22.10

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Kollegin­nen und Kollegen! 1963 war die Welt noch eine andere. Nur wenige Menschen haben im Ausland studiert oder sind auf die verwegene Idee gekommen, ihre Heimat zu ver­lassen und in der Ferne zu arbeiten, und das wurde damals auch forciert. Der damalige Europarat verabschiedete das Übereinkommen über die Verringerung der Mehrstaatig­keit. Ziel des Vertrages war es, dafür zu sorgen, dass Doppelstaatsbürgerschaften sel­tene Ausnahmen bleiben.

Dieser Zugang ist heutzutage natürlich völlig überholt und nicht mehr zeitgemäß. Es ist auch nicht besonders verwunderlich, dass immer mehr Vertragspartner aussteigen oder zumindest teilweise aussteigen, nur die Niederlande und natürlich Österreich nicht. Ich möchte jetzt an einem Beispiel illustrieren, wie absurd die österreichische Gesetzgebung in Sachen Staatsbürgerschaft teilweise ist.

Zwei Menschen beschließen, mit ihrem Kind nach Schweden auszuwandern. Nach eini­ger Zeit beantragen sie für sich und für ihren damals siebenjährigen Sohn zusätzlich zur österreichischen die schwedische Staatsbürgerschaft. Es ist ja nicht besonders unge­wöhnlich: Wenn man länger im Ausland lebt, dann möchte man auch irgendwann am politischen Geschehen teilhaben, man möchte beispielsweise wählen gehen.

Diese Familie lebt also in Schweden, kauft sich einen Volvo, isst Hering mit Lakritz, feiert Midsommar, schmeißt Christbäume bei Knut aus dem Fenster, was man in Schweden halt so macht, und eines Tages findet der mittlerweile 18-jährige junge Mann einen Brief mit einem Einberufungsbefehl beziehungsweise einer Aufforderung, sich zur Musterung zu begeben, im Postkasten.

Er fährt also nach Österreich und denkt sich: Das ist eine gute Gelegenheit, doch einmal meine Heimat kennenzulernen, Land und Leute besser kennenzulernen, meine Wurzeln zu spüren! – Er geht also zur Musterung, wird für tauglich befunden und wird auch einberufen, und zwar nach Zeltweg, weil man sich gedacht hat: Na, da haben wir Saab und der junge Mann spricht auch Schwedisch – da war man auch sehr stolz drauf –, da soll er doch dienen.

Er leistet seinen Militärdienst ab, fährt dann wieder nach Hause nach Schweden und einige Jahre später beantragt er einen österreichischen Pass, weil sein alter abgelaufen ist. Die österreichischen Behörden hingegen bescheinigen dann: Es ist nicht möglich, dass er einen Pass erhält, denn er ist ja kein österreichischer Staatsbürger, und zwar seit seinem siebten Lebensjahr. – Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!

Dieser Fall ist nicht erfunden; er beschäftigt auch gerade die österreichischen Gerichte. Seine Eltern wussten damals nicht, wie viele andere Eltern auch, dass der Bub, der Sohn, wenn sie die schwedische Staatsbürgerschaft beantragen, einen Beibehaltungs­bescheid braucht. Den hat er nicht, also wurde er von Amts wegen ausgebürgert.

Jetzt denkt man sich: Na ja, das war ein unverschuldeter Fehler, das kann man ja beheben, man kann ihm die österreichische Staatsbürgerschaft auch zurückgeben!, aber: Nein. – Wie gesagt, das beschäftigt im Augenblick noch die Gerichte.

Der Regelfall ist: Wenn ein Elternteil eine fremde Staatsbürgerschaft annimmt, verliert der Erwachsene genau wie die Kinder eben auch die österreichische Staats­bürger­schaft; und ich glaube, wir können uns einig darüber sein, dass das nicht der Fall sein sollte und dass sich das ändern muss. Für viele ist eine zweite Staatsbürgerschaft einfach wichtig für die Karriere oder auch für den Zugang zu Sozialleistungen. Die meisten von ihnen wollen aber trotzdem Österreicherinnen und Österreicher bleiben. Daher habe ich als NEOS-Sprecherin für Auslandsösterreicher zwei Anträge einge­bracht.

Beim ersten Antrag geht es um eine erleichterte Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft bei der Annahme einer zweiten Staatsbürgerschaft – vor allem für Minderjährige, die ja nicht für sich selbst beantragen können. Der zweite Antrag behandelt die circa 180 000 Mitbürgerinnen und Mitbürger, die außerhalb der EU leben. Die verlieren nämlich mit der österreichischen Staatsbürgerschaft auch die Unions­bür­ger­schaft, und da braucht es laut EU-Rechtsprechung eine Verhältnismäßigkeits­prü­fung, die sieht aber unser geltendes Recht derzeit noch nicht vor. Ich hoffe, dass diese beiden Anträge auch ohne parteipolitische Kontroversen angenommen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

22.15

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Außenpolitischen Ausschusses.