13.05

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat gerade ver­sucht, sehr konsensual den Antrag in ein rechtes Licht zu rücken, aber ich muss Kollegen Kucher recht geben. Wir haben es wieder einmal mit einer Materie zu tun – einer Erwei­terung der Befugnisse der Polizei über das Epidemiegesetz –, die sich in einem Tages­ordnungspunkt versteckt, in dem es eigentlich noch um zwei ganz andere Themen geht: um das Kommunalsteuergesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Zu diesen beiden Punkten haben wir ja auch überhaupt keine Einwände und signalisieren klare Zustimmung. Dass diese Änderung des Epidemie­gesetzes über den Wirtschaftsausschuss wieder in den Tagesordnungspunkt hinein­gepackt worden ist, ist eine Unart, die sich in den letzten Monaten etabliert hat und die wir ganz klar ablehnen. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Nun zur Sache selber: Niemand streitet ab, dass in einer Krise, in einem echten Notfall auch die polizeilichen Sicherheitskräfte den Gesundheitsbehörden unterstützend zur Seite eilen sollen und dürfen. Das haben wir im Epidemiegesetz schon festgehalten, und dafür sind wir auch zu haben. Wir sind aber ganz klar dagegen, dass die Polizei nun angehalten ist, Gesundheitsdaten der Bevölkerung zu sammeln. Es gibt kaum sensiblere Daten in unserem Land als Gesundheitsdaten von Herrn und Frau Österreicher, und diese gehören in die verantwortungsvollen Hände der Gesundheitsbehörden und nicht in die Hände der Polizei oder eines machtbesessenen Innenministers, der am liebsten die eigene Bevölkerung bis in die eigenen vier Wände bespitzeln und ausspionieren möchte – ich sage nur Bundestrojaner. (Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, sich in Ihrer Ausdrucks­weise zu mäßigen.

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (fortsetzend): Jawohl! – Jetzt möchte er auch noch alle Gesundheitsdaten haben. Die haben dort nichts verloren, sie sind bei den Ge­sundheitsbehörden am besten aufgehoben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn tatsächlich 100 Neuinfektionen pro Tag unsere Gesundheitsbehörden in der Kon­taktnachverfolgung vor unlösbare Aufgaben stellen, frage ich mich, Herr Gesundheitsmi­nister: Was haben wir denn in den letzten vier Monaten in Österreich gemacht? (Bundes­minister Anschober: Gearbeitet!) Wo ist denn die notwendige personelle Aufstockung bei den Gesundheitsbehörden, damit die von Ihnen versprochene Kontaktnachverfol­gung binnen 24 Stunden auch tatsächlich umgesetzt werden kann? Warum hat man denn nicht personell aufgestockt?

Wenn schon ein Hilfsansuchen gestellt werden muss: Warum wird nicht zum Beispiel bei der ÖGK nach den Chefärzten des Medizinischen Dienstes gefragt, oder warum re­krutiert man nicht Schulärzte? All das wäre im Rahmen des Epidemiegesetzes möglich. Warum greift man nicht auf die mehr als 500 arbeitslosen Ärztinnen und Ärzte zurück, engagiert sie, gibt ihnen eine berufliche Perspektive und lässt sie im Sinne der Gesund­heit und der Gesundheitsbehörden arbeiten? Das wären die richtigen Maßnahmen. Da­für braucht man nicht die Polizei und auch nicht das Bundesheer. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Anschober: Weil das nicht möglich ist!) Natürlich geht das nicht von einem Tag auf den anderen, aber wir haben dafür jetzt vier Monate Zeit gehabt, Herr Bundesminister. (Bundesminister Anschober: Ja, Sie vielleicht, wir haben es anders gemacht!)

Das bringt mich zum nächsten Thema. Ich glaube, wir brauchen einen Paradigmen­wechsel. Wir brauchen kein ziel- und planloses Testen, Testen, Testen mehr, sondern wir brauchen Daten, Daten, Daten. Wir brauchen eine evidente Zahlenbasis dafür, was wir denn überhaupt planen müssen, mit welchen Ressourcen wir planen müssen und wie wir in dieser Krise weiter vorgehen. Wir müssen endlich eine echte Teststrategie fahren. Sie müssen sich ein bisschen ein Beispiel an Oberösterreich oder Wien nehmen, wo jetzt endlich die Teststrategie dahin gehend geändert wurde, dass auch Kontaktper­sonen, die noch keine Symptome zeigen, getestet werden. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober.)

Wir brauchen auch die zusätzlichen Zahlen darüber, wie hoch die falsch positiven Zahlen bei den PCR-Tests tatsächlich sind: Haben wir 1 Prozent, 10 Prozent oder 50 Prozent falsch positiv Getestete? Wann erfahren wir endlich, wie exakt die PCR-Tests sind? Wann erfahren wir endlich, wie hoch die Durchseuchungsrate in Österreich ist? Wann kommen endlich die flächendeckenden Antikörpertests, über die wir uns schon seit ein­einhalb Monaten unterhalten? Die Ischgl-Studie hat ja gezeigt, dass die Zahlen so va­riieren können, dass uns nur eine flächendeckende Erhebung Sicherheit geben kann. Wann kommen endlich die Obduktionen, damit wir wissen, ob jemand nur mit oder an dem Coronavirus gestorben ist?

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich glaube, die Österreicherinnen und Österreicher haben es verdient, dass wir auf wissenschaftlicher Datenbasis Entscheidungen treffen und die Krise mit den gelindestmöglichen Maßnahmen bekämpfen. Eine Zwangsvergat­terung der Polizei zur Erfassung von Gesundheitsdaten gehört mit Sicherheit nicht dazu. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

13.10

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte. (Abg. Loacker: Jetzt die Grünen im Einsatz für die Polizei! – Abg. Schallmeiner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Soll es geben, Herr Kollege Loacker!)