16.46

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­ter! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! 4, 38, 19, 50 – das sind nicht die Bingozahlen. 4, 38, 19, 50 Milliarden Euro, das sind die Eckdaten der sogenannten Hilfsmaßnahmen, zu denen ja alle paar Tage ein neuer Plan hinzukommt.

Und jetzt wäre es auch noch richtig Bingo, wenn etwas von diesen Plänen auch denen helfen würde, denen es helfen soll, nämlich den vielen Unternehmerinnen und Unterneh­mern in unserem Land. Ich war, so es möglich war, in den letzten Wochen viel unter­wegs. Ich habe sehr viele Gespräche geführt, viele Menschen getroffen, und ich kann Ihnen sagen: Es ist stiller geworden. Der Zorn auf die vermurksten Härtefallfonds- und Fixkostenzuschüsse, der ist verraucht; aber das liegt nicht daran, dass den 500 000 EPUs so wunderbar geholfen worden ist, sondern das liegt daran, dass es den Menschen immer mehr egal ist. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sind einfach mit ein paar Zehnern abgespeist worden, die haben keine Lust mehr, sich jetzt anzustel­len. Viele EPUs haben Steuerberater bezahlt, um bei dem komplizierten Ausfüllen der Anträge Hilfe zu haben, und dann – hoppla! – haben sich die Richtlinien über Nacht wie­der geändert. Alles war umsonst! Die meisten haben einfach alle Hände voll zu tun, sich um ihr Überleben zu kümmern und um das ihrer Partner und das ihrer Lieferanten. Für viele EPUs sind es in Wahrheit Schreckensbotschaften, wenn schon wieder von neuen Maßnahmen die Rede ist, wenn Sie die Regeln schon wieder ändern.

Wir NEOS halten ja in normalen Zeiten nicht sehr viel davon, wenn sich Staat und Re­gierung allzu sehr in das Leben von Menschen einmischen. Jetzt wäre es aber an der Zeit gewesen, sich einzumischen, gute und richtige Eingriffe zu machen, aber da haben Sie versagt. Eigentlich muss man Ihnen ja fast dankbar sein, denn Sie haben sehr deut­lich bewiesen, wie sehr Dinge schieflaufen können, wenn man sich in das Leben von Bürgerinnen und Bürgern einmischt.

Ihre Aufgabe als Regierung wäre es, Rahmenbedingungen zu schaffen und für Stabilität und Sicherheit zu sorgen – dann können Menschen etwas schaffen, dann können sie Pläne machen, dann können sie Dinge umsetzen, dann entstehen Zuversicht und Ver­trauen. Ich fordere Sie auf: Schaffen Sie bitte endlich Klarheit! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Richten Sie ein Kabinett aus Expertinnen und Experten ein, setzen Sie Wirtschaftskoordinatoren ein, legen Sie Wirtschaftshilfen und Konjunkturbele­bung bitte in berufene Hände!

Ich nenne Ihnen jetzt ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass Sie Hilfe brauchen – es richtet sich an Kollegen Haubner; bitte gut zuhören, ich zitiere Kollegen Blümel! –: „Das ist ja ein Blödsinn, was Sie da reden“. (Abg. Obernosterer: Das ist kein Blödsinn!) Die Richtlinie zum Fixkostenzuschuss vom 25. Mai gibt keine explizite Vorgabe, ob von EPUs und Kleinstunternehmen ein fiktiver Unternehmerlohn beantragt werden darf oder nicht, wenn im selben Zeitraum eine Entschädigung aus dem Härtefallfonds für den ent­gangenen Unternehmerlohn bezogen wird. Gleichzeitig sagt die Richtlinie explizit aus, dass Zahlungen aus dem Härtefallfonds von der Gegenrechnung beim Fixkostenzu­schuss ausgenommen sind. Diese Formulierung erweckt den Eindruck, dass eine Be­antragung des fiktiven Unternehmerlohns trotz Zahlungen aus dem Härtefallfonds mög­lich ist. Das ist verwunderlich, weil es in vielen Fällen zu einer Doppelförderung oder einer Überförderung kommen würde, wenn der entgangene Unternehmerlohn von bei­den Instrumenten teilweise oder ganz ersetzt wird. Die Summe der Ersatzleistungen würde nämlich bei vielen Antragstellerinnen und Antragstellern 100 Prozent des entgan­genen Unternehmerlohns übersteigen.

So, und nun prophezeie ich Ihnen Folgendes: Sie hören mir jetzt zu, dann lesen Sie sich Ihre eigenen Texte und Richtlinien durch, entdecken diesen Widerspruch – und dann beginnen die Überlegungen, wie man Rückforderungen stellen kann. Gratuliere, noch mehr Chaos und noch mehr Bürokratie! Gemeinsam mit den Stundungen und vielleicht auch noch dem Ende von Krediten wird das eine riesige Schuldenfalle für viele EPUs sein.

Ich habe hier schon vor Wochen gesagt, dass die Wirtschaftshilfen zurück an den Start müssen und neu überdacht gehören, und nun ergänze ich: Holen Sie sich bitte Hilfe! An dieser Regierung verzweifelt ja sogar Chuck Norris. Sie haben genug experimentiert, überlassen Sie die Experimente bitte den Forscherinnen und Forschern, die sich darum kümmern, das Virus zu bekämpfen! Lassen Sie zu, dass die Menschen in Österreich wie­der Zuversicht fassen können! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Yılmaz.)

16.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti. – Bitte.