9.17

Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete des Hohen Hauses! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten und auf der Galerie! Ein guter Tag beginnt im Parlament. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich sage das als ehemaliger Abgeordneter, ich habe die Aus­einandersetzungen schon vermisst. Ich kenne Herbert Kickl noch aus unserer Koalition als wortgewaltigen Redner und freue mich jetzt, als Innenminister hier stehen zu dürfen und Rede und Antwort zu stehen. Das ist gefordert, das ist das gute Recht der Opposition gegenüber der Regierung.

Für mich haben die Ereignisse der letzten Tage vor allem auch in Favoriten eines ge­zeigt: Ausschreitungen jeglicher Art haben in Österreich keinen Platz. (Abg. Kickl: Na geh!) Und dank des engagierten Einsatzes der Polizistinnen und Polizisten vor Ort – und Sie kennen sie, Herr Innenminister außer Dienst Kickl, sehr gut (Abg. Kickl: Ja, Sie müssen sie nur lassen!) – ist es gelungen, rasch die Gewalttäter zu identifizieren, die Gewalttaten zu unterbinden. – Von dieser Seite aus, als Innenminister der Republik ein großes Danke für den Einsatz der Polizistinnen und Polizisten in unserem Land! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

Gewalttäter können sich eines bewusst sein: Ihr Tun wird in Österreich nicht toleriert. Wir sind ein Rechtsstaat und die Polizei sorgt für Ruhe und Ordnung. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Allen, die glauben, dass ein Mund-Nasen-Schutz sie vor Verfolgung schützt, muss ich die Mitteilung überbringen: Sie irren sich. Wir haben in diesen Tagen 220 Iden­titätsfeststellungen vorgenommen, wir haben eine ausgezeichnete Videodokumentation, und jeder Gewalttäter, jeder, der gegen das Symbole-Gesetz verstoßen hat, wird zur Rechenschaft gezogen, und dafür sorgt auch die Polizei in diesem Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Jetzt aber das Wichtigste, und das sage ich auch als Innenminister der Zweiten Republik: Eines ist auch ganz klar, eines der wesentlichsten Grund- und Freiheitsrechte, das Ver­sammlungsrecht, ist in diesem Land gewährleistet, wird geschützt, wird verteidigt. Dafür treten wir alle, die in diesem Haus sitzen, ein. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kickl: Nur nicht in Bleiburg! Warum in Bleiburg nicht? Warum nicht in Bleiburg? – Zwischenruf des Abg. Prinz.) Österreicherinnen und Öster­reicher und Menschen, die in Österreich leben, können sich sicher sein, dass sie sich versammeln dürfen, dass sie ihre Meinung kundtun dürfen und dass es eine Nulltoleranz der Bundesregierung gegenüber Menschen gibt, die glauben, das Versammlungsrecht stören oder bedrohen zu können. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Yılmaz. – Abg. Kickl: Das beschließen Sie doch heute!)

Herr Klubobmann Kickl, Sie haben aber auch eine ganz wichtige Facette des Konflikts aufgezeigt, die man nicht wegwischen darf: Das, was die Polizistinnen und Polizisten vor Ort massiv beeindruckt hat – und da waren viele erfahrene Kolleginnen und Kollegen dabei –, war die Gewaltbereitschaft gegenüber der Polizei, die so weit gegangen ist, dass in einem normalen Einsatz sogar die Hundestaffel mit ihren Diensthunden ange­griffen wurde. Man muss sich das so vorstellen: Es kommt zu Ausschreitungen, dann wird die Hundestaffel vorgeschickt; die Hundestaffel geht vor, danach die Ordnungs­kräfte. Jetzt kann man sagen: Na gut, warum regt sich der Nehammer darüber so auf? – Nun, Sie müssen sich vorstellen – ich habe den verletzten Hund dann auch besucht –, das ist ein Rottweiler mit 50 Kilo, ein imposantes Tier, und wenn dieser vor einem los­legt – und da würde es hier im Raum keinem anders gehen –, würden wir sofort die Flucht ergreifen, weil er so eindrucksvoll ist. Das war den Gewalttätern ganz egal, sie waren zur totalen Gewalt gegen Mensch und Tier bereit, im wahrsten Sinne des Wortes. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Diesen Menschen sei von dieser Stelle aus etwas ausgerichtet: Die Polizei ist darauf vorbereitet, wir lassen das nicht zu! Wir werden jeden verfolgen, der sich das Recht he­rausnimmt, einen Versammlungsteilnehmer oder eine -teilnehmerin anzugreifen, Men­schen anzugreifen, Sachen zu beschädigen oder gar das Leben der Polizistinnen und Polizisten zu bedrohen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Ihr habt die alle hereingelassen! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Noch etwas haben diese Vorkommnisse gezeigt (Abg. Amesbauer: Ihr habt die alle hereingelassen! Ihr habt die Grenzen aufgemacht! Pure Heuchelei! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen): Der Verfassungsschutz hat klare Hinweise dafür, dass hier mehr dahintersteckt als das, was wir an Gewalttaten gesehen haben. (Abg. Kickl: Ah geh!) Ich habe mir selbst einen Eindruck verschaffen können, ich war in der Einsatz­zentrale, wo man genau dokumentiert hat (Zwischenruf des Abg. Amesbauer), wie mi­litärisch organisiert versucht worden ist, diese Versammlung zu stören, dass Späher unterwegs waren, die versucht haben, die Ordnungskräfte auseinanderzuziehen, um die Demonstration direkt anzugreifen, dass abseits der Polizei eine professionelle Dokumentation stattgefunden hat mit dem Ziel, die Teilnehmer der Veranstaltung zu dokumentieren.

Eines sage ich auch ganz klar von dieser Stelle: Wenn sich herausstellen sollte, dass es einen türkischen Einfluss auf diese Maßnahmen gibt (Abg. Kickl: Na, den gibt’s, davon können Sie ausgehen! Wie naiv muss man sein? – Abg. Belakowitsch: Den gibt’s doch! ...! – Abg. Amesbauer: Da brauch ich nix zu untersuchen ...!), wenn sich heraus­stellen sollte, dass von einem anderen Staat versucht wird, in Österreich Unruhe zu stif­ten, Gewalttaten zu provozieren, dann wird auch dieses Land die volle Konsequenz der Republik Österreich kennenlernen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Zu diesem Zweck gibt es jetzt mehrere Maßnahmen, um auf diese Vorkommnisse in Favoriten zu reagieren. Das eine ist, dass wir einen systemischen Ansatz brauchen. Auch da haben Sie recht, Herr Klubobmann, man muss dort hineinschauen, wo es in den Fragen der Integration nicht gut läuft. (Abg. Amesbauer: Wir brauchen keine Inte­gration von solchen Leuten! Die sind nicht integrierbar, die gehören abgeschoben! – Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.) Deswegen sind die Integrationsministerin und ich auch dabei, einen runden Tisch zu formieren, der sich genau dieser Problemstellung widmet.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde Sie bitten, diese Sache doch etwas gesitteter ablaufen zu lassen, Sie geben doch kein gutes Bild ab. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc (fortsetzend): Danke, Herr Prä­sident! Gleichzeitig muss ich feststellen, dass selbst diese Zwischenrufe kultiviert sind im Vergleich zu dem, was damals in Favoriten passiert ist. (Abg. Amesbauer: Eben! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Entscheidend ist aber, dass wir auf der einen Seite die Integration suchen und vertiefen müssen und dafür Maßnahmen setzen, denn die Polizei kommt immer dann zum Ein­satz, wenn Gewalt eskaliert oder wenn sie verhindert werden muss, aber die Ursachen dafür kann die Polizei nicht bekämpfen. (Abg. Kassegger: ... hinschauen! Wir machen einen Arbeitskreis!) Auf der anderen Seite kommt noch dazu, dass ich den Auftrag ge­geben habe, eine Sonderkommission einzurichten, um genau das zu untersuchen, näm­lich die Frage, ob die Türkei Einfluss auf unser Land nimmt (Zwischenruf des Abg. Matz­netter), auf Verfassungsschutz, Landesverfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Lan­deskriminalämter; wir werden das mit allem Nachdruck tun.

Wir werden uns auch die Vereine genau anschauen, seien es jene der Kurden, seien es jene der Türken, ganz egal. Das Vereinsrecht ist ebenso ein wichtiges Grund- und Frei­heitsrecht, und es muss für alle klar sein: Es darf und soll nicht missbraucht werden, um sich dahinter zu verbergen, um entweder den politischen Islam auf unsere Gesellschaft Einfluss nehmen zu lassen oder um irgendwelche Gewalttaten vorzubereiten. Genau das ist jetzt auch ein Schwerpunkt der Polizei.

Gestatten Sie mir aber eines zum Schluss: Als Innenminister der Republik kann ich ge­währleisten, dass die Polizistinnen und Polizisten, die im Einsatz stehen, ihr Bestes ge­ben, unglaublich motiviert und engagiert sind; von dieser Stelle aus ein großes Danke für ihren unglaublichen Einsatz. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Sie fallen ihnen in den Rücken!)

Das Zweite ist: Vom Bundeskanzler beginnend wird die ganze Bundesregierung alles unternehmen, damit wir die Freiheitsrechte, die sich die Menschen in diesem Land er­stritten haben und auf die wir stolz sind, auch weiterhin leben können. Dafür werden wir alles tun.

Das Dritte ist: All jene, die glauben, Österreich durch solche Umstände destabilisieren zu können, irren sich. Wir sind eine starke, eine wehrhafte und vor allem eines: eine lebendige Demokratie. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte. (Abg. Wöginger: Alles gesagt! – Abg. Kickl – in Richtung Abg. Wöginger –: Ja, nur keine einzige Maßnahme! Wenn wir jetzt prüfen müssen, ob die Türken alles einhalten, dann weiß du eh schon alles!)