18.11

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren nun einen Vierparteienantrag auf Einrichtung eines neuen, jährlich zu vergebenden Simon-Wiesenthal-Preises durch den Nationalfonds der Repu­blik Österreich.

Die FPÖ hat sich diesem Antrag nicht angeschlossen, nicht wegen inhaltlicher Ein­wände, sondern weil wir als Namensgeber einen alternativen Kandidaten vorschlagen. Ich bringe hiermit einen Abänderungsantrag ein und erläutere ihn wie folgt:

Wir schlagen als Namensgeber Dr. Bruno Kreisky vor; und ich darf Ihnen erläutern, warum. Der Nationalfonds der Republik Österreich ist beim Nationalrat eingerichtet. Die Vergabe des Preises erfolgt durch ein Kuratorium, dem der Nationalratspräsident vorsitzt. Der Fonds wurde eingerichtet, um Personen zu unterstützen, die zwischen 1938 und 1945 aus den verschiedensten Gründen verfolgt wurden oder die das Land verlassen mussten, um Verfolgung zu entgehen.

Nun ist es für uns naheliegend und sinnvoll, als Namensgeber für diesen Preis vorrangig nach einer Person zu suchen, die zum einen einen engen Bezug zum österreichischen Parlament hat und zum anderen zur Zielgruppe des Fonds gehört. Da drängt sich Dr. Bruno Kreisky förmlich auf.

1911 in Wien in eine jüdische Familie geboren, sehr früh politisch aktiv kam er auch aufgrund seines politischen Engagements unter die Räder des austrofaschistischen Regimes und wurde 1936 vor Gericht gestellt. 1938 emigrierte er nach Schweden, es gelang ihm die Flucht, um der Verfolgung aufgrund seiner Herkunft zu entgehen. (Abg. Vogl: ... Dollfuß!) Nach seiner Rückkehr nach Österreich gehörte Bruno Kreisky von 1956 bis 1983 dem österreichischen Nationalrat an, nur unterbrochen durch seine Regierungsämter als Außenminister und Bundeskanzler.

Aufgrund dieser Biografie und dieses Lebensweges ist er aus unserer Sicht prädestiniert als Namensgeber für den Preis des Nationalfonds der Republik Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

Bruno Kreisky hat darüber hinaus mit seiner Persönlichkeit über Jahrzehnte die öster­reichische Innenpolitik geprägt. Er hat sich für mehr soziale Gerechtigkeit eingesetzt. Er wollte Österreich in der Nachkriegszeit auf den Weg in ein sicheres, friedliches und freies Land mit zunehmendem Wohlstand führen und hatte daran, dass dies gelang, seinen guten Anteil, was ihm über alle Parteigrenzen hinweg, wie ich glaube, zugestanden wurde. Er war darüber hinaus Intellektueller, er war Internationalist, er war weltoffen im besten Sinn des Wortes, und er war vor allem und über allem, wie ein sehr enger Weggefährte von ihm beschreibt, ein österreichischer Patriot.

Sein Tod jährt sich in wenigen Tagen zum 30. Mal, und wenn er auch sehr oft betonte, dass er keinen Wert auf Denkmäler nach seinem Tod legen und auch nicht mit Dank­barkeit rechnen würde, so schlagen wir ihn dennoch als Namensgeber für diesen Preis des Nationalfonds vor.

Abschließend erlauben Sie mir bitte noch eine persönliche Anmerkung: Ich werde nachher bei der Abstimmung über diesen Abänderungsantrag selbstverständlich auf­stehen und für Bruno Kreisky votieren, obwohl uns bedauerlicherweise Herr Abgeord­neter Engelberg per Presseaussendung wissen ließ, dass jeder, der das tut und sich für unseren Antrag ausspricht, ein „Outcast“ sei, sich außerhalb der österreichischen Gesell­schaft stellen würde, ein „Außenseiter, mit dem niemand, wirklich niemand mehr etwas zu tun haben“ sollte und möchte, und dass man sich damit abseits des politischen und menschlichen Anstands befände. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich bedauere sehr, Herr Abgeordneter, dass ich in einer Stunde für Sie zu einer Person bar jeden Anstands werde, Sie wahrscheinlich jeden Kontakt zu mir abbrechen werden. Ich weise aber diese Erpressung entschieden zurück. Leider lassen sich Ihre Äuße­rungen auch nicht aus der Emotion heraus erklären, denn im Ausschuss haben wir über diese Sache sehr sachlich diskutiert (Zwischenruf des Abg. Engelberg), da habe ich ja meine Meinung auch schon dargelegt. Ich würde sagen: Sie müssen schon lernen, mit anderen Meinungen leben zu können. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Engelberg.) Das hätten Sie zum Beispiel von Bruno Kreisky lernen können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

§ 53 Abs 3 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Fürst,

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag (644/A) der Abgeordneten Mag. Wolfgang Sobotka, Sabine Schatz, Mag. Eva Blimlinger, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird (341 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der dem obenstehenden Bericht angeschlossene Gesetzesantrag wird wie folgt geän­dert:

„1. In Z 1 wird die Wortfolge „Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises“ durch „Ver­leihung des Bruno-Kreisky-Preises“ ersetzt.

2. Z 2 lautet:

„2. Nach § 2d werden folgende §§ 2e und 2f eingefügt:

„§ 2e. (1) Unbeschadet der Zuwendungen gemäß § 7 wendet der Bund dem Fonds für die Verleihung des Bruno-Kreisky-Preises einen Betrag von jährlich 30 000 Euro zu. Der Bruno-Kreisky-Preis wird einmal jährlich an bis zu drei Personen oder Personengruppen als Auszeichnung für ihr besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Anti­semitismus und für die Aufklärung über den Holocaust verliehen.

(2) Die Ausschreibung des Bruno-Kreisky-Preises hat auf der Website des Fonds für die Dauer von mindestens vier Wochen zu erfolgen. Die Bewerbungen sind an die in der Ausschreibung genannte Stelle elektronisch zu übermitteln, wobei als Tag der Bewer­bung jener Tag gilt, an dem die Bewerbung bei dieser Stelle einlangt. In der Bewerbung sind die Gründe anzuführen, die den Kandidaten als Preisträger geeignet erscheinen lassen. Zulässig sind sowohl Eigenbewerbungen als auch Einreichungen für andere Kandidaten.

(3) Nach Ende der Ausschreibungsfrist sind die eingelangten Bewerbungen an die Mitglieder der Bruno-Kreisky-Jury (§ 2f) zu übermitteln. Diese hat innerhalb von vier Wochen die Bewerbungen auszuwerten und dem Kuratorium einen schriftlichen Vor­schlag für die Preisträger zu unterbreiten. Der Vorschlag kann bis zu fünf Kandidaten sowie eine Reihung derselben enthalten und ist zu begründen.

(4) Nach Vorliegen des Vorschlags der Bruno-Kreisky-Preis-Jury für die Preisträger können die Mitglieder des Kuratoriums Einsicht in die Bewerbungen nehmen. Das Kura­torium entscheidet auf Grundlage des Vorschlags der Bruno-Kreisky-Preis-Jury über die Preisträger.

(5) Die eingelangten Bewerbungsunterlagen sowie die Beratungen der Bruno-Kreisky-Preis-Jury und des Kuratoriums sind vertraulich.

(6) Die Verleihung des Bruno-Kreisky-Preises und die Überreichung der Urkunden an die Preisträger soll im Rahmen eines Festaktes im Parlament erfolgen. Der Bruno-Kreisky-Preis ist jährlich mit 30 000 Euro dotiert, wobei 15 000 Euro auf den Jahrespreisträger und jeweils 7 500 Euro auf die weiteren Preisträger entfallen.

(7) Der Fonds hat ein Verzeichnis aller Preisträger des Bruno-Kreisky-Preises zu führen und dieses auf seiner Website zu veröffentlichen.

§ 2f. (1) Der Bruno-Kreisky-Preis-Jury gehören an:

1. ein Vorsitzender;

2. fünf weitere Mitglieder, wobei eines dieser Mitglieder ein in gerader Linie Verwandter des Preisnamensgebers Bruno Kreisky sein soll. Als andere Mitglieder bestellt werden müssen

a) der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich, der im Ver­hin­derungsfall einen Vertreter entsenden kann,

b) anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen oder kulturellen Lebens im In- oder Ausland oder

c) Personen mit wissenschaftlicher Reputation auf dem Gebiet der Zeitgeschichte oder in einem anderen einschlägigen Wissenschaftszweig.

(2) Die Mitglieder der Bruno-Kreisky-Preis-Jury sind vom Kuratorium für die Dauer einer Gesetzgebungsperiode zu bestellen. Sie bleiben bis zur Bestellung neuer Mitglieder im Amt. Wiederbestellungen sind zulässig. Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, ist die Bruno-Kreisky-Preis-Jury für den Rest der Funktionsperiode durch ein neues Mitglied zu ergänzen.

(3) Die Tätigkeit als Mitglied der Bruno-Kreisky-Preis-Jury ist ehrenamtlich. Die Mitglie­der haben Anspruch auf Reise- und Nächtigungskosten sowie Barauslagen unter sinngemäßer Anwendung der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133/1955, in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Die Einberufung der Sitzungen und die Koordination der Arbeit der Bruno-Kreisky-Preis-Jury obliegen dem Vorsitzenden. Die Bruno-Kreisky-Preis-Jury fasst ihre Be­schlüsse mit Zweidrittelmehrheit, wenngleich auf eine einstimmige Beschlussfassung hinzuwirken ist. Sie ist beschlussfähig, wenn der Vorsitzende und mindestens zwei weitere Mitglieder anwesend sind.

(5) Das Kuratorium kann eine Geschäftsordnung für die Bruno-Kreisky-Preis-Jury beschließen, in welcher durch nähere Regelungen sichergestellt wird, dass die Simon- Bruno-Kreisky-Jury die ihr übertragene Aufgabe ordnungsgemäß erfüllen kann.““

Begründung

Zuständig für die Vergabe dieses Preises ist der beim Parlament eingerichtete Natio­nalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, wobei das vom Nationalratspräsidenten bzw. der Nationalratspräsidentin geleitete Kuratorium auf Basis eines Vorschlags einer sechsköpfigen Jury entscheiden soll.

Der Nationalfonds wurde 1995 gegründet, um die besondere Verantwortung der Repu­blik Österreich gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus zum Ausdruck zu brin­gen. Insofern sollte dieser Preis nach Bruno Kreisky benannt werden, der die Republik Österreich in der Zweiten Republik in hohem Maße prägte.

Als Mitglied der Revolutionären Sozialisten wurde er im Austrofaschismus1 verhaftet und war einer der Angeklagten im Sozialistenprozess von 1936. Als der Nationalsozialismus2 in Österreich die Macht übernahm, musste er nach Schweden emigrieren.

Er kehrte 1951 nach Österreich zurück und wurde in vielfältigen Funktionen3 politisch tätig. Dabei weißt er insbesondere eine enge Verbindung zum österreichischen Parla­ment auf:

1 Die ÖVP und ihr Diktator, Anton Pelinka, Quelle: https://www.zeit.de/2014/08/austrofaschismus-engelbert-dollfuss

2 http://www.kreisky100.at/person/index.html#exil

3 https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_00969/

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Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert und auch an alle Abgeordneten verteilt, damit steht er auch mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Martin Engelberg, ich erteile Ihnen das Wort.