18.22

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehern und via Livestream! Ich bin in der unglücklichen Lage, genau zwischen Temelín und Dukovany zu wohnen, und zwar ziemlich genau in der Mitte. Ich habe mich auch schon damals, vor 20 Jahren, ganz massiv gegen das AKW Temelín eingesetzt. Als das Melker Abkom­men hier im Haus verhandelt worden ist, bin ich draußen gestanden und habe gegen die Inbetriebnahme demonstriert.

Damals wurde auch ein sehr wichtiger Punkt erreicht: Es gibt einen erhöhten Informa­tionsaustausch zwischen Tschechien und Österreich, und den sollten wir auch nutzen, um den Vorfall, der sich am 15. Mai ereignet hat, aufzuklären. Ich vertraue auf die Minis­terin und das Kabinett, dass das entsprechend passiert. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Herr.)

Ich erwähne das auch deshalb, weil es sich da nicht um einen Ines-2-Störfall handelt, bei dem grundsätzlich Informationen weitergegeben werden müssten. Diesen Informa­tionsaustausch bräuchten wir auch bei anderen Atomanlagen, die an unseren Grenzen stehen. Wir haben da auf dieser bilateralen Ebene noch Handlungsbedarf, damit das in Zukunft auch besser funktioniert. Nur wenn wir über die Zwischenfälle Bescheid wissen, wissen wir auch über das Risiko Bescheid, mit dem wir konfrontiert sind, und in die Rich­tung müssen wir uns entwickeln.

Es freut mich, dass es da die Initiative der SPÖ gegeben hat, das im Umweltausschuss zu behandeln, und dass wir in den Verhandlungen einen gemeinsamen Entschließungs­antrag formulieren konnten, den ich hiermit auch einbringen möchte:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Nikolaus Prinz, Julia Elisabeth Herr, Walter Rauch, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufklärung des Zwi­schenfalls und Stilllegung des AKW Temelín“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene und bilateral mit Tschechien dafür einzusetzen, dass

- eine intensive, transparente und vollständige Aufklärung des Zwischenfalls im AKW Temelín mit und durch die tschechischen Verantwortlichen erfolgt und Österreich von den Ergebnissen umfassend und zeitnah in Kenntnis gesetzt wird,

- es zu keinen Verlängerungen des Betriebs des Kraftwerks kommt und das AKW vom Netz genommen und stillgelegt wird.“

*****

Es freut mich auch, dass wir im Umweltausschuss noch ein zweites Thema anschneiden konnten, und zwar sind das die Atommüllendlager. Da kommen momentan aus Tsche­chien sehr viele Hilferufe, und auch die Waldviertler Gemeinden haben das schon aufge­nommen. Vor Kurzem sind bereits vier Resolutionen aus den Gemeinden Horn, Langau, Rastenfeld und Zwettl eingetroffen. Da sieht man, dass die Bedrohung durchaus wahr­genommen wird und dass wir diese Zwischenlager und die Atommülllager wirklich ernst nehmen und darauf achten müssen, dass sich Österreich bei der Standortentscheidung und bei der Ausgestaltung dieser Standorte entsprechend einbringen kann.

Es freut mich, dass wir hier mit allen Fraktionen daran arbeiten, das zu erreichen, und auch gemeinsam weiter am Atomausstieg arbeiten werden. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Herr.)

18.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Martin Litschauer, Nikolaus Prinz, Julia Herr, Walter Rauch, Michael Bernhard,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Aufklärung des Zwischenfalls und Stilllegung des AKW Temelín

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Umweltausschusses über den An­trag 688/A(E) der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Aufklärung des Störfalls im AKW Temelín und für einen weltweiten Atomausstieg (255 d.B.) (TOP 19)

Begründung

In der Nacht auf den 15. Mai 2020 kam es im Block 1 des tschechischen AKW Temelín zu einem Zwischenfall, woraufhin der Reaktor heruntergefahren wurde. Der Betrieb in Reaktorblock 1 wurde wenige Tage später wiederaufgenommen. Dieser Zwischenfall reiht sich in eine jahrzehntelange Kette an Störfällen im AKW Temelín ein und benötigt dringend umfassende Aufklärung.

Umweltorganisationen beschreiben das AKW Temelín bereits länger als unsicher und störanfällig. Trotzdem soll das 20 Jahre alte Atomkraftwerk weiterhin in Betrieb bleiben.

34 Jahre nach Tschernobyl und neun Jahre nach Fukushima erinnern Vorfälle wie jener im AKW Temelín an die anhaltende Gefährlichkeit von Atomkraft. Das macht weitere Anstrengungen für eine Zukunft ohne Atomstrom nötig. Gerade auch in Bezug auf die Klimakrise und die notwendige Energiewende muss klar sein, dass Atomstrom keine Alternative zu fossilen Energieträgern ist und der richtige Weg daher nur in der Entwick­lung und dem Ausbau erneuerbarer Energiegewinnung liegen kann. Sowohl die Gefähr­lichkeit des Betriebs eines AKWs als auch die Frage der Endlagerung abgebrannter Brennelemente sind mit dem Ziel einer lebenswerten Zukunft unvereinbar.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene und bilateral mit Tschechien dafür einzusetzen, dass

-           eine intensive, transparente und vollständige Aufklärung des Zwischenfalls im AKW Temelín mit und durch die tschechischen Verantwortlichen erfolgt und Ös­terreich von den Ergebnissen umfassend und zeitnah in Kenntnis gesetzt wird,

-           es zu keinen Verlängerungen des Betriebs des Kraftwerks kommt und das AKW vom Netz genommen und stillgelegt wird.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Gerhard Deimek, Sie gelangen als Nächster zu Wort. – Bitte.