Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Werte Frau Ministerin! Zum Mehr­jährigen Finanzrahmen haben wir nun bereits einige Fragen gehabt. Die geizigen Vier: Wir haben im letzten EU-Ausschuss sehr viel über die Definitionen geredet. Mir ist da noch etwas eingefallen – im konservativen Kontext –: Die enthaltsamen Vier könnte man durchaus auch sagen.

Wir haben auch schon viel über Solidarität und Balance gehört. Wir sehen das nicht nur als Solidarität, und mich würde schon interessieren:

26/M

„Mit welcher akkordierten Verhandlungsposition wird Österreich in die Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen und zur Aufbauhilfe in Folge der Corona-Krise gehen?“

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Vielleicht gehen Sie auch speziell auf Folgendes ein: In welchen Töpfen nimmt man Kürzungen hin?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Zunächst darf ich noch einmal darauf hinweisen, dass uns allen klar ist und dass es auch in allen Gremien, in denen ich, nun in letzter Zeit vor allem in Form von Videokonferenzen, gesessen bin, immer darum ging, zu betonen, dass es Solidarität braucht, dass wir nur gemeinsam aus der Krise rauskommen können, dass es auch eine Vision für eine zukünftige Europäische Union braucht, neben der Überwindung öko­nomischer Probleme, wirtschaftlicher Krisen auch eine Vision für die Zukunft in Form der Zukunftskonferenz entwickelt werden muss.

Das heißt, wir gehen mit der Position rein, dass wir natürlich solidarisch sein müssen, dass es auch notwendig ist, denen unter die Arme zu greifen, die am härtesten von Covid-19 getroffen sind. Es geht uns aber auch darum, genau hinzuschauen, dass es eben dann diejenigen betrifft, dass diejenigen unterstützt werden, die aufgrund von Covid-19 getroffen worden sind. Das ist ja das, was die Kommission auch nach vorne gestellt hat. Das müssen wir nun – das wird auch nächste Woche im Rat für Allgemeine Angelegenheiten die Aufgabe sein, aber dann auch die Aufgabe des Herrn Bundes­kanzlers im Europäischen Rat – auch allen vermitteln, alle an Bord bekommen, dass wir uns darauf wirklich klar ausrichten. Die Verhandlungen sind erst angegangen. Mir wäre es recht – oder ich würde es mir wünschen –, wenn Österreich irgendwann auch tatsächlich als ambitionierter Mitgliedstaat der Europäischen Union gesehen wird, weil wir in Österreich vorangehen, auch was die Planung der Zukunft in der Europäischen Union betrifft.

Abschließend darf ich Ihnen zum Mehrjährigen Finanzrahmen und zum Recovery­instru­ment sagen und versichern, dass es bis jetzt auf europäischer Ebene letztlich immer gelungen ist, eine Lösung zu finden, die natürlich in einem Kompromiss wird bestehen müssen. Nun aber ist der erste Schritt einmal, die Dinge in depth, also wirklich im Detail, zu verhandeln.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Holzleitner? – Bitte.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Dahin gehend ganz konkret: Welche Töpfe, welche Bereiche? Wir wissen ja, es gibt im Mehrjährigen Finanzrahmen ver­schiedene Bereiche – Kultur, Bildung, Landwirtschaft –: Wo nimmt man Kürzungen hin? Wo ist man bereit, einen Kompromiss einzugehen und auch im Gegensatz zum ur­sprünglichen Vorschlag ein Minus hinzunehmen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Das kann ich Ihnen jetzt im Detail deshalb nicht beantworten, weil es im Charakteristikum einer Verhandlung liegt, dass man aufeinander zugehen muss, dass man auch die Position klarmachen muss.

Für uns aber ist klar, dass es Bereiche gibt, die weniger mit Covid-19 zu tun haben – wenn man zum Beispiel an militärische Mobilität denkt oder an Verwaltungskosten –, und dass es Themenbereiche gibt, die sehr viel mit Covid-19 und mit der Überwindung der Krise zu tun haben.

Wenn wir vom Mehrjährigen Finanzrahmen reden, von einer besseren Ausgestaltung der Zukunft in der Europäischen Union: Es gibt insgesamt sieben verschiedene Cluster, in die das eingeteilt worden ist und bei denen die Milliardenbeträge – das möchte ich noch einmal sagen – auch verschoben werden, wo es dann heißt, da gibt es Ein­spa­rungen, weil ein Teil einer Milliarde woanders hinkommt. Das sind ja alles Gelder, die wir uns – oder ich zumindest nicht – von der Summe her kaum vorstellen können; da reden wir immer vom Steuergeld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Insofern gilt es natürlich in der Verhandlung, auf der einen Seite auch eine Balance zu finden, ein Zukunftsprojekt Europa auch vor allem im Hinblick auf die jungen Menschen in Europa zu etablieren, und auf der anderen Seite zu schauen, wie wir aus der Krise rauskommen können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage des Abgeordneten Minnich. – Bitte.

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­minister! Die Eigenmittel der Europäischen Union werden ja immer wieder thematisiert: Wie steht die österreichische Bundesregierung zur Einführung möglicher zusätzlicher Eigenmittel?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Eigentlich ist es ein bisschen eine künstliche Diskussion, die wir nun am Rande des Recoveryinstruments in dem Bereich führen, weil Eigenmittel ja heißt, dass alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union denen auch zustimmen müssen.

Ganz konkret Ihre Frage beantwortend möchte ich Ihnen sagen, dass es Eigenmittel gibt, die wir schon in der Zeit der Ratspräsidentschaft – Sie wissen: zweite Hälfte 2018 – vorangetrieben haben. Ich spreche da vor allem von der Digitalsteuer. Das ist etwas, bei dem es um mehr Gerechtigkeit geht, wenn große Konzerne, die ihre Milliardengewinne in Europa machen, auch hier ihre Steuern zahlen. Das ist ein Eigenmittel, für das wir sehr stark eintreten und bei dem die Diskussion fortgeführt werden muss. Zum anderen ist auch immer wieder von einer Plastikabgabe die Rede, und auch das ist eine Mög­lichkeit, zu steuern, nämlich insbesondere in Mitgliedstaaten, die noch nicht so gut sind, was das Recycling betrifft, um für sie einerseits einen Anreiz zu schaffen, und ande­rerseits gibt es dann natürlich auch Geld für das gemeinsame Budget.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 13. und letzte Anfrage stellt Herr Abgeordneter Marchetti. – Bitte.