14.12

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem Frau Kollegin Yılmaz! Sie haben im Zusammenhang mit unserem Antrag mehrfach das Wort wunderbar verwendet, da wird mir ganz warm ums Herz. – Danke.

Ich möchte aber trotzdem sagen, dass Sie keine Angst zu haben brauchen, dass wir unsere eigenen Anträge nicht ernst nehmen. Und Sie brauchen auch nicht dem Herrn Innenminister schulmeisterlich auszurichten, an welche Fristen er sich zu halten hat. (Zwischenrufe der Abgeordneten Bayr und Yılmaz.) Das kennen wir aus der Grund­schule, vielleicht aus der Oberstufe. Wir werden unsere Anträge selbstverständlich ernst nehmen, sonst bräuchten wir sie auch nicht zu schreiben. (Abg. Shetty: Warum macht ihr es dann nicht einfach?) So ist das, Frau Kollegin Yılmaz. (Abg. Leichtfried: Ich glau­be, so ist das nicht!)

So, nun zum Inhalt des TOP 9: Wir haben im Regierungsprogramm vorgesehen, dass wir faire und qualitätsvolle Asylverfahren sicherstellen wollen. Da muss ich vielleicht noch eine Erklärung voranstellen, nämlich: Wir haben uns im Regierungsprogramm na­türlich auch auf eine restriktive Migrationspolitik geeinigt. Um diese beiden Dinge – eine restriktive Migrationspolitik und trotzdem Asylverfahren, die sensibel und menschen­rechtskonform sind und die Menschenwürde achten – geht es in diesem Antrag, das widerspricht sich nicht.

Wir haben hier zwei vulnerable Gruppen hervorgehoben, weil wir in der Praxis gesehen haben, dass gerade dort die meisten Probleme liegen. Das sind einerseits Menschen mit einer gleichgeschlechtlichen sexuellen Orientierung und andererseits Menschen, die sich vom Islam einer anderen Religion – und das ist laut Statistik meistens das Chris­tentum – zuwenden. In vielen Ländern der Welt – man möge es nicht glauben – sind diese beiden Gruppen mit Tod und Gefängnis bedroht. Wenn so jemand zu uns kommt, dann hat er bei uns in Österreich einen Asylgrund nach der Genfer Flüchtlingskonven­tion, stößt aber trotzdem auf Schwierigkeiten.

Ich möchte Ihnen jetzt drei Problembereiche nennen, in denen so jemand in Österreich Schwierigkeiten haben kann. Das erste ist, dass er einer Scheinkonversion, um hier bleiben zu können, verdächtigt wird, oder ihm unterstellt wird, die sexuelle Orientierung nur vorzugeben, weil er Asyl haben möchte. Ich gestehe zu, dass es Fälle geben wird, in denen so etwas vorgeschoben wird. Wir können aber nicht zulassen, dass da ein Generalverdacht ausgesprochen wird.

Es ist ganz wichtig, dass die Behörde in einem Verfahren feststellt, was stimmt und was nicht stimmt, und im Zuge dieser Feststellung zuerst einmal sensibel vorgeht. Das betrifft auch die Fragestellung: Es ist uns eine Reihe von Schwierigkeiten zu Ohren gekommen betreffend Fragen, die man einfach nicht so stellen kann, die auch nicht aussagekräftig sind. Das Bundesministerium für Inneres hat ein eigenes Referat für Qualität und Ausbil­dung eingerichtet, um dieser Frage gerecht zu werden.

Gleichzeitig aber wünschten wir uns, dass in der Einschätzung durch die Behörde ernst genommen wird, was zum Beispiel eine gesetzlich anerkannte Kirche sagt. Wenn zum Beispiel eine gesetzlich anerkannte Kirche sagt: Ich habe mir den angeschaut, ich habe den ein Jahr lang vorbereitet, habe den getauft!, dann ist das natürlich für die Behörde relevant. Und diese Relevanz wollen wir unterstreichen. Das Gleiche gilt für zivilgesell­schaftliche Organisationen, die diese Leute betreuen. Auch die sollen miteinbezogen werden. – Das ist Punkt eins: keine Verdächtigung, kein Generalverdacht von vorge­schobenen Argumenten.

Punkt zwei: Flüchtlinge, die aus diesen beiden betroffenen Gruppen kommen, berichten immer wieder, dass ihre Aussagen falsch übersetzt worden sind, dass sie erlebt haben, dass der Übersetzer, der natürlich teilweise aus dem Kulturkreis kommt, selber Vorbe­halte gegen zum Beispiel die sexuelle Orientierung oder gegen die Konversion dieses Menschen hat. Da ist es ganz wichtig, dass wir sicherstellen, dass die Dolmetscher ge­eignet sind und keine persönlichen Abneigungen mitbringen.

Ein dritter Problembereich sind die Asylheime. Ich habe Zahlen aus Deutschland, die nicht ganz aktuell sind – wir haben dazu keine Statistiken –, aber sie helfen, um zu il­lustrieren: In Deutschland ist 2017 von 750 Übergriffen auf Konvertiten in Asylheimen berichtet worden. Ich weiß, 2017 ist nicht 2020, es ist Deutschland und nicht Österreich, aber dennoch kann man etwas aus dieser Zahl mitnehmen. Was sind das für Übergrif­fe? – Zum Beispiel ein Ausschluss von der Küchenbenützung oder der Benützung des gemeinsamen Bades, weil man sagt, der sei unrein. Das kennt man aus den Her­kunftsländern. Das haben wir auch in den Asylheimen. Das deutsche Bundeskriminalamt hat im Jahr 2017 insgesamt 100 christenfeindliche Straftaten in diesem Kontext vermel­det. Das müssen wir uns anschauen.

Die Erzdiözese Wien ist Anlaufstelle für Konversionen jener, die katholisch werden wol­len, und da gibt es einmal im Jahr eine Zulassungsfeier. Sie sagt interessanterweise, dass sie diese Zulassungsfeier aus Sicherheitsgründen immer an unterschiedlichen Or­ten machen will, und nie im Stephansdom, weil das zu gefährlich sei. Die Evangelische Kirche spricht von ähnlichen Vorkommnissen. Das alles wirft nur Lichter auf ein größeres Problem.

Was unterm Strich übrig bleibt – und darum unser Antrag –: Bei vulnerablen Gruppen müssen wir besonders sensibel sein, wir müssen besonders wachsam sein und wir müs­sen die Menschen so schützen, wie sie es brauchen. Faire Asylverfahren sind, auch wenn man eine restriktive Migrationspolitik betreibt, einfach eine Frage des Anstands, der Menschenrechte und der Menschenwürde. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.18

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.