17.20

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Kürzlich ist mir jemand begegnet, der mir stolz berichtete: Ich werde im Jah­re x2 x Jahre alt. Die Frage ist: In welchem Jahr ist er geboren? – Das ist so eine typische mathematische Frage: Sie ist kurz, knapp gestellt. Es kommt hier der eigenartige Buch­stabe x als Zeichen für die Unbekannte vor. X kommt von Xenos, Xenos ist ja der Un­bekannte. Die Frage hat eine eindeutige Antwort, und sie ist völlig abstrakt und von jeg­licher Anwendung befreit. So schauen halt mathematische Aufgaben aus.

Es ist keine Aufgabe, die ich für die Matura empfehlen würde, wiewohl sie aus mathema­tischer Sicht nicht ganz uninteressant ist, denn wenn man die Lösung weiß, dann weiß man über die Verteilung der Quadratzahlen, die sehr dünn ist innerhalb des Zahlenrei­ches, ein bisschen Bescheid, diophantische Gleichungen kann man lösen. So sind typi­sche mathematische Aufgaben und sie kommen bei der Mathematikmatura nicht so vor. Die Mathematikmatura schaut ganz anders aus, vielleicht schaut sie noch nicht optimal aus.

Es ist ja in diesem Gesetzespaket, das wir jetzt vor uns haben, auch die Matura ein Thema. Die Matura wird aber ein viel größeres Thema sein, als dass wir sie nur jetzt hier behandeln, sie wird uns weiterhin beschäftigen, und das ist auch gut so.

Gerade im Fach Mathematik ist es ja der Fall, dass man sich damit beschäftigen soll, und ich als Mathematiker muss Ihnen gestehen, dass ich, wenn ich mir die Beispiele anschaue, sagen muss: So richtig Mathematik ist das, was hier steht, nicht! Und vielleicht ist das auch einer der Gründe dafür, dass die Ergebnisse nicht dem entsprechen, was wir uns erhoffen. Insbesondere die Professorinnen und Professoren an den Universitä­ten, an den Hochschulen erhoffen sich eigentlich andere Kompetenzen als das, was bei der Matura abgefragt wird. So hat man es ja gelesen und gehört, und ich glaube, das stimmt auch.

Es ist so, dass das typische mathematische Beispielstellen ja irgendwie verpönt gewor­den ist. Es muss alles einen Anwendungsbezug haben, alles muss irgendwie nahelie­gend sein – aber das nimmt dem Fach eigentlich seinen Reiz.

Es war Edward Frenkel, der in seinem Buch „Liebe und Mathematik“ geschrieben hat, man stelle sich einen Kunstunterricht vor, und in diesem Kunstunterricht bekommt man immer nur beigebracht, wie man einen Zaun anmalt, einfach immer nur, wie man einen Zaun anmalt. Man erfährt nichts von Leonardo, nichts von Raffael, nichts von Picasso, man erfährt nur, wie man einen Zaun anmalt, und danach wird jemand, der diesen Un­terricht hinter sich gebracht hat, sagen: Es war todlangweilig, mich interessiert Kunst überhaupt nicht! Wenn ich jemals einen Zaun anmalen muss, dann werde ich mir einen Maler bestellen, das ist doch völlig uninteressant für mich! Es war reine Zeitverschwen­dung!

Ähnlich ist es ja auch in der Mathematik bestellt: Sie lernen Dinge, die eigentlich von der Mathematik, wie wir Mathematiker sie lieben, weit entfernt sind. Das gilt es zu verbes­sern. Und jetzt haben wir die Möglichkeit – der Herr Minister hat ja ein offenes Ohr –, hier Verbesserungen einzuführen. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt, den wir sehr ernst nehmen sollten: den Mathematikunterricht so zu vollziehen, wie auch ein anständiger Kunstunterricht sein soll, ein Kunstunterricht, bei dem man nicht nur lernt, einen Zaun anzumalen, sondern auch von den großen Meistern, die früher gelebt haben, lernt. In der Mathematik ist es ähnlich: Es sollen nicht einfach nur irgendwelche konstruierten Beispiele gelöst werden, die noch dazu schlecht gestellt sind.

Es ist ja so, dass dieses Auf und Ab und Auf und Ab beim letzten Mal vielleicht auch dadurch entstanden ist, dass das Ergebnis letztes Jahr gut war, weil Scholz, der ehe­malige Präsident des Stadtschulrats, durch die Gegend gezogen ist und den Menschen beizubringen versuchte, die Aufgaben so zu stellen, dass man sie gut lesen kann, dass sie sprachlich anständig sind – und das ist jetzt plötzlich vorbei gewesen. In diesem Jahr sind die sogenannten Bildungsexperten, die sich immer selbst ernannt hatten, wieder hervorgekommen und haben gesagt: Wir machen das besser! – Das sind ja gar nicht die richtigen Mathematiker.

Nun haben wir wirklich die Chance. Es wird umgestellt, es kommen wirkliche – wirkli­che! – Mathematiker zu Wort, und dafür bin ich dem Minister sehr dankbar. Es kommt ein Mathematikprofessor der Universität Wien, den ich persönlich sehr hoch schätze, Eichmair, es wird ein Praktiker aus Tirol kommen (Beifall des Abg. Hörl), und die werden dann eine weitere starke Verbesserung herbeiführen. Wir danken dem heiligen Land Tirol dafür, dass es uns diesen Mathematiker zur Verfügung stellt. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir werden also schauen, dass die Matura in die Nähe dessen kommt, was sich die Universitäten hinsichtlich Studierfähigkeit erwarten, denn darauf kommt es auch an.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe jetzt nur über mein Fach – Mathe­matik – gesprochen, es gibt aber auch das Fach Deutsch, und auch da steht nicht alles zum Besten. Ein Text von Ronja von Rönne wurde hergenommen. Die Autorin selbst sagte: Es war das Schlechteste, was ich je geschrieben habe, völlig sinnlos, belanglos, aber die Kinder werden damit bearbeitet und sollen dann groß Interpretationen finden – von etwas, zu dem es keine Interpretation gibt. Man muss also über die leere Menge viel aussagen. – Auch das muss geändert werden.

Wir haben die großen Dichter Rilke, Hofmannsthal, Heine, Gott im Himmel, wer auch immer, die Namen sind Legion, und wir nehmen Ronja von Rönne – bei aller Ehrfurcht ihr gegenüber, aber das kann es doch bei einer Matura nicht sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben einen Minister, der dafür offen ist, die Matura neu, besser, gut zu gestalten. Sie soll eine Zentralmatura sein, selbstver­ständlich, das ist ein wichtiger Aspekt, aber sie soll auch den Fächern gerecht werden und den Kindern das Gefühl geben: Ich habe etwas gelernt, was sinnvoll ist – selbst dann, wenn man nicht sofort sieht, wo es seine Anwendung findet, wie auch beim Alter des Herrn aus dem Beispiel am Anfang meiner Rede. Wer die Lösung findet, kann sie mir noch am heutigen Tage mitteilen, ich würde mich sehr freuen. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.26

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharo­wits. – Bitte.