10.58

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Meine sehr verehrten Zuseherinnen und Zuseher! Almosen werden nicht helfen. Was wir brauchen, ist eine gute Politik, damit man jenen Menschen, die jetzt arbeitslos geworden sind, hilft. Durch die Coronamaßnahmen sind nämlich 200 000 Men­schen arbeitslos geworden, und die brauchen eine vernünftige Reaktion. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Kollege Muchitsch hat es schon angesprochen, wir haben bereits im April gefordert, dass das Arbeitslosengeld erhöht werden soll. Das macht man nicht. Man verteilt Almosen und man geht in der Reihenfolge vor, dass Menschen, deren Einkommen von 100 Pro­zent auf 55 Prozent gesunken ist, eine Einmalzahlung bekommen. Bei der Einmal­zahlung stellt sich schon die Frage, warum sie jene Menschen nicht bekommen, die im März arbeitslos geworden sind. Warum bekommen sie jene Menschen, die im April arbeitslos geworden sind, nicht? – Ich verstehe das nicht und denke, es ist notwendig, dass man da eine Änderung vornimmt und das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent anhebt.

Sehen wir uns an, was die Regierungsparteien hier machen – horchen Sie jetzt gut zu –: Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Wert von 1 Euro bekommen, bekom­men die Landwirte den Wert von 3 Euro. (Abg. Höfinger: Das stimmt nicht! Das stimmt nicht! Wer hat dir denn das aufgeschrieben?) Unternehmer beziehungsweise Millionäre bekommen bei dem, was wir da heute alles beschließen, nicht den Wert eins wie Arbeitnehmer, nicht den Wert drei wie Landwirte, sondern sie bekommen den Wert 31. Wenn das gerecht sein soll, dann ist das nicht das, was ich mir unter Gerechtigkeit vorstelle. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Ganz besonders möchte ich auf die Familienbeihilfe hinweisen. Diese Regelung ist grundsätzlich gut, nur dass man sie wieder bei Menschen, die bei uns in der Pflege arbeiten, aliquotiert, sehe ich nicht ein. Damit Sie zu Ihrem Wort stehen können, bringe ich einen Antrag ein, nämlich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (319 d.B.) betreffend die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosen­ver­sicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Familienlastenausgleichs­gesetz 1967 und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (285 d.B.).

Ich habe ihn erläutert: Es geht um die Erhöhung des Arbeitslosengeldes, es geht darum, dass bei der Familienbeihilfe keine Aliquotierung stattfindet, und es geht darum, dass Mittel, die jetzt ausgeschüttet werden, nicht auf die Sozialhilfe angerechnet werden.

In dem Sinne ersuche ich Sie um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

11.02

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Petra Wimmer

Genossinnen und Genossen

Zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (319 d.B.) betreffend die Regie­rungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Arbeits­marktförderungsgesetz geändert werden (285 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

I. Art. 1 (Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977) wird wie folgt ge­ändert:

1. Z 1 lautet:

„1.In § 21 werden folgende Abs. 9 und 10 angefügt:

            „(9) Zusätzlich zur gemäß § 20 und § 21 Abs. 1 bis 8 ermittelten Höhe des Arbeitslosengeldes gebührt ein Zuschlag von 30 Prozent dieser Höhe für laufende Leistungen und für Anträge auf Arbeitslosengeld, die bis zum 31. Dezember 2020 ge­stellt werden.

            (10) (Grundsatzbestimmung) Der Zuschlag gemäß Abs. 9 gilt als nicht anrechenbare Leistung gemäß § 7 Abs. 5 des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes.““

2. In Z 3 lautet § 79 Abs. 167 wie folgt:

„(167) § 21 Abs. 9 und 10 sowie § 81 Abs. 15 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL. I. Nr. xx/2020 treten rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft.“

3. nach Z 3 wird folgende Z 3a eingefügt:

„3a. § 81 Abs. 15 lautet wie folgt:

„(15) Abweichend von § 36 gebührt die für den Zeitraum 1. Mai bis 31. Dezember 2020 gewährte Notstandshilfe im Ausmaß des Arbeitslosengeldes gemäß § 21 Abs. 9 und 10. Zudem gilt der Berufs- und Einkommensschutz gemäß § 9 Abs. 3 in den Monaten Mai bis Dezember 2020.““

II. Art. 3 (Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. § 8a Abs. 1 bis 3 entfallen.“

III. Art. 4 (Änderung des Arbeitsmarktförderungsgesetzes) entfällt.

Begründung

Einmalzahlungen stellen keine nachhaltige Maßnahme gegen Armutsvermeidung dar und können daher die Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70% Nettoersatzrate nicht ersetzen. Gerade in Zeiten der Rekordarbeitslosigkeit ist mit einer längeren Dauer der Arbeitslosigkeit zu rechnen. Eine nachhaltige Erhöhung des Arbeitslosengeldes ist nicht nur aus sozialpolitischen Gründen dringend geboten, sondern auch volkswirtschaftlich sinnvoll, um Kaufkraft zu stabilisieren und den privaten Konsum zu stützen. Um eine unkomplizierte und rasche Auszahlung der Erhöhung zu ermöglichen, soll diese als Zuschlag zum Arbeitslosengeld gewährt werden. Durch die Erhöhung um 30 Prozent wird eine Nettoersatzrate von 70 Prozent erreicht.

Damit diese notwendige Erhöhung auch bei den Menschen, die aufgrund des geringen Arbeitslosengeldes oder der niedrigen Notstandshilfe Sozialhilfe oder Mindestsicherung beziehen, auch tatsächlich ankommt, soll dieser Zuschlag nicht auf die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung angerechnet werden.

Die Einmalzahlung zur Familienbeihilfe ist grundsätzlich zu begrüßen, allerdings ist die Indexierung der Familienbeihilfe und damit auch der Einmalzahlung abzulehnen, da diese nicht nur EU-rechtswidrig ist, sondern auch sozialpolitisch mehr als nur zu hin­terfragen ist. Gerade die Corona-Krise hat uns im Pflege und Betreuungsbereich vor Augen geführt, dass wir diese Arbeitskräfte aus dem Ausland dringend brauchen. Sogar mit Sonderzügen hat man 24-Stunden-BetreuerInnen ins Land geholt. Zum Teil haben diese Betreuungskräfte– zum überwiegenden Teil Frauen – monatelang ihre Familien nicht gesehen. Zum Dank dafür kürzt ihnen diese Regierung auch noch die Familien­beihilfe und die Einmalzahlung. Das muss korrigiert werden.

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, ist an alle Abgeordneten verteilt worden und steht daher mit in Verhandlung. (Abg. Leichtfried: Das war eine sehr gute Rede!)

Nächste: Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.