11.38

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mit einem Wort der Anerkennung beginnen, auch wenn es nachher einige andere Themen gibt. Ich möchte anerkennen, Frau Ministerin, dass die Kommunikation zwischen uns, zwischen dem Parlament und Ihrem Haus, in der letzten Woche deutlich besser geworden ist. Das erleichtert auch, Probleme auf kurzem Weg zu beschreiben.

Ich möchte aber auch mit der Kritik nicht sparen, und zwar ist alles, was uns heute rund um den Familienhärteausgleich beschäftigt, in Wirklichkeit eine Art Vergangenheits­be­wäl­tigung. Die Betroffenen empfinden das natürlich nicht so, da das Geld oftmals noch nicht am Konto ist, aber das Ministerium arbeitet im Juli noch immer an dem Versprechen vom April. Die Menschen haben im April Anträge gestellt, um den Einkommensverlust ausgleichen zu können, das ist bis heute vielfach nicht geschehen.

Was noch dazukommt, ist, dort, wo es geschehen ist, dort, wo es diesen Ausgleich des Einkommens gibt, fehlt vollkommen die Transparenz. Personen, die das gleiche Einkom­men haben, gleich viele Kinder haben, den gleichen Einkommensverlust haben, erhalten unterschiedliche Beträge. Es gibt einen Berechnungsschlüssel in den Richtlinien, der aber, wenn man ihn nachrechnet, in ganz, ganz vielen Fällen nicht nachvollziehbar ist.

Es gibt Zahlungen ohne Bescheide, und damit kommt ein großes Thema auf uns zu, denn das, was ausbezahlt wird, ist, wenn es nicht nachvollziehbar ist, auf dem privaten Weg einklagbar. Das bedeutet: Jeder, der keinen Bescheid hat oder diesen nicht nach­vollziehen kann, kann sich sein Recht auf die richtige Zahlung erkämpfen. Wie mehrfach angesprochen, ist das ist in keiner Weise gelöst.

Damit komme ich zu einem wesentlichen Punkt in der Gegenwart. Sie sind noch im April, Sie versuchen noch, die Probleme, die im März-Lockdown entstanden sind, zu lösen. Wir aber sind in der Gegenwart, wir sind im Sommer, wir reden noch immer von einer knappen halben Million Menschen, die in Kurzarbeit sind; und auch, wenn diese Zahl stark sinkend ist, ist es so, dass die Arbeitsmarktkrise lange andauern wird. Genau dieses Andauern wird im Familienhärteausgleich überhaupt nicht berücksichtigt, damit kann man maximal für drei Monate einen Ausgleich schaffen.

Deswegen möchte ich – und ich habe Ihnen das auch schon direkt gesagt, Frau Minis­terin – jetzt folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Treffsichere Corona Familienhärtefonds“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, die Leistungen aus dem Corona-Familienhärtefonds zeitlich über die Dauer der Krise auszudehnen sowie für eine rasche Bearbeitung der Anträge und eine transparente und nachvoll­zieh­bare Auszahlung zu sorgen.“

*****

(Beifall bei den NEOS.)

Frau Ministerin, das wäre die einzig richtige Antwort auf die Krise, meine Kollegin Fiedler hat das vorher schon sehr schön ausgeführt. Sie haben jetzt Maßnahmen auf den Tisch gelegt, die Zahlungen in der Höhe von Hunderten Millionen Euro an alle Bürgerinnen und Bürger in unserem Land vorsehen, die eine Familie haben oder arbeitslos sind. Das Problem an der Sache ist ein sehr großes: Schütten wir jetzt sehr viel Steuergeld aus, auch an jene, die nicht betroffen sind, dann fehlt erstens das Geld für jene, die wirklich betroffen sind, es fehlt ab dem vierten, fünften, sechsten Monat. Diese Einmalzahlung von 360 Euro hat überhaupt keine mit dem Familienhärteausgleich vergleichbare Wirkung. Sie wissen selbst: Dort wurden quasi 1 300, 1 400 Euro pro Familie ausbezahlt.

Und das andere ist: Alles, was wir jetzt dort, wo wir es nicht benötigen, ausgeben, werden wir in zwei, drei Jahren – wahrscheinlich noch in dieser Legislaturperiode – mit Spar­paketen und Sparmaßnahmen wieder hereinholen müssen. Das ist kein Geschenk an den Mittelstand, das ist kein Geschenk an die Mittelschicht, das ist nichts anderes als ein Versprechen für harte Sparpakete in der Zukunft, und genau das ist unverantwortlich! Einen wirklich funktionierenden Sozialstaat, eine wirklich funktionierende Familienpolitik erkennt man daran, dass sie jenen hilft, die diese Hilfe brauchen, und nicht ziellos im Land herumsteuert.

Ich möchte einen weiteren Punkt anführen, der mir sehr wichtig erscheint: Wenn Sie den Familien helfen wollen, Frau Ministerin, und zwar all jenen Vätern und Müttern, die im Alltag bisher das Homeschooling mit großer Leidenschaft, aber mitunter auch großer Verzweiflung vorangetrieben haben, dann müssen Sie dafür Sorge tragen, dass es Klarheit gibt – für jetzt, aber vor allem für den Herbst, wie es mit den Kindergärten und den Schulen weitergeht.

Einmalzahlungen helfen nichts. Wie wir jetzt gerade gesehen haben, ist wegen eines Verdachtsfalls ein Kindergarten geschlossen worden, 120 Kinder mussten zu Hause bleiben. Nach vier Tagen hat sich herausgestellt, dass es glücklicherweise keine Infek­tion gegeben hat. Das bedeutet: 119 Familien sind wieder vor große Herausforderungen gestellt worden und wahrscheinlich auch 119 Arbeitgeber.

In diesem Sinne: Wollen Sie richtige Familienpolitik machen, so reden Sie mit Ihrem Kollegen, Herrn Faßmann, und machen Sie einen Plan, wie ab sofort sowohl Mütter als auch Väter ihrem geregelten Alltag nachgehen können und Kinder gut betreut und aus­gebildet werden! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

11.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Treffsichere Corona Familienhärtefonds

eingebracht im Zuge der Debatte in der 45. Sitzung des Nationalrats über Einmal­zahlungen Arbeitslose/Kinder (285 d.B.) – TOP 1

Familien wird in Zeiten der Covid-19-Pandemie viel zugemutet und stellt sie vor beispiel­lose finanzielle Herausforderungen. Der Corona-Familienhärtefonds wurde daher ini­tiiert, um Familien, die durch die Covid-19-Krise unverschuldet in finanzielle Schwierig­keiten geraten sind, rasch und unbürokratisch finanzielle Unterstützung zur Bewältigung der Pandemiefolgen zu gewähren. Die Zuwendung wird für die Dauer der Einkom­mensminderung infolge der Corona-Krise, höchstens jedoch für drei Monate gewährt. Die jetzigen Umstände zeigen, dass sich die Dauer der Krise weit über drei Monate ausbreiten wird. Obwohl viele Maßnahmen der Bundes-regierung, wie zum Beispiel die COVID-Kurzarbeit, verlängert, oder sogar neue Hilfspakete auf den Weg gebracht wurden, gibt es keine Bemühungen, die in Not geratenen Familien weiter zu unterstützen und die Bezugsdauer des Corona-Familienhärtefonds zu verlängern. Stattdessen gibt es den Kinderbonus, der als Einmalzahlung mit 360€ pro Kind, die durch die Krise verrin­gerten Einkommen ausgleichen soll und unabhängig vom Bedarf und somit nicht treff­sicher verteilt wird.

Bei der Abwicklung der Anträge des Familienhärteausgleichs kommt es nach wie vor zu großen Problemen. Familien, die bereits im April einen Antrag gestellt haben, haben zum Teil noch immer keine Antwort oder Unterstützung erhalten. Wenn es zur Bearbeitung der Anträge und zu einer Auszahlung kommt, stehen die Antrag-steller_innen vor dem Problem, dass der Bescheid mit keiner Beründung und mit keinem Berechnungs­schlüs­sel übermittelt wird. So ist nicht klar ersichtlich, wie sich der Betrag zusammensetzt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend wird aufgefordert, die Leistungen aus dem Corona-Familienhärtefonds zeitlich über die Dauer der Krise auszudehnen, sowie für eine rasche Bearbeitung der Anträge und eine transparente und nachvoll­ziehbare Auszahlung zu sorgen. "

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht.

Zu dieser Debatte ist niemand mehr zu Wort gemeldet, ich schließe sie.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales und gehe in der Tagesordnung weiter.