16.25

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Schau auf dich, schau auf mich“ – jedem ist dieser Slogan der Coronakampagne noch sehr gut im Ohr. Was steckt dahinter? – Eigentlich ganz einfach: auf sich schauen, auf andere schauen, aufeinander schauen, aber mit dem primären gemeinsamen gesellschaftlichen Ziel, besonders die Risikogruppen, also besonders ältere Menschen, zu schützen.

Es hat funktioniert. Der Appell der Politik hat in eine breite Solidarität mit den älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern in der gesamten Bevölkerung gemündet. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch – das war kein Akt der Gnade oder Goodwill der jüngeren Men­schen, sondern eine ethische und moralische Selbstverständlichkeit.

Für die große Mehrheit der Einzel- und Kleinunternehmer, Kleinunternehmerinnen war es im März eine Selbstverständlichkeit, ihre Läden zu schließen, für die allermeisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in Kurzarbeit geschickt zu werden, für Eltern, zusätzliche Betreuungsherausforderungen anzunehmen, weil Schulen und Kindergärten dichtgemacht haben. Es war also für die Unternehmer, Unternehmerinnen, Arbeit­neh­mer, Arbeitnehmerinnen, Eltern und alle anderen Menschen, die massiv zurückstecken mussten, aus moralischer Sicht selbstverständlich, Rücksicht auf die Omas und Opas, Großtanten, auf die älteren Nachbarn zu nehmen. Dafür haben diese Menschen massiv zurückgesteckt: Rekordarbeitslosigkeit, eine drohende Rezession, Umsatzrückgänge, psychische Belastungen, soziale Probleme – die Liste ist lang, wir haben es heute ja schon gehört.

Der Dringliche Antrag der SPÖ heute ist also auch eine Gelegenheit, über eine Unge­rechtigkeit zu sprechen, die schon sehr lange besteht und sich durch Corona zu einer neuen, akuten Krise zu verschärfen droht. Es geht um das Problem, um das Thema der Generationenungerechtigkeit, es geht um einen Generationenvertrag, der spätes­tens mit den massiven und langfristigen Auswirkungen der Coronakrise – wie Juristen sagen würden – wegen Sittenwidrigkeit neu verhandelt werden müsste.

„Schau auf dich, schau auf mich“ – also aufeinander schauen –: Ich würde mir wün­schen – oder besser gesagt, ich fordere von der Regierung ein –, dass dieses einfache Credo, aufeinander zu schauen, auch im Umgang mit der nächsten Generation gilt, dass ganz einfach auch einmal auf die Jüngeren, auf die nächste Generation geschaut wird.

Was heißt das? – Keine Pensionswahlgeschenke wenige Wochen vor einer Wahl, ein zukunftsfittes Pensionssystem, mehr Investitionen in Bildung, Hochschulen und in eine Arbeitsmarktpolitik, die sich der Herausforderungen von jüngeren Menschen annimmt, und natürlich – last, but not least – Klimaschutzmaßnahmen, die die Auswirkungen des Klimawandels für die junge Generation abfedern.

Leider sind die Signale aber ernüchternd, ich gebe nur drei Beispiele – ich habe es schon angesprochen –: Alle Parteien hier im Hohen Haus – außer die Grünen, weil die damals nicht im Parlament vertreten waren, aber wahrscheinlich hätten sie dann munter mitge­macht – haben wenige Wochen vor der Nationalratswahl Pensionswahlgeschenke ver­teilt, betreffend die sogar FPÖ-Politiker gesagt haben, dass die nicht nachhaltig und po­pulistisch und deswegen abzustellen sind. (Abg. Leichtfried: Na, wenn die das sagen!)

Die Grünen, die vorgeben, dass Nachhaltigkeit an oberster Stelle steht, lassen die kom­menden Generationen im Zusammenhang mit der Pensionspolitik komplett im Regen stehen. Minister Anschober hat gerade das Nachdenken über eine Pensionsreform um ein weiteres Jahr verschoben. Auch in der Klimapolitik scheinen nachhaltige Reformen weiterhin nachhaltig an der ÖVP zu scheitern.

Ein letzter Punkt, der heute schon häufig angesprochen wurde, ist die Arbeitslosigkeit, die in Österreich im Vergleich zum Vorjahr um fast 80 Prozent gestiegen ist. Wenn ich mir die mediale Berichterstattung der letzten Wochen rund um das zuständige Arbeits­ministerium anschaue, sehe ich nicht die geballte Kompetenz, um diesen massiven Herausforderungen entgegenzutreten.

Was ist zu tun? – Wir müssen bereits heute an übermorgen denken, etwas, was wir NEOS immer und immer wieder wiederholen. Wir dürfen nicht warten, bis die Corona­krise vorbei ist, um dann von der nächsten Krise erschlagen zu werden. Wir müssen heute bereits für Generationengerechtigkeit arbeiten, damit die jungen Menschen von heute nicht die Arbeitslosen von morgen, damit die Erwerbstätigen von heute nicht die Armutsgefährdeten von morgen sind.

Was ist also konkret zu tun? – Wir müssen diesen Generationenvertrag, wenn er dann noch besteht, neu verhandeln, und zwar in drei konkreten Bereichen konkrete Maß­nahmen setzen. Ich möchte diese drei Bereiche herausgreifen, die uns dabei besonders wichtig sind: Bildung, Pensionen und Klimaschutz.

Erstens: mehr Investitionen in Bildung, eine innovativere Schule – meine Kollegin Künsberg Sarre wird dazu sicher auch noch einiges sagen und wir haben auch schon viel dazu gesagt –, Exzellenz in der Forschung, wir müssen die Kinderbetreuung ausbauen; die Vorschläge liegen auf dem Tisch.

Zweitens: eine radikale Reform unseres schrottreifen Pensionssystems, einen Pensions­automatismus, um Altersarmut der heute Jungen vorzubeugen, und ganz konkret heute einen Solidarbeitrag von Beziehern besonders hoher Pensionen im Rahmen der Corona­krise, damit auch jene einen Beitrag leisten, die jetzt von den wirtschaftlichen Aus­wirkungen nicht so hart getroffen wurden.

Drittens: wirksame Maßnahmen im Klimaschutz. Damit meine ich nicht grüne PR-Gags wie die Ankündigung der Ankündigung einer Arbeitsgruppe, sondern eine echte ökosoziale Steuerreform, das heißt: Entlastung für die arbeitenden Menschen und eine klare Bepreisung von Schadstoffen. (Beifall bei den NEOS.)

Corona hat vielen jungen Menschen die Zuversicht geraubt. Sie fühlen sich überrollt und kraftlos gegenüber einer Politik, die sie, diese jungen Menschen, nicht im Blick hat. Geben wir den jungen Menschen wieder Zuversicht, neue Zuversicht, und sorgen wir dafür, dass Generationenungerechtigkeit nicht zu einer echten Generationenkrise wird! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Matznetter. – Bitte.