19.14

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, wann waren Sie das letzte Mal in einem Reise­büro? – Da Sie die Reisebüros heute gar nicht thematisiert haben, nehme ich an, dass das schon ein bisschen länger her ist. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Kös­tinger.) – Angeschnitten vielleicht.

Ich jedenfalls war im Vorfeld dieser Tourismusdebatte bei einem kleinen Reisebüro und Reiseveranstalter im Burgenland und habe mir ein Bild von der derzeitigen Lage der Branche gemacht. Die Veranstalter und Reisebüros sind seit August/September 2019 mit Fixkosten, zum Beispiel für Mieten, Marketing, Werbung, für die Saison 2020 in Vor­leistung. Das heißt, sie haben Unsummen an Geld vorgestreckt. Als wäre das heurige Jahr nicht schon tragisch genug, müssen sie sich jetzt schon überlegen, wie sie wiede­rum die Saison 2021 vorfinanzieren sollen, so sie überhaupt überleben sollten. Wie soll denn das bitte gehen?

Die Umsätze sind von Mitte März bis Ende Juni zu 100 Prozent ausgefallen – keine Neu­buchungen. Auch wenn die Grenzen jetzt langsam wieder öffnen, bis Dezember ist mit einem Minus von 80 bis 90 Prozent des Jahresumsatzes zu rechnen. Was machen aber Sie? Was macht unsere Bundesregierung? – Anstatt ihnen sofort unter die Arme zu greifen, lassen Sie die Betroffenen strampeln. Die Reisebüros brauchen auch jetzt echte Hilfe und nicht erst im Herbst.

Kurzarbeit bis zum Herbst und die Verlängerung des Fixkostenzuschusses sind zwar lieb gemeint, sind aber für die Touristiker ein Tropfen auf den heißen Stein, denn der Fixkostenzuschuss greift nicht überall. Zwei Beispiele: Werbeaktivitäten von 2019 für die Saison 2020 – Prospekte, Kataloge, Messen – werden nicht angerechnet. Weiters: Was ist mit den bereits erwirtschafteten Provisionen, die aufgrund von Stornierungen wieder zurückgezahlt werden müssen? – Deutschland hat da wieder einmal eine Lösung ge­funden, nur bei uns hört man in diese Richtung nichts. Als wäre das alles nicht genug, müssen sich Reiseveranstalter nun über die Grenzen hinweg mit Airlines und Hotels herumschlagen, um die bereits geleisteten Anzahlungen für abgesagte Reisen nicht ab­schreiben zu müssen.

Heute die nächste Watsche – man hat es gelesen –: Die Airline Level ist pleite. Das ist wieder eine Stange Geld, die die Reisebüros somit unverschuldet in den Sand gesetzt haben, weil Airlines Kundengelder nicht versichern müssen. Da geht es europaweit um 4 Milliarden Euro Kundengelder, die nicht beziehungsweise noch nicht zurückbezahlt sind. Reisebüros und Privatpersonen spielen quasi Hausbank für die Fluglinien. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Wer bucht denn Gruppen zum Beispiel auf Maschinen der Austrian Airlines? Wer bringt 100 000 Touristen an Bord? – Es sind eben die Reisebüros. Ohne Reisebüros keine AUA – vergessen Sie das bitte nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin, für diese Branche geht es um alles: Menschen verzweifeln, Existenzen werden ruiniert, 10 000 Jobs sind in Gefahr. Sie und Ihre Regierungskollegen haben aber die Unternehmer stattdessen zu Bittstellern degradiert, die um Überbrückungskre­dite betteln müssen. Das haben sich die Fleißigen in unserem Land nicht verdient. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Sie haben sich selbst die Latte hoch gelegt, Sie haben gesagt: rasche und unbürokrati­sche Hilfe. Sie sind oft vor den Fernsehkameras gestanden: „Koste es, was es wolle“, et cetera. – Fragen Sie bei den Betroffenen nach, was sie von diesen Floskeln noch halten! Sprechen Sie mit den Inhabern von Reisebüros, die nicht mehr weiterwissen, mit Ange­stellten, mit Frauen mit kleinen Kindern darüber, welche Jobängste sie haben; wenn sie in der Zwischenzeit nicht eh schon gekündigt wurden! Verlängern Sie also bitte die Kurz­arbeit, zahlen Sie Entschädigungen aus und unterstützen Sie endlich eine Branche, der das Wasser bis zum Hals steht! (Zwischenruf der Abg. Himmelbauer.)

Darüber hinaus können wir alle gemeinsam einen Beitrag für die Tourismusbranche leis­ten und eine Win-win-Situation schaffen, indem wir Urlaube nach Möglichkeit natürlich in Österreich verbringen und diese über ein Reisebüro buchen; das geht ja auch.

Zum Abschluss noch ganz kurz, Frau Ministerin – ich habe Sie ja auch im Ausschuss darauf angesprochen –: Vergessen Sie auch nicht auf die Winzer, die normalerweise an die Hotellerie und Gastronomie liefern und jetzt auf ihren Flaschen sozusagen sitzen bleiben – selber austrinken schmeckt zwar sicher, hilft ihnen aber finanziell nicht weiter. Falls Sie Ideen brauchen, wie man Winzern, Gastronomen und Beherbergungsbetrieben helfen kann, schauen Sie ins Burgenland, da sind schon einige Impulse gesetzt worden! (Beifall bei der SPÖ.)

19.19

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­neter Schmidhofer zu Wort gemeldet. – Bitte.