15.03

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuschauerInnen in Österreich und überall sonst auf der Welt! Wir haben gestern in der österreichisch-chinesischen Freundschaftsgruppe der Abgeordneten ein Gespräch gehabt, bei dem auch der chinesische Botschafter anwe­send war. Wie man es von chinesischen Diplomaten erwarten kann, ist er sehr gebildet, sehr gescheit, spricht sehr gutes Deutsch. Wir haben auch eine nette Diskussion geführt, aber man kommt mit chinesischen Offiziellen immer sehr schnell an eine Mauer, an der sie sagen: Keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten!

Jetzt kenne ich das natürlich aus Gesprächen in der früheren DDR, man durfte sich nicht einmischen, obwohl ja der KSZE-Prozess ab 1975 genau das ermöglicht hat, nämlich dass es einen Dialog gegeben hat und dass auch zwischen Ost und West die Menschen­rechtsfrage besprochen wurde. Ich habe es gestern gesagt und werde es hoffentlich noch oft sagen können: Die universellen Menschenrechte sind etwas, worüber wir nicht diskutieren dürfen. Das müssen wir als etwas Selbstverständliches in jede dieser Diskus­sionen hineinbringen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Meine Vorrednerinnen haben schon sehr gut erklärt – danke, Frau Kollegin Grünberg, danke an alle anderen! –, was im Organhandel passiert. Ich glaube, es ist ganz wesent­lich, dass wir den Dialog mit China weiter vorantreiben, aber auch sagen, wir wollen, dass es Möglichkeiten gibt, das zu überprüfen. Wir wollen diese Straflager überprüfen, wir wollen sehen, was vor Ort passiert. Das gehört zu einer Kooperation dazu, die wir ja mit China wollen.

Was auch dazugehört, ist, dass wir einen Dialog über Hongkong führen wollen. Wir haben gestern schon darüber diskutiert: Was sich dort im Moment abspielt, ist auch des­wegen sehr, sehr gefährlich, weil offensichtlich ein internationaler Vertrag gebrochen wird. Ich möchte auch von dieser Stelle diesen unglaublich vielen mutigen – sehr oft jungen – Menschen in Hongkong zurufen: Wir schauen zu, was dort passiert, und wir unterstützen euch!

Ich habe ein Buch von Joshua Wong mitgebracht (eine Ausgabe des Buchs „Unfree Speech“ in die Höhe haltend), er war vor zwei Tagen in der „ZIB 2“ zu sehen; ich weiß nicht, wer ihn gesehen hat. Er und Nathan Law sind zwei, die sehr, sehr mutig in Hong­kong auf die Straße gehen und auch schon für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurden. Dieser Bursche ist seit dem Alter von 14 Jahren ein politischer Aktivist. Vor drei Jahren ist er für ein halbes Jahr eingesperrt worden, weil er an öffentlichen Demonstra­tionen teilgenommen hat. Er ist ein witziger Bursche; das sieht man, wenn man das Buch liest. Er beschreibt, wie er als Kind Legasthenieprobleme hatte, gewisse chinesische Zeichen nicht so gut erkennen konnte, aber immer reden, reden, reden wollte. Und mit seinem Reden tut er alles für die Freiheit. Ich glaube, wir müssen ihn unterstützen und dieses Signal soll von hier ausgehen. (Beifall bei den NEOS.)

Jetzt kommt aber noch ein wesentlicher politischer Punkt dazu, der Europa betrifft: Was haben wir denn am Balkan in den letzten Monaten erlebt? – Wir haben erlebt, dass ein Präsident wie Aleksandar Vučić gesagt hat: Die Chinesen sind unsere besten Freunde. Gestern hat es per Video eine Veranstaltung gegeben, an der Orbán, Vučić und auch der slowenische Ministerpräsident Janša teilgenommen haben. Sie haben dort wieder sehr deutlich gesagt: Osteuropa und Mitteleuropa gegen Westeuropa, illiberale Demo­kratie gegen die Demokratie in Europa. Gleichzeitig aber lassen sie sich von einem auto­ritären Regime unterstützen und dann erzählen sie uns, sie seien christlich. Was jetzt? Mit der chinesischen Autokratie angeblich christlich gegen das liberale Westeuropa? – Das passt nicht zusammen.

Auch diese Diskussion können wir diesen Ländern nicht ersparen. Wir wollen die liberale Demokratie in Europa. Ich jedenfalls bin dafür, dass die Balkanländer natürlich in die EU aufgenommen werden, aber sie werden verstehen müssen, in eine liberale, offene De­mokratie und auch in eine, die sich nicht von China unter Druck setzen lässt, aufgenom­men zu werden. Dass das stattfindet, wissen wir. Es gibt auch diese 17+1-Gruppe, mit der die Chinesen versuchen, einen Spaltpilz nach Europa hereinzutragen. Auch dage­gen müssen wir uns wehren. (Beifall bei den NEOS.)

Jetzt habe ich noch einen Antrag mitgebracht:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verlet­zung der Grund- und Freiheitsrechte von in Hongkong aufhältigen Menschen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internatio­nale Angelegenheiten, wird aufgefordert, sich unmissverständlich für eine gemeinsame europäische Position zur Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen in China wie auch der Verletzung des internationalen Abkommens zum Hongkonger Sonderstatus auszusprechen und sich dafür einzusetzen, dass auch nicht-EU-Staaten, die wegen ih­rer Menschenrechtshaltung von China mit Sanktionen bedroht werden, europäische So­lidarität erfahren.

Weiters solle die Bundesregierung alle rechtlich bestehenden Möglichkeiten ausschöp­fen, aus politischen Gründen aus Hongkong fliehenden Menschen in Österreich so rasch und unbürokratisch wie möglich Schutz zu gewähren.“

*****

Wie gesagt, Nathan Law ist bereits geflüchtet, andere werden möglicherweise auch flie­hen. Sie sprechen sehr gut Englisch, sie gehen wahrscheinlich in englischsprachige Län­der. Aber wenn es jemanden gibt, der sagt, er braucht bei uns Schutz, dann müssen wir diesen Schutz geben.

Wir müssen uns einfach die Bilder davon anschauen, was jetzt in Hongkong passiert. Erinnern wir uns an den Sommer 1989, an den Tank Man. Dieser mutige Student, dieser junge Mann mit den zwei Einkaufssackerln vor den Panzern, führt zum ursprünglichen Thema zurück. Wir wissen nicht genau, wie es mit ihm geendet hat, wahrscheinlich ist er getötet worden, wir wissen es nicht. Gegen die Unsichtbarkeit dieses Regimes aber müssen wir auftreten. – Ich danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

15.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Verletzung der Grund- und Freiheitsrechte von in Hongkong aufhältigen Menschen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 47. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über die Bürgerinitiative Nr. 4/BI betreffend „Wir Österreicher wollen keine Organe aus China haben, für die unschuldige Menschen getö­tet wurden.“ (246 d.B.) – TOP 11

Die Tötung von Menschen zum Zwecke der Organentnahme stellt eine barbarische Form der Verletzung des Rechtes auf Leben dar. Der chinesische Staat verletzt aber regelmä­ßig auch andere Rechte von in China aufhältigen Menschen. Die international bekann­testen Betroffenen sind zwischen Provinzen migrierende Wanderarbeiter_innen und ethnische und religiöse Minderheiten wie die Tibetaner_innen und die Uigur_innen. Hin­zu kommt nun der Konflikt um die ehemalige Kronkolonie Hongkong. Neben Menschen­rechten werden auch internationale Abkommen über den Status des Territoriums und die darin eingegangene Verpflichtung verletzt, die bis 2047 zu respektieren wären.

Die Regierung in Peking hat sich vertraglich zur Wahrung einer Hongkonger Autonomie unter dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ bis zum Jahr 2047 verpflichtet. Nur Außen- und Verteidigungspolitik unterstehen bis zu diesem Zeitpunkt der chinesischen Zentral­regierung. Die neu erlassenen Sicherheitsgesetze ermöglichen es den Pekinger Sicher­heitsbehörden nun aber unter anderem:

•           ein Büro für nationale Sicherheit mit chinesischem Personal in Hongkong zu eröffnen, um Geheimdienstinformationen zu sammeln;

•           alle Kritik an Chinas Führung und alle Aktivitäten, die als auf Unabhängigkeit ab­zielend bewertet werden, zu verbieten;

•           Verdächtige (inklusive Ausländer_innen) in manchen Fällen nach China aus-zu­liefern, um sie dort zu verurteilen;

•           die Interpretation von Gesetzen in Peking vorzunehmen, wobei bei unterschiedli­chen Interpretationen zwischen Hongkong und Peking die der Zentralregierung überwiegt;

•           in manchen Fällen Gerichtsverfahren hinter geschlossenen Türen abzuhalten;

•           in Hongkong eine Nationale Sicherheitskommission einzurichten, die unter der Kontrolle eines chinesischen Beraters arbeitet;

•           ausländische NGOs und Presseagenturen zu kontrollieren.

Die EU Kommissionspräsidentin, Großbritannien und die G7 Außenminister haben die Sicherheitsgesetze bereits als klaren Verstoß gegen das Grundgesetz (Basic Law, ver­einbart zwischen Großbritannien und China) und die Bedrohung der Rechtsstaatlichkeit verurteilt. Amnesty International nennt die Sicherheitsgesetze „die größte Bedrohung für die Menschenrechte in der jüngeren Geschichte der Stadt“.

Als Reaktion erwägt die australische Regierung nun, Hongkonger_innen durch die Ver­gabe von Sondervisa Schutz zu bieten. Auch Großbritannien hat eine Lockerung der Einwanderungsgesetze für Hongkonger_innen angekündigt. Einerseits sind viele der Hongkonger Aktivist_innen, die unter den Sicherheitsgesetzen bedroht sind, sehr gut ausgebildet und daher hocherwünschte Einwander_innen. Andererseits hat Peking be­reits Vergeltungsmaßnahmen, vor allem im Wirtschafts- und Handelsbereich, im Falle von Einmischung angekündigt. Je breiter die internationale Front, desto geringer Pe­kings Möglichkeit, durch Sanktionen internationale Verurteilung und Maßnahmen zu un­terbinden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und interna­tionale Angelegenheiten, wird aufgefordert, sich unmissverständlich für eine gemeinsa­me europäische Position zur Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen in China wie auch der Verletzung des internationalen Abkommens zum Hongkonger Sonderstatus auszusprechen und sich dafür einzusetzen, dass auch nicht-EU-Staaten, die wegen ih­rer Menschenrechtshaltung von China mit Sanktionen bedroht werden, europäische So­lidarität erfahren.

Weiters solle die Bundesregierung alle rechtlich bestehenden Möglichkeiten ausschöp­fen, aus politischen Gründen aus Hongkong fliehenden Menschen in Österreich so rasch und unbürokratisch wie möglich Schutz zu gewähren."

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag.a Faika El-Nagashi. – Bitte schön, Frau Ab­geordnete.