11.37

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe ZuseherInnen! Dass uns die Coronakrise viele Milliarden kosten wird, wissen wir, glaube ich, alle. Dass es sich in normalen Zeiten kein demokratisches Parlament jemals aufgehalst hätte, so viele Schul­den zu machen, wissen wir auch alle. Wir haben aber eben keine normalen Zeiten, und natürlich haben wir alle die Finanzexpertinnen und -experten im Ohr, die sagen: Liebe Leute, der Schaden kommt so oder so, machen wir jetzt Schulden, nützen wir die Bonität des Staates aus und schauen wir halt, dass wir das dann vergemeinschaften, nur so wird sich am Ende des Tages für die Menschen, für die Unternehmen und letztendlich auch für die Volkswirtschaft etwas bessern oder bessern lassen!

Das ist grundsätzlich richtig, und viele Alternativen gibt es ja im Augenblick wirklich nicht. Mir ist aber wirklich wichtig, dass wir dieses Schuldenmachen sehr, sehr bewusst be­treiben und immer darauf schauen, welche Wirkungen das Geld, das wir ausgeben, wirklich auslöst, denn diesen Schuldenberg müssen wir irgendwann einmal abtragen – und wenn ich „wir“ sage, dann sind es nicht wir, dann sind es eigentlich unsere Kinder und unsere Enkelkinder. Sie werden an diesem Berg ganz gewaltig und verdammt lang knabbern müssen.

Es ist daher eigentlich auch nicht akzeptabel, Frau Bundesminister für Wirtschaft, wenn Sie Gesetze vorlegen, bei denen zumindest die – wenn ich es jetzt nett sage – wirkungs­orientierte Folgenabschätzung sehr großzügig ausgelegt wird, in denen dann nicht wirk­lich genau drinsteht, was denn diese Milliarde eigentlich bringt. Letztendlich muss man sich schon darum kümmern; wenn man diese Milliarde ausgibt, dann will ich auch wis­sen, welche Wirkung Sie sich von dieser Milliarde erwarten, denn ansonsten müssten wir sie ja nicht ausgeben. Das ist also schon sehr, sehr schludrig gemacht; Kollege Fuchs hat das auch wirklich hervorragend ausgeführt.

Wenn wir schon bei diesem Thema sind: Sie haben gesagt – und es ist wieder einmal dieses klassische EU-Bashing, das im Augenblick ja so gerne kommt; das hat der Herr Finanzminister angesprochen, das haben auch Sie angesprochen –, Sie hätten bei der EU durchgefochten, dass 100-Prozent-Garantien möglich sind. Am 20. April gab es eine Pressekonferenz von Ihnen dazu, bei der Sie gesagt haben: Ja, wir sind da immer noch in Verhandlungen! – Uns haben aber die Experten auch gesagt, dass das Gesetz, das Sie nach Brüssel geschickt haben, legistisch so löchrig war, dass es einfach so viele Abstimmungsrunden gebraucht hat, und deswegen hat es so lang gedauert, bis dann letztendlich auch etwas von der EU zurückgekommen ist. By the way: Die EU hat schon am 3. April gesagt – die Kommission hat darauf verwiesen –, dass es im Sinne der tem­porären Beihilferahmen schon möglich ist, 100-Prozent-Garantien zu vergeben. Diese 200 000 Euro hätten Sie von Anfang an vergeben können, das machen wir ja auch über die De-minimis-Beihilfen. Also diese Suppe ist wirklich verdammt dünn. (Beifall bei den NEOS.)

Jetzt aber auch kurz zum Gesetz: Da sind natürlich – das hat auch meine Kollegin Beate Meinl-Reisinger schon gesagt – viele gute Sachen enthalten. Den Verlustrücktrag haben wir NEOS ja auch schon gefordert, den finden wir wirklich gut und der gehört natürlich auch gemacht. Wir finden es auch gut, dass die Verlängerung der von den Abgabenbe­hörden gewährten Stundungen jetzt umgesetzt wird, und natürlich finden wir als Liberale auch die Senkung des Eingangssteuersatzes hervorragend. Was wir uns aber natürlich auch gewünscht hätten, wäre, dass die Abschaffung der kalten Progression endlich angegangen wird – aber ich glaube, es ist uns inzwischen allen klar, dass das mit dieser ÖVP leider nicht möglich ist.

Mein nächster Punkt ist die degressive Abschreibung: auch da große Unterstützung von unserer Seite, wir begrüßen das ausdrücklich. Dass im Augenblick noch die unkörper­lichen, also die immateriellen Wirtschaftsgüter ausgenommen sind – das haben wir ges­tern lange im Ausschuss diskutiert –, finden wir nicht gut, ich höre aber gerade, auch von den Kollegen von den Grünen hier, dass das eventuell noch angepasst wird. Falls das noch kommt: Das fänden wir sehr, sehr gut und wichtig. Es wäre nämlich wirklich be­sonders absurd, wenn das nicht passieren würde: Wir fordern ja auf der einen Seite heute im Investitionsprogramm, dass die Digitalisierung gefördert wird, und am gleichen Tag – bei einem Gesetz, das gleich danach debattiert wird – beschließen wir dann aber trotzdem, dass die degressive Abschreibung für Software beziehungsweise für die Digi­talisierung eben nicht gestattet werden kann. Deswegen fänden wir es wirklich gut, wenn das miteinander korrespondieren würde und sich die beiden Minister – die Frau Minis­terin und der Herr Minister – auch einmal zusammenreden würden.

Zum Thema Zusammenreden gibt es natürlich auch noch ganz, ganz viel zu sagen. Es ist nämlich schon auch spannend, wenn das Finanzministerium dem Wirtschaftsministe­rium ausrichtet, dass die Abwicklung der Hilfen zu teuer ist. Im Investitionsprogramm wird ein Volumen von ungefähr 1 Milliarde Euro abgewickelt, und dafür braucht es 20 Mil­lionen Euro – so viel kostet die Abwicklung. Wenn man sich die Abwicklung des Beschäf­tigungsbonus anschaut – das ist ungefähr ein vergleichbares Volumen, auch 1 Milliarde Euro –: Das kostet in der Abwicklung nicht einmal 12 Millionen Euro. Das ist durchaus ein signifikanter Unterschied.

Wer aber offenbar sehr wohl mit dem Finanzminister redet, ist die Frau Landwirtschafts­ministerin, denn diese hat ein Paket von 350 Millionen Euro über den Waldfonds um­zusetzen, und das kostet in der Umsetzung beziehungsweise in der Abwicklung eben­falls fast 12 Millionen Euro. Da stellt sich natürlich schon die Frage, wohin alle diese Gelder denn letztendlich fließen.

Dann bleibt mir zum Schluss noch eine Anregung zu machen: Wir haben ja in diesem Hohen Haus letzte Woche eine Mehrwertsteuersenkung unter anderem für den Kultur­bereich und damit auch für die Veranstaltungsbranche beschlossen. Jetzt wissen wir aber alle, dass in diesem Herbst wahrscheinlich viele Veranstaltungen einfach abgesagt beziehungsweise auf das nächste Jahr verschoben werden müssen. Diese Gefahr besteht. Hinsichtlich dieser verschobenen Veranstaltungen würden die entsprechenden Unternehmen dann eben nicht in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes kommen, deswegen bringe ich auch noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ergänzende Maßnahme im Kulturbereich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesinitiative vorzulegen, welche sicherstellt, dass auch auf das Jahr 2021 verschobene Veranstaltungen noch in den Genuss des ermä­ßigten Umsatzsteuersatzes von 5% kommen und es entsprechend zu keinen USt.-Rück­zahlungen für Veranstaltungsunternehmen kommt.“

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Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

11.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Ergänzende Maßnahme im Kulturbereich

eingebracht im Zuge der Debatte in der 43. Sitzung des Nationalrats über das Bundesge­setz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, das EU-Meldepflichtgesetz, das Flugabgabe­gesetz und das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden (Konjunktur­stärkungsgesetz 2020 –KonStG 2020) (287d.B.) – TOP 1

Die Mehrwertsteuersenkung der Regierung war als Unterstützung des Kulturbereichs und damit auch der Veranstaltungsbranche gedacht. Jedoch werden voraussichtlich auch im Herbst 2020 viele Veranstaltungen nicht stattfinden können. Darüber hinaus bleibt die Gefahr aufrecht, dass Veranstaltungen kurzfristig abgesagt und auf 2021 veschoben werden müssen. Aus diesem Grund wäre es nur fair, wenn die verschobenen Veranstaltungen auch noch in den Genuss des ermäßigten Steuersatzes kommen wür­den.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesinitiative vorzulegen, welche sicherstellt, dass auch auf das Jahr 2021 verschobene Veranstaltungen noch in den Genuss des ermä­ßigten Umsatzsteuersatzes von 5% kommen und es entsprechend zu keinen USt.-Rück­zahlungen für Veranstaltungsunternehmen kommt.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte.