Schritt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zum Gründerpaket und Deregulierungspaket: Diese Krise beinhaltet auch eine Chance. Sie ist für uns die Chance, gemeinsam etwas anders zu machen, Dinge einfa­cher und schneller zu machen. Nur zwei Beispiele, zu denen ich mich voll committe: das Once-only-Prinzip, dass Daten nur einmal eingegeben werden müssen, und die grace period, die ich schon ins Regierungsprogramm gebracht habe. Jetzt ist sie wichtiger als je zuvor, denn viele Generationen werden sich entscheiden, gerade jetzt an die jüngere Generation zu übergeben, und dann braucht es nicht große Kontrollen von unserer Seite, sondern da brauchen sie zwei Jahre Zeit, um sich auf das zu konzentrieren, was wichtig ist.

Zum Arbeitsmarkt: Es gibt ein Minus von 100 000 Arbeitslosen gegenüber dem Höhe­punkt der Krise, 100 000 Menschen haben also wieder Arbeit gefunden. Wir müssen da dranbleiben, wir müssen gemeinsam für die Zukunft und auch für die Lehrlinge, die mir besonders wichtig sind, arbeiten. Zum Lehrlingsbonus von 2 000 Euro: Bitte tragen Sie das hinaus in Ihre Gemeinden, dorthin, wo Sie verantwortlich sind, helfen Sie mir und uns dabei, dass die Unternehmen wissen, dass sie 2 000 Euro für jeden neuen Lehrplatz bekommen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zu Ihnen: Die NEOS fordern ein Expertenkabinett zur Koordinierung der Wirtschafts­hilfen. Ich sage Ihnen: Das gibt es bereits, es nennt sich Wirtschaftsministerium und ist am Stubenring. Das sollten die NEOS, glaube ich, kennen (Abg. Loacker – die Hand hebend –: Ich kenne es!), immerhin ist einer Ihrer Abgeordneten dort einmal widerrecht­lich gemeldet gewesen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen sowie Heiterkeit bei den NEOS. – Abg. Loacker: Sind Sie immer noch belei­digt? – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger. – Abg. Wöginger – in Richtung Abg. Loacker –: Bist ... umgezogen?)

Mein Appell an Sie lautet also: Ziehen wir gemeinsam an einem Strang! Es ist jetzt nicht die Zeit, Gräben aufzureißen. Was wir jetzt brauchen, ist ein breites Verständnis dessen, was beim Weg aus der Krise vernünftig ist und was uns hilft, nicht blinden Aktionismus und auch nicht gegenseitiges Konterkarieren. (Abg. Meinl-Reisinger: ... den machen Sie!) Es ist jetzt die Zeit für wirtschaftspolitische Vernunft und für diesen Zusammen­schluss, den wir geschafft haben, über all die letzten Tage und Wochen hinweg – ich bedanke mich auch bei Ihnen dafür, dass wir viele dieser Dinge gemeinsam beschließen konnten. Leisten wir solidarisch unseren gemeinsamen Beitrag! Es wird nicht leicht und es geht nicht schnell, aber es zahlt sich aus – für unser Österreich, für eine Zukunft, die wieder so ist, wie wir alle sie uns wünschen. – Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

15.36

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte, Herr Abgeordneter.