15.43

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich einige Zahlen des Dringlichen Antrages klarstellen. Es ist ja doch so, dass wir hier mit Zahlen umgehen sollten, die auch einigermaßen der Realität ent­sprechen. (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) – Na ja, das wird nicht besser, wenn ihr zuerst schon schreit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

„Rund 1 Million Menschen sind arbeitslos oder in Kurzarbeit.“: Wir haben jetzt viel zu viele Menschen, die von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit betroffen sind, jawohl, das stimmt, aber wir haben mit Stand letzter Woche – Frau Bundesministerin Aschbacher präsentiert ja gemeinsam mit Frau Bundesministerin Schramböck wöchentlich die ak­tu­ellen Zahlen – 409 231 Personen in Arbeitslosigkeit oder in Schulung und 399 730 Men­schen in Kurzarbeit. Zählt man das zusammen – Herr Professor Taschner gibt Nach­hilfe –, ergibt das 808 961. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das sind noch immer zu viele, aber wenn Sie „Rund 1 Million“ schreiben – und da besteht ein Unterschied von etwa 190 000 Menschen –, dann ist das unseriös, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das zieht sich leider durch den Antrag durch: Im dritten Absatz wird von 1,9 Millionen Menschen im Quartalsraum April bis Juni gesprochen – gewesen sind es 1,4 Millionen. Und dann wird noch von einem Rückgang von mehr als 44 000 bei den offenen Stellen geredet – gewesen sind es 24 135.

Ich bitte einfach darum – und dass dieses Thema wichtig ist, ist ja keine Frage –, wenigstens die Zahlen zu verwenden, die vom AMS gemeldet und von der Bundesregierung und auch von den Experten bestätigt werden, denn sonst reden wir hier von unterschied­lichen Gegebenheiten. Und wir haben keinen Grund, meine Damen und Herren, die Situation noch schlimmer darzustellen, als sie ohnedies bereits ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Leichtfried und Vogl.)

Das Zweite, was ich hier anmerken möchte, ist, dass wir seit Monaten – und da meine ich die Bundesregierung und uns Regierungsfraktionen hier im Parlament – alles unter­nehmen, um zum einen diese weltweite Pandemie und zum anderen die daraus folgende Wirtschaftskrise zu bekämpfen. Wir machen de facto fast nichts anderes mehr, als da entgegenzuwirken. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Es ist schon etwas zu einfach dargestellt, wenn man jetzt sagt, dass die gesamte Per­spektive für den Herbst fehlt. Meine Damen und Herren, wir haben ein Kurzarbeits­modell, das seinesgleichen sucht, und ich verstehe auch überhaupt nicht, warum sich da keine Zeile diesbezüglich findet, nämlich dass dieses Modell ein Erfolgsmodell ist, ausgearbeitet mit den Sozialpartnern. Über 1,3 Millionen Menschen haben in der Höchstphase von Corona Entgelt in der Höhe von 80 bis 90 Prozent bekommen, und wir haben die Unternehmerinnen und Unternehmer vor der Pleite gerettet. Das ist doch das Modell, mit dem jetzt auch über 4,6 Milliarden Euro ausbezahlt wurden! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das Nächste ist: Wir haben jetzt 700 Millionen Euro in eine Arbeitsstiftung gegeben, weil das Stichwort Qualifizierung, Qualifizierung, Qualifizierung sein wird. Das ist nicht ganz neu, aber gerade in dieser Situation enorm wichtig. Frau Kollegin Rendi-Wagner, ja, Kollege Anschober und ich sind gerade dabei, die Pflegereform aufzusetzen. Auch da wird es ein Thema sein, über Implacementstiftungen nachzudenken, darüber nach­zu­denken, wie man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die derzeit keine Chance auf einen Job haben, umschulen und in diese Berufe bringen kann. – Das tun wir, darüber diskutieren wir, und wir bringen auch die Lösungen auf den Tisch. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Gehen Sie aber nicht her und sagen, dass wir untätig sind und nichts tun!

AMS-Chef Johannes Kopf – es freut mich, dass er jetzt wieder zurück in seinem Vorstandsgeschäft ist – hat gestern im „Kurier“-Interview ganz klar und deutlich gesagt, dass es eine Herausforderung sein wird, diese 700 Millionen Euro zielgerichtet in die Qualifizierung zu investieren. – Darum geht es jetzt doch! Daher lade ich Sie ein, an diesen Projekten, die wir gerade aufsetzen, mitzuarbeiten. Das wird den Menschen letzten Endes auch helfen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Und weil hier so getan wird, als hätten wir niemandem geholfen: Wir haben Milliarden­pakete auf den Weg gebracht. In den letzten Tagen sind diese Beträge für die Familien und die Arbeitnehmer überwiesen worden: 360 Euro Kinderbonus, 450 Euro für Men­schen, die arbeitslos gewesen sind, und die Steuerentlastung, die rückwirkend mit 1. Jänner 2020 bereits umgesetzt ist – die meisten Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben diese Beträge auch bereits bekommen, über das ganze Jahr werden es bis zu 350 Euro sein. Und da gehen Sie her und sagen: Nix passiert, kein Mensch bekommt irgendetwas!?

Wir bekommen Meldungen, geschätzte Damen und Herren von der SPÖ, in denen Leute fragen und sagen: Ich habe jetzt 1 000 Euro überwiesen gekriegt, ich weiß gar nicht, woher das Geld überhaupt kommt, was ist das? – Sie freuen sich aber darüber. Sie brauchen es, weil es letzten Endes auch die Kaufkraft stärkt, und das wollen wir, denn sonst funktioniert der Wirtschaftskreislauf in dieser Republik nämlich nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wenn Sie den Coronatausender fordern, dann rechnen Sie: 450 Euro – arbeitslose Men­schen, denen unsere Solidarität natürlich auch gilt, erhalten das – und zwei Kinder, da sind Sie bei über 1 000 Euro, nämlich bei 1 170 Euro. Oder bei einem Ehepaar, bei dem Mann und Frau jeweils 2 000 Euro brutto verdienen und das zwei Kinder hat: Da sind wir bei 1 420 Euro, wenn man die Beträge aus diesen Maßnahmen zusammenzählt. 

Das ist Hilfe, die ankommt, meine Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Das sind Unterstützungen, die die Menschen in dieser schwierigen Situation brauchen, und diese Bundesregierung gibt ihnen diese auch. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Einige Konzepte haben Sie angeführt, die Sie in Ihrem Dringlichen Antrag nicht einmal erläutert haben, wie die berühmte Viertagewoche. (Abg. Heinisch-Hosek: Na, haben wir ja!) Wir stehen zur Viertagewoche, und sie ist auch möglich. Sie kann jederzeit in jedem Betrieb mit den Arbeitnehmern vereinbart werden.

Zu dem aber, was Sie hier vorschlagen, nämlich eine Arbeitszeitverkürzung im Einklang mit der Viertagewoche (Abg. Heinisch-Hosek: Ja, genau! – Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner): Sie sollten da einmal Ihr Parteipräsidium einberufen und Herrn Doskozil, Herrn Androsch und Herrn Hanke dringend einladen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Die gehen nämlich her und sagen das Folgende – ich zitiere Androsch (Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner), der immerhin langjähriger Finanzminister der SPÖ war (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) –: „Wenn ich höre, dass eine Vier­tage­woche die Produktivität steigert – wie soll das gehen bei einem Pfleger oder einem Chirurgen?“ – Herr Hanke sagt: „Ich denke, da gibt es momentan noch andere Schwer­punktsetzungen, die vorrangig sind.“ (Heiterkeit und Zwischenruf der Abg. Rendi-Wagner.) – Machen Sie es sich also selbst einmal in Ihrer eigenen Partei aus (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), damit Sie überhaupt wissen, mit welchem konkreten Vorschlag Sie hier herausgehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Abschließend, meine Damen und Herren: Wir wollen gemeinsam in der Koalition noch einige Punkte auf den Weg bringen (Abg. Heinisch-Hosek: Nein, das wollt ihr nicht gemeinsam!): die Verlängerung der Sonderbetreuungszeit – das wird ein wichtiges Thema für Eltern, für Familien werden, gerade auch, was den Herbst anlangt –, die Aufstockung des Familienhärtefonds von 60 Millionen auf 100 Millionen Euro und die Einführung des Bildungsbonus von 180 Euro.

Es gibt noch weitere Maßnahmen, die notwendig sein werden, und wir arbeiten, wie gesagt, Tag und Nacht daran, um den Menschen, den ArbeitnehmerInnen, aber auch den Unternehmerinnen und Unternehmern unter die Arme zu greifen. Beteiligen Sie sich an diesem Prozess, wir laden Sie herzlich dazu ein! Der Herbst wird herausfordernd genug. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Wir stehen am Beginn einer zweiten Welle dieser weltweiten Pandemie, wobei natürlich die wirtschaftlichen Konsequenzen zu berücksichtigen sind. Helfen Sie mit, damit wir gemeinsam eine rot-weiß-rote Politik im Sinne der Menschen in Österreich machen können!

Die Gesundheit des Menschen ist das oberste Gebot, das auch die Politik zu vertreten hat. Wir werden all jenen Menschen helfen, die diese Hilfe benötigen und die durch diese Krise in eine schwierige Situation geraten sind. Dafür sind wir gewählt und das werden wir gemeinsam auch tun. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klub­obmann Kickl. – Bitte.