16.11

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich darf zum Pflanzenschutzmittelgesetz Stellung nehmen. Das Pflanzenschutzmittelgesetz beinhaltet in erster Linie Kompetenzbereinigungen und eini­ge EU-Verordnungen, beispielsweise betreffend die Zulassung. Es gibt eine europaweite Zulassung, es muss in den einzelnen Ländern eine entsprechende Zulassung bestehen. Es gibt eigentlich für die Inverkehrbringung nur mehr die Länder als Kompetenzstelle, auf der anderen Seite ist in Österreich für die Zulassung natürlich der Bund zuständig. Inhaltlich verändert sich dadurch aber betreffend den Einsatz und die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht wirklich etwas, es geht einfach um notwendige Anpassun­gen. (Abg. Leichtfried: Es ändert sich schon was!)

So gesehen war es ja auch nicht verwunderlich, dass wir uns im Ausschuss am 25. Juni im Wesentlichen mit der Thematik Glyphosat beschäftigt haben. Ich will einfach versu­chen, auch wenn ich weiß, dass es nicht bei allen ankommen wird, zumindest nicht bei der SPÖ, zu erklären, wo man in Österreich noch Glyphosat in der Landwirtschaft verwen­det oder warum wir es in einem Bereich brauchen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Dazu muss man im Vorfeld wissen, wenn man die Veränderungen in der Landwirtschaft in den letzten 30 Jahren betrachtet, dass sehr viele bäuerliche Familien auf ihren Acker­flächen Winterbegrünung betreiben. Das hat es vor 40, 50 Jahren im Verhältnis nicht gegeben, das hat man vorwiegend mit dem EU-Beitritt eingeführt. Es geht um die The­matik der Düngerauswaschung, also Nitrat, dass Dünger, wertvoller Dünger weiter in den Boden geht und irgendwann vielleicht ins Grundwasser kommt. Mit einer Winterbe­grünung mit Zwischenfrüchten bindet man diese Düngemittel, sprich das Nitrat, den Stickstoffdünger. (Abg. Leichtfried: ... nicht mehr ausbringen, wäre auch eine Idee, oder?!) – Langsam, Herr Leichtfried, du kennst dich da nicht aus! Herr Kollege, es ist gescheiter, du bist vielleicht ruhig und redest da nicht mit, sondern hörst einfach zu, wenn ich die Empfehlung aussprechen darf, auch wenn es für einen Klubobmannstellvertreter vielleicht ein bisschen hart ist, wenn man ihm das sagt! (Abg. Matznetter: Das wären dann biologische ...! – Abg. Leichtfried: Schau dich einmal um in der Südsteiermark, wie das ausschaut ...!)

Dazu kommt, dass man im Sinne einer Minimalbodenbearbeitung hergegangen ist und versucht, Zwischenfrüchte anzubauen, die nach Möglichkeit durch den Frost im Winter abfrosten. Das heißt, man hat die gute Wirkung gegen das Auswaschen von Nitrat ins Grundwasser, gleichzeitig hat man im Frühjahr – wenn die Zwischenfrucht abgefrostet ist und man dann zum Beispiel eine Direktsaat oder eine Mulchsaat macht, egal, ob das Mais ist, Sojabohne, Zuckerrübe oder was auch immer – eine entsprechende Boden­struktur und bei Niederschlägen gibt es kein Auswaschen beziehungsweise kein Ab­schwemmen. Damit verhindern wir viele Erosionsschäden und Probleme in der Landwirt­schaft.

Wenn der Winter mild ist und die Zwischenfrüchte nicht abfrosten, dann wird das Un­krautbekämpfungsmittel Roundup eingesetzt, wo der Wirkstoff Glyphosat drinnen ist, damit man diese Zwischenfrüchte sozusagen spritzt, und dann sterben sie ab. Das hat mit einer anderen Verwendung – was allerweil wieder in den Raum gestellt wird, die sogenannte Sikkation, heißt: Einsatz von Glyphosat kurz vor dem Abernten, beispiels­weise von Getreide – überhaupt nichts zu tun. (Abg. Cornelia Ecker: Lesen Sie die Be­richte! Wird noch immer gemacht!)

Nur so viel, damit die SPÖ das vielleicht auch versteht: Bei uns ist auch die Zulassung verboten, nicht nur die Verwendung, auch die Zulassung zur Sikkation ist verboten, aber man braucht es sinnvollerweise noch bei der Direktsaat, wenn man an eine Hanglage und Zwischenfrüchte denkt. Dort macht es Sinn, und es gibt derzeit auch keine Ersatz­produkte, damit wir diese Erosionsschäden vermeiden können. Das ist der einzige Be­reich, in dem wir es in der Landwirtschaft brauchen.

Wenn man sich auf der anderen Seite anschaut, wo Glyphosat wirklich eingesetzt wor­den ist, in Mengen, die nicht gescheit waren, dann sieht man, das sind vor allem Haus­gärten, bei den ÖBB und in solchen Bereichen. Die Bauern können es sich in Wirklichkeit gar nicht leisten, dass sie so teure Spritzmittel in Mengen einsetzen, die nichts bringen. (Abg. Matznetter: Daher verbieten ...! – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Daher, bitte gar schön: Darüber ein bisschen nachdenken, wo man es tatsächlich braucht, und nicht nur hineinplärren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein bisschen eine Gelassenheit darf man vielleicht haben, und es schadet manchmal nicht, wenn man darüber nachdenkt.

Wenn wir schon beim Thema Landwirtschaft sind: Der Weg von der Pflanzen- und Fut­termittelproduktion zu den Lebensmitteln ist ja nicht weit. Man hat in der Zeit, vor einigen Monaten, als Corona intensiv war, auf einmal eine gewisse Wertschätzung gegenüber der Landwirtschaft gespürt, die einfach systemerhaltend ist und die Lebensmittel produ­ziert. Davon sind wir mittlerweile wieder weit weg, und es ist viel Bewusstseinsarbeit in die Richtung notwendig, wenn man an Lebensmittel denkt, regional, saisonal und hei­misch zu kaufen.

Es ist nicht lustig für die österreichische Landwirtschaft, wenn es Handelsketten gibt, die beispielsweise tschechische Milch in Deutschland verarbeiten lassen und die Butter dann in Österreich verkaufen – und man suggeriert, das wäre eh etwas Regionales, noch dazu zu Preisen, die eigentlich Spott und Hohn sind. Hie und da wäre es nicht schlecht, wenn wir darüber nachdächten, was der Wert der Lebensmittel ist, aber wenn wir mehr in Richtung saisonal, regional und heimisch kaufen denken, dann, glaube ich, ist das schon viel wert.

Was die Landwirtschaft in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen wird, sind die Aus­wirkungen dessen, wie es in der Gemeinsamen Agrarpolitik weitergeht, also wenn man an die GAP denkt. Persönlich habe ich nicht wirklich Verständnis dafür, dass man inner­halb der EU über Flächenstilllegung nachdenkt. Viel sinnvoller wäre es, wenn wir auf diesen Flächen zum Beispiel Soja anbauen, Eiweißfutter in Europa produzieren, das wir in Wirklichkeit eh brauchen.

Wir dürfen durchaus kritisch darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, eine Verpflichtung zur biologischen Landwirtschaft von 25 Prozent der Flächen zu machen. Was heißt denn das in Wirklichkeit? – Dass biologische Produkte, die derzeit am Markt sind, wesentlich unter Preisdruck kommen, wenn man verpflichtend sagt: 25 Prozent Bioprodukte; wenn man gleichzeitig weiß, dass der Absatz 5, 6 Prozent ausmacht. Man sollte also innerhalb Europas nachdenken, ob das wirklich gescheit ist, wenn man an diese Dinge denkt.

Auf der anderen Seite muss man auch schauen, welche nationalen Akzente man in die­sem Bereich setzen kann. Persönlich bin ich aber schon froh, dass es ein klares Be­kenntnis dieser Bundesregierung gibt, wenn man sich das Regierungsprogramm an­schaut, dass man versuchen wird, jeden Euro, den man in Brüssel abholen kann, auch abzuholen, und wenn es – unter Anführungszeichen – „Verwerfungen“ gibt oder Dinge fehlen, dass man sich bemüht, das auch national auszugleichen – denn diese Gelder, die die bäuerlichen Familien da kriegen, sind nichts anderes als ein Ersatz für Leistun­gen, die wir für die Gesellschaft bringen.

Oder sagen wir es einmal ganz direkt: Dass es so billige Konsumentenpreise für die Lebensmittel gibt, hängt unmittelbar damit zusammen, dass diese öffentlichen Zahlun­gen ein gewisser Ausgleich für die Landwirtschaft sind, denn hätten wir gerechtere Pro­duktpreise, müssten die Lebensmittel wesentlich mehr kosten. (Abg. Vogl: Hätten wir einen g’scheiden ÖVP ... gehabt ...!)

Wenn wir durchschnittlich 10 Prozent unseres Einkommens für Lebensmittel verwenden, dann, glaube ich, dürfen wir darüber nachdenken, ob es da nicht gewisse Potenziale in Richtung Zukunft gibt. So gesehen würde manchmal, egal, ob es jetzt um den Pflanzen­schutz oder um andere Dinge geht, etwas mehr Sachlichkeit in der Diskussion der bäuer­lichen Landwirtschaft und mehr Wertschätzung gegenüber den bäuerlichen Familien guttun. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Greiner.)

16.19

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordnete Ecker zu Wort gemeldet. – Sie kennen die Bedingungen für die tatsächli­che Berichtigung, Frau Abgeordnete.