9.43

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Frauen Bundesministerin­nen! Ich möchte im Fall der für die Landesverteidigung zuständigen Dame sagen, Frau Nochbundesminister! Wenn Ihre heutige Erklärung hier ein Befreiungsschlag hätte sein sollen, muss ich Sie enttäuschen: Es war der nächste Rohrkrepierer, den Sie vor den Augen der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem österreichischen Bundesheer pro­duziert haben. Und wenn die ÖVP hier groß den Mund aufmacht und Entschuldigungen einfordert, dann sage ich, es wäre eigentlich angebracht, dass Sie sich beim österreichi­schen Bundesheer für das, was Sie in den letzten Wochen an Schaden angerichtet ha­ben, entschuldigen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Doppelbauer.)

Ich möchte heute gleich zu Beginn einen der Ihren, einen aus dem Stall der Österrei­chischen Volkspartei – dann glauben Sie es ja vielleicht eher –, in Stellung bringen. Er sitzt da hinten in der zweiten Reihe, Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf, der im Jahr 2013 Klubobmann der Österreichischen Volkspartei, Klubobmann einer Regierungsfraktion gewesen ist – und jetzt bitte gut zuhören!  und durchaus etwas Vernünftiges im Zusam­menhang mit dem österreichischen Bundesheer gesagt hat. Ich zitiere: „Das Bundes­heer und damit die Sicherheit der Menschen sind nicht das Privat-Versuchslabor für die irrwitzigen Ideen eines Verteidigungsministers“.

Das war damals, zugegebenermaßen, gegen einen der beiden Herren Darabos oder Klug gerichtet – es ist wurscht, man muss sie nicht auseinanderhalten, sie waren beide Blindgänger (Zwischenruf der Abg. Steinacker) –, aber es war treffend und richtig. Und wenn es damals treffend und richtig gewesen ist - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Sie bitten, das Wort Blindgänger nicht zu verwenden und sich in einer anderen Form auszudrücken. Das ist einer Person ge­genüber entwürdigend. (Beifall bei der SPÖ.)

Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Also ich halte es für einen militärischen Fachausdruck, der in dieser Debatte durchaus angebracht ist, Herr Präsident! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Wenn es damals treffend und richtig gewesen ist, dann ist es jetzt noch viel treffender und dann ist es jetzt noch viel richtiger, wenn man diese Worte gegen Sie verwendet, Frau Nochverteidigungsminister. (Ruf bei der ÖVP: Hallo?! Geht’s noch?!) Ich meine, irrwitzig, das ist ein hervorragendes Vokabel, es ist sozusagen ein Volltreffer. Irrwitzig – das ist eine wirklich punktgenaue Bezeichnung für den Kahlschlag, den Sie vonseiten der ÖVP, natürlich mit dem Flankenschutz der Grünen, die immer dabei sind, wenn es gegen die österreichische Sicherheit geht, unter dem Codenamen Heer 2020 durchzie­hen wollen. Das, was Sie gegenwärtig ausarbeiten, ist ein Großattentat auf das öster­reichische Bundesheer und kein kleiner Kommunikationslapsus, wie Sie uns glauben machen möchten.

Frau Nochverteidigungsminister, Sie haben sich heute farblich ein bisschen umadjus­tiert. Wahrscheinlich haben Sie schon gemerkt, dass Ihre Inszenierung in erdfarbenen Ensembles über eines nicht hinwegtäuschen kann (Abg. Steinacker: Na, bitte ...!), näm­lich darüber, dass Sie in Wahrheit wie eine politische Abrissbirne der Österreichischen Volkspartei gegen das österreichische Bundesheer und damit gegen die militärische Landesverteidigung agieren. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker. – Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Zusperren, kaputtsparen, abbauen, zerschlagen, ausverkaufen, demoralisieren, ruinie­ren – das ist die Wahrheit hinter Ihrem Reformprojekt. Da können Sie jetzt zurückrudern, wie Sie wollen – und damit Sie es verstehen –: Die Kuh ist aus dem Stall, Frau Verteidi­gungsminister! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der größte Feind des österreichischen Bun­desheeres sitzt gegenwärtig nicht jenseits unserer Landesgrenzen, sondern an der Spit­ze der Befehlskette des eigenen Ministeriums. Dort sitzt der größte Feind des österrei­chischen Bundesheeres! Und was soll am Ende herauskommen? Ein Zwutschkerlbun­desheer, möchte ich fast sagen, eine Minimundusarmee; keine Rede von: auf der Höhe der Zeit, sondern Sie wollen da eine internationale Lachnummer kreieren, einen Hybrid – möchte ich sagen – aus Feuerwehr und technischem Hilfswerk. Und wenn die ÖVP das dann braucht, dann dürfen unsere Soldaten auch noch ein bisschen Pistentreten, Regale schlichten, Packerl schupfen (Abg. Hörl: He, hallo! – weitere Rufe bei der ÖVP: Hallo! – Abg. Kassegger: Was „hallo“? Das ist die Wahrheit!); ja, Erntehelfer ginge vielleicht auch noch, wenn der Bauernbund gewisse Begehrlichkeiten anmeldet. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Das ist die Dankbarkeit der ÖVP gegenüber dem österreichischen Bundesheer, das im­mer für diese Republik da gewesen ist, wenn es hart auf hart gegangen ist; ich denke da an die Migrationskrise des Jahres 2015/16 und an den jetzigen Coronaeinsatz. Ich finde es auch irgendwie symptomatisch und in gewisser Weise bemitleidenswert, dass die zuständige Ministerin bei ihrer Erklärung nicht einmal ein Wort des Dankes an die ak­tiven und ehemaligen Kräfte des österreichischen Bundesheeres zum Ausdruck bringt! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Hat sie gesagt!) Ich tue das hiermit an ihrer Stelle.

Statt das Bundesheer zu befördern, degradieren Sie es, um im Jargon zu bleiben. Jetzt fragt man sich natürlich: Was hat denn dieses Bundesheer so falsch gemacht, um nicht zu sagen, was hat denn das österreichische Bundesheer verbrochen, dass es derartig in Ungnade gefallen ist? – Gar nichts. Gar nichts! Der Wind oder die Winde – könnte man sagen – wehen in diesem Zusammenhang aus einer ganz, ganz anderen Richtung. Das, was Sie machen, Frau Verteidigungsminister, ist nichts anderes, als den klaren türkisen Kampfauftrag des österreichischen Bundeskanzlers umzusetzen.

Der Regierungschef in Österreich, Bundeskanzler Kurz, ist einer, der mitsamt seinem Anbetungsverein keinen positiven Bezug zum österreichischen Bundesheer hat, zumin­dest nicht was die militärische Komponente und die Landesverteidigung betrifft. Er ist einer, der kein Verständnis für die unverzichtbare Rolle des Bundesheeres im Rahmen der Verfassung zum Erhalt der Sicherheit, der Freiheit, der Neutralität und unserer Sou­veränität hat, und er ist auch jemand, der null Verantwortungsbewusstsein über die – auch wenn er es nicht glaubt – enden wollende Phase seiner politischen Macht hinaus an den Tag legt.

Das Bundesheer, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat aus Sicht dieser türkisen Blase ein paar grundlegende Fehler: Erstens: Es kostet etwas und es ist dauernd lästig. Zweitens: Es ist nicht hip genug; zu wenig cyber und so weiter. Und drittens und vor allem: Es ist nicht bis in die letzte Faser türkis oder schwarz eingefärbt, so wie man es am Paradebeispiel Innenministerium sehen kann.

Da schließt sich dann wieder der Kreis. Es haben sich ja schon viele gefragt: Bitte, wie um Himmels willen wurde diese Frau Tanner aus Niederösterreich zur Verteidigungs­ministerin? – Durch eine besondere Affinität zum Bundesheer sind Sie nicht aufgefallen; es ist etwas anderes, das Sie auszeichnet. Ich möchte sagen, es ist der Kadavergehor­sam, der der ÖVP Niederösterreich immanent ist, der dazu führt, dass Sie ohne Scham von der Spitze des Ressorts aus das Bundesheer ruinieren. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Baumgartner und Hörl.) Da waren Sie die Bestqualifizierte und deswegen sitzen Sie da, wo Sie sitzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Am Ende steht ein kleines, billiges, EU-kompatibles und vor allem vollkommen schwarz und türkis eingefärbtes Bundesheer. – Das ist die Zukunftsvision, auf die Sie hinarbeiten! Ich sage das deswegen mit dieser Leidenschaft, weil ich es selber erlebt habe und weil wir in der Koalition gegen diesen Wahnsinn Widerstand geleistet haben. Es war ja auch der Auftrag desselben Bundeskanzlers an Verteidigungsminister Kunasek, von der Spit­ze des Heeres gegen das Bundesheer vorzugehen. Dort hat er aber auf Granit gebissen, der Herr Bundeskanzler. Jetzt gibt es keinen Widerstand mehr und jetzt wird dieser Ver­such mit Ihnen als Oberkommandierender dieses parteipolitischen Auftrags wiederholt.

Ich nenne nur ein Erlebnis, weil es so symptomatisch ist: Während wir darum gekämpft haben, dass die Luftraumüberwachung in Österreich so stattfindet, dass sie diesen Na­men auch verdient, war die Empfehlung des Bundeskanzlers und seines Anbetungs­vereins, man möge doch auf Flugzeuge verzichten und am besten auf Drohnen zurück­greifen. Am besten wäre es gewesen, wir hätten diese Dinger bei Saturn gekauft. – Das ist der Zugang der Österreichischen Volkspartei, der neuen Volkspartei, zur Landesver­teidigung, und das ist eine Schande! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen noch eines: Die Gefahren und die Bedrohungen sind für Österreich nicht geringer geworden; ganz im Gegenteil: sie sind vielschichtiger und komplexer geworden. Das wird Ihnen der Generalstab wahrscheinlich schon einige Male bis ins letzte Detail herunterdekliniert haben. Wer Ihnen etwas anderes erzählt, den können Sie gleich mit­nehmen, wenn Sie dann zurücktreten.

Es ist eben so, dass die Welt nicht nur aus Cyberattacken besteht, sondern es gibt auch noch Migrationskrisen, die Sie auch bis vor kurzer Zeit für unmöglich gehalten haben, dann gibt es Konflikte in unserer Nachbarschaft. Können Sie mir die Garantie geben, dass alle unsere Nachbarländer, die militärisch gut ausgerüstet sind, in der nächsten Zeit politisch immer stabil bleiben? Können Sie die Garantie übernehmen? Was sagen Sie eigentlich zu terroristischen Bedrohungen, die sich nicht nur im Cyberraum abspie­len? Wir wissen, dass Terroristen auch konventionelles schweres Gerät zum Einsatz bringen. Wir müssen in der Lage sein, entsprechend dagegenzuhalten. Das können Sie ja nicht einfach wegwischen. Alle anderen Länder rund um uns herum – nehmen Sie nur die Schweiz her – sind so intelligent, um darauf zu reagieren, und stocken auf, was die Bewaffnung und die Mannstärke betrifft. Das nenne ich verantwortungsbewusste Vertei­digungspolitik! Das ist das Gegenteil von dem, was Sie hier aufführen. (Beifall bei der FPÖ.)

Am Geld, Frau Minister, kann es nicht liegen: Milliarden nach Brüssel für den Club Med der Europäischen Union, Hunderte Millionen wenn Erdoğan wieder vor der Tür steht und die Hand aufhält, Millionen für die Integrationspolitik in diesem Land, deren erfolgreiche Früchte wir jeden Tag in Wien, bei den Schlägereien der Türken gegen die Kurden, er­leben können, Hunderte Millionen für die Lufthansa. – Also bitte, am Geld kann es nicht liegen.

Was hindert diese Regierung daran, das Bundesheer vernünftig auszustatten? Unsere Söhne müssen dort einrücken, das sind Arbeitsplätze in Österreich, die gesichert wer­den, das sind wirklich wichtige wirtschaftliche Faktoren für die Region, das ist ein Stück Identität, und es ist vor allem der letzte und effektivste Garant für unsere Sicherheit – aber dafür haben Sie kein Geld. Es ist ein Jammer, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Bei all dem Negativen bleibt eigentlich nur ein Trost, nämlich die Feststellung, dass das österreichische Bundesheer schon viele schwierige Phasen überlebt hat. Es wird auch Ihre politische Ära überleben, Frau Nochverteidigungsminister. Das österreichische Bun­desheer wird es noch geben, wenn diese Regierung längst der Vergangenheit ange­hört. – In diesem Sinne: Lang lebe das österreichische Bundesheer! (Beifall bei der FPÖ.)

9.54

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Maurer. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Die nächste Heeresspezialistin! – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)