15.36

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staats­sekretär! Ja, Sie haben recht, es ist nicht die Zeit, Gräben aufzureißen, aber wenn man Gräben schließen will, dann muss man auch die Hand reichen. Es ist schon gut, wenn ich jetzt Ihre letzten Pakete anschaue: Sie setzen jetzt um, wo Sie vorher – wie ein be­leidigtes kleines Kind im Sandkasten – gesagt haben: Meine Burg fällt zusammen, aber ich beteilige mich nicht am Wiederaufbau! (Bundesministerin Schramböck: Ich habe Sie immer eingeladen!) – Einmal konnte ich nicht. Sie haben sich, nicht nur Sie, sondern auch der Herr Finanzminister und der Herr Bundeskanzler - - (Neuerliche Zwischenbe­merkung von Bundesministerin Schramböck.) – Ich habe Sie reden lassen, und Sie lassen mich reden, okay? Jetzt werde ich dann schön langsam ungut. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ziel ist es, dass wir niemanden zurücklassen. Ziel ist es, dass wir keinen EPUler zurück­lassen, Ziel ist es, dass wir keinen Klein- und Mittelbetrieb, keinen Unternehmer zurück­lassen. (Ruf: Die Bergbauern!) Ziel muss es aber auch sein, dass wir nach Corona nicht so weitertun wie vor Corona, sondern dass Österreich besser wird, dass es viel besser wird. Sie haben einige Punkte erwähnt, die Sie jetzt umsetzen. Das waren Kritikpunkte, auch betreffend die Gewerbeordnungsreform et cetera, das waren Punkte, die wir schon immer fordern, die umzusetzen Sie aber in 11 000 Tagen in Regierungsverantwortung nicht imstande waren. Das sind diese Punkte.

Marktführer bleiben und an Kundenbeziehungen arbeiten – das haben Sie einmal in Ihrer vorigen Firma gesagt, das ist ein Zitat von Ihnen. – Sie haben in dieser ganzen Zeit, oder sagen wir, in zehn von zwölf Wochen, mit keinem Klein- und Mittelbetrieb gesprochen. (Abg. Haubner: Geh! – Abg. Steinacker: ... Berichtigung!) Sie haben mit keinem Klein- und Mittelbetrieb gesprochen! Hätten Sie mit ihnen gesprochen, hätten Sie gewusst, wo die Probleme waren. (Ruf: Mit mir hat sie geredet!)

Ihre zwei Welten waren zum einen die AUA, da haben Sie großartig gesagt, wir müs­sen Arbeitsplätze retten – 7 000, 1 100 wurden gestrichen –; und auf der anderen Seite gibt es 100 000 Arbeitslose, die sich denken: Was passiert jetzt, was passiert mit mei­nem Arbeitsplatz? Auf der anderen Seite gibt es auch Hunderttausende Unternehmer, 500 000 EPUler – das sind auch fast Arbeitslose, die kriegen nur nichts –, auch die den­ken sich: Wo sind die Hilfen? Wo sind meine Hilfen?

Das ist das Kernproblem bei Ihnen: Es ist ein PR-Schmäh und nicht so, wie Herr Kogler es gesagt hat. – Schade, dass der grüne Herr Kogler der Einzige ist, der sich bei den Grünen in der Volkswirtschaft auskennt (Abg. Schmidhofer: Na, na! Da gibt es mehrere, die sich auskennen! Mehrere!), er hat von einem „Megawumms“ gesprochen – es ist aber ein Megamurks! (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

Es war bis heute ein Megamurks und es wird ein Megamurks bleiben, und ich werde Ihnen sagen, warum und warum es diesen Generalstab braucht, warum es so wichtig ist: 98 Prozent aller Unternehmen in Österreich sind Klein- und Mittelbetriebe, 98 Pro­zent! Für 98 Prozent galt die sofortige Hilfe nicht, die galt nur für die AUA mit rot-weiß-roter Heckflosse – und die ist noch unter deutscher Flagge; das haben wir gestern schon besprochen, das weiß der Staatssekretär –, ohne Standortsicherung, ohne irgendein Konzept.

Genauso konzeptlos gehen Sie das an und verkünden jetzt zum Beispiel – ich erwähne nur ein Beispiel – für die Hotellerie die Mehrwertsteuersenkung auf Speisen und Geträn­ke, vergessen aber trotzdem die Mehrwertsteuersenkung für die Logis. Warum? Sie, also Bundeskanzler Kurz und Ministerin Köstinger, haben immer davon gesprochen, dass die Stadthotellerie so leidet. (Zwischenruf der Abg. Maurer.) Was machen Sie für die Stadthotellerie? – Nichts! Und genauso ist es bei den Wirtschaftspaketen.

Ich kann Ihnen sagen, warum es einen Wirtschaftskoordinator, einen Generalstab braucht: Der Generalstab muss beweisen, dass er kompetent ist. Er braucht den Bezug zu Prak­tikern und nicht zu Eliteexperten und Beratern wie McKinsey und Deloitte. Die haben noch nie etwas mit KMUs zu tun gehabt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.) Die brauchen das nicht. Der Generalstab braucht Transparenz und Unab­hängigkeit und keine Günstlinge von McKinsey und Konsorten. Schauen Sie sich das Desaster bei den Durchtestungen für das Qualitätssiegel im Tourismus an! Ein Desaster! Diese Verzahnung muss funktionieren, das heißt, es braucht keine erratischen Hand­lungsweisen. Einmal bläst Kurz etwas hinaus, dann gibt es etwas für die Bauern – die sind ja auch arm –, aber der Hotelier und die KMUs haben bis heute noch nichts bekom­men; den Bauern gibt man aber einmal 500 Euro, damit man Ruhe hat!

Es braucht vor allem keine Show und keine PKs. Es braucht ein Konzept, es braucht einen Generalstab, der uns mit Weitblick aus der Krise führt. Wir alle kennen Ihr Konzept, wo es 2021 hingeht, noch nicht. Ich sage Ihnen eines: 2021 droht die große Pleitewelle, wenn Sie heute nicht reagieren, wenn Sie nicht heute ein Gesamtpaket auf die Beine stellen, wenn Sie nicht heute den Faktor Arbeit entlasten. Die Belastung des Faktors Arbeit hält alle so lange in der Arbeitslosigkeit. Vielleicht ist das das Programm, das Herr Kurz will, denn Herr Kurz hat gesagt: Wir haben die längste Arbeitslosenunterstützung und sind stolz darauf! – Das ist der falsche Weg. Sie müssen den Faktor Arbeit entlasten, um möglichst viele aus der Arbeitslosigkeit in Arbeit zu bringen, damit es sich auch für die Unternehmerinnen und Unternehmer wieder lohnt. Das ist einer der Punkte, das ist der Punkt, auf den wir uns konzentrieren müssen.

Wir wollen, dass die Mitarbeiter mehr Netto vom Brutto haben. Höhere Kaufkraft, gerin­gere Belastung mit Lohnnebenkosten, das muss Ihr Ziel sein! Das habe ich heute im Zusammenhang mit Ihren Reformen noch nicht gehört. Ich habe noch gar nichts gehört, dass ihr irgendwie das Ziel habt, in diesem Bereich die Kosten zu senken. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dann kommen wir zu Folgendem – jetzt sitzt der Dritte Nationalratspräsident hinter mir, aber heute Vormittag wurde der Antrag des Kollegen von der FPÖ ja nicht zugelassen ‑: Was sich bei der Öbag abspielt, ist spektakulär. Da muss ich sagen, das ist nicht nur ein Megamurks, sondern – ich darf zitieren, irgendjemand hat das sicher gesagt – das ist eine Riesensauerei. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS sowie Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Heiterkeit der Abg. Belakowitsch.)

Der Aufsichtsrat hat nämlich zur Klärung der Sache, ob da jetzt Kokain im Spiel war oder nicht, die gleiche Rechtsanwaltskanzlei zu Rate gezogen, die für Schmid selber bezie­hungsweise die Öbag arbeitet. Da denkt sich jeder: Die richten sich alles nach sich selbst! (Abg. Yılmaz: Na!) – Der Aufsichtsrat muss jetzt einmal checken, ob da nicht ein Vieraugenprinzip vorherrschen sollte und ob man die Konstellation hinkriegen sollte (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, ist ein Wahnsinn!) – diese Konstellation, die sich Schmid selber geschrieben hat! Und Sie denken alle noch, dass da alles sauber ist! Der Auf­sichtsratsvorsitzende sagt, für ihn sei das überhaupt kein Problem, die Novomatic-Ge­schichte und so, dass Herr Schmid sich mit Novomatic da selber ein Glücksspielgesetz geschrieben hat; für ihn sei die Kokaingeschichte viel größer. – Finden Sie das nicht komisch? (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ. – Heiterkeit der Abgeordneten Brandstöt­ter, Loacker und Meinl-Reisinger.)

Finden Sie (in Richtung Bundesministerin Schramböck) das nicht komisch? Sie waren selber in Unternehmen, Sie wissen, wie Aufsichtsräte funktionieren, welche Kompeten­zen Aufsichtsräte haben müssen, welche Anforderungen an Aufsichtsräte gestellt wer­den und welche Pflichten und Rechte Aufsichtsräte, ein Aufsichtsratsvorsitzender, alle Aufsichtsratsmitglieder haben! (Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Sie lassen so etwas aber durchgehen und keiner sagt etwas, auch der Herr Bundeskanzler sagt: Nein, mit Schmid ist alles in Ordnung! – Es ist doch irgendwie komisch, und daher bringe ich fol­genden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abberufung ÖBAG Vorstand Schmid“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Abberufung des ÖBAG-Vorstandes Tho­mas Schmid in die Wege zu leiten.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

15.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Abberufung ÖBAG Vorstand Schmid

eingebracht im Zuge der Debatte in der 38. Sitzung des Nationalrats über Dringlicher Antrag gem. § 74a Abs 1 iVm § 93 Abs 2 GOG-NR betreffend Sicherstellen von Ver­trauen in Institutionen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise

Gegen Thomas Schmid, Ex-Generalsekretär im Finanzministerium und nunmehr alleini­ger Herr über alle Staatsbeteiligungen der Republik, ermittelt derzeit die Staatsanwalt­schaft in der Casinos-Affäre sowie zu Drogendelikten. Die Wirtschafts- und Korruptions­staatsanwaltschaft (WKStA) führt - wie im Wochenmagazin Profil ausführlich berichtet (https://www.profil.at/wirtschaft/der-fall-thomas-schmid-der-kanzler-vertraute-und-das-kokain/400932182 - abgerufen am 16.6.2020) - Thomas Schmid als Beschuldigten im sogenannten Casinos-Komplex. Als einstiger Generalsekretär des Finanzministeriums (zuletzt unter ÖVP-Ressortchef Hartwig Löger, der auch als Beschuldigter geführt wird) soll er in die Vorgänge rund um die Bestellung des blauen Günstlings Peter Sidlo zum Direktor der Casinos Austria AG involviert gewesen sein. Die WKStA vermutet hier einen „Hintergrund-Deal“ zwischen der früheren FPÖ-Spitze und Novomatic, der Verdacht der Bestechung/Bestechlichkeit (und der Beteiligung daran) steht im Raum.

Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft Wien Ermittlungen eingeleitet, da sich aus der Datenanalyse der im Gefolge von Hausdurchsuchungen seitens der WKStA sicher­gestellten Chatverläufe Thomas Schmids konkrete Anhaltspunkte für Tathandlungen nach §27 SMG ergaben.

Eine offizielle Stellungnahme des Aufsichtsrats sowie des Finanzministers Gernot Blü­mel zu dieser Angelegenheit blieb bisher aus. Im Rahmen des Budgetausschusses am 16.06.2020 kündigte Minister Blümel lediglich an, dass sich der Aufsichtsrat der ÖBAG in seiner nächsten Sitzung am 22.06.2020 wohl mit dieser Causa befassen werde.

Einerseits ist nach den Drogen-Ermittlungen gegen den Alleinvorstand natürlich der ÖBAG-Aufsichtsrat in der Pflicht. Aus Aufsichtsratskreisen ist jedoch auch mehrmals der Wunsch nach klaren Worten des zuständigen Finanzministers geäußert worden. Bis da­to kein Wort von Minister Gernot Blümel dazu.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Abberufung des ÖBAG-Vorstandes Tho­mas Schmid in die Wege zu leiten."

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte, Herr Abgeordneter.