16.36

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz ein Wort zu meinem Vorredner: Das war wahrscheinlich eine der ehrlichsten Reden, die aus der ÖVP gekommen sind: Wir brauchen keine Maturanten, wir brauchen keine Hochschul­absolventen, sperren wir die Schulen einfach wieder zu! (Abg. Kopf: Na geh! Das tut ja ... weh!) – Jetzt wissen wir auch, warum die Schulen so leichtfertig zugesperrt wurden. Es ist gerade in der Schulanfangswoche – jetzt in den westlichen Bundesländern, letzte Woche in Wien – genau die Frage ganz vieler Eltern, die sich wirklich über die Zukunft ihrer Kinder Gedanken machen: Wie lange werden die Schulen offen sein? Wie lange dürfen denn die Kinder in die Schulen gehen? – Selbst Kinder fragen: Wie lange darf ich gehen? – Es ist ja nicht so, dass im letzten halben Jahr alles super gewesen wäre. Ein halbes Jahr hat man den Kindern ja schon genommen. Jetzt haben wir die ehrliche Antwort: Wir wollen keine Maturanten und keine Hochschulabsolventen, macht nur mehr Lehren und Fachschulen! – Das ist der neue Weg der ÖVP! Jedenfalls ehrlich, meine Damen und Herren! (Abg. Salzmann: Das ist ein Blödsinn! – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Ich weiß nicht, weshalb Sie sich so aufregen, Sie haben das ja gesagt, Herr Kollege Kopf – es ist jetzt schade um meine Redezeit –, Sie haben sich ja hierhergestellt und gesagt: In Wien ist die SPÖ ganz allein für das Wirtschaftsproblem und die mangelnden Lehrstellen verantwortlich. Man kann an der rot-grünen Stadtregierung wahrlich alles kritisieren, was es zu kritisieren gibt – und dabei werden Sie mich immer als Verbündete haben –, aber der Wirtschaftskammerpräsident in Wien, ein gewisser Herr Ruck, ist schon auch mitverantwortlich. Das sollten Sie nicht unter den Tisch fallen lassen, noch dazu, da er mit dem Wiener Bürgermeister so gut befreundet ist. Auch das, meine Damen und Herren von der ÖVP, muss man einmal ins rechte Licht rücken. (Beifall bei der FPÖ.)

Gehen wir jetzt aber zurück! In Wahrheit ist heute hier eine Sondersitzung zum Thema Arbeitsmarktprobleme, die auch nicht besser werden. Wir stehen vor einem Exodus am österreichischen Arbeitsmarkt. Das können Sie hier weiter schönreden. Der Herr Bundeskanzler hat erklärt: Wir sehen einen Lichtschein am Ende des Tunnels. Man stellt sich die Frage, in welchen Tunnel er diesmal hineingeschaut hat, denn als er zuletzt vom Lichtschein am Ende des Tunnels gesprochen hat – es ging um die Infektionszahlen –, hat er zwei Tage später die zweite Welle ausgerufen, man weiß nicht genau, warum. Heute hat er gesagt: Es gibt einen Lichtschein am Ende des Arbeitsmarkttunnels. – Auch diesen Lichtschein, Herr Bundeskanzler, werden Sie wahrscheinlich revidieren, revidie­ren müssen. Wir stehen nämlich vor einer riesigen Insolvenzwelle im nächsten Frühjahr, das pfeifen die Spatzen von den Dächern. Sie stellen sich hierher und sagen: Alles wird gut, es wird alles wieder besser.

Warum kommt denn das? – Ja, es gab Steuerstundungen, aber wie Sie richtig gesagt haben: Stundungen. Die werden dann fällig. Das heißt, die Unternehmen müssen dann doppelt und dreifach bezahlen. Woher sollen Sie es denn nehmen? Gleichzeitig rufen Sie eine zweite Welle aus. Man fragt sich langsam: Auf welcher Basis rufen Sie diese zweite Welle aus? Sie spalten dieses Land, und Sie machen weiter und weiter und weiter, alles ohne wirklichen sachlichen Hintergrund.

Damit die Experten in der Ampelkommission nur ja nichts Falsches sagen, intervenieren Sie, lassen Sie Ihren Kabinettschef anrufen, damit Ihre Meinung nur ja dort vertreten wird – nicht, dass sie dort vielleicht zu einem anderen Ergebnis als Sie kommen. Das ist die Politik, die Sie machen, Herr Bundeskanzler: überall das Zepter in der Hand zu haben.

Ich habe mir in den letzten Wochen wirklich oft überlegt: Glaubt dieser Bundeskanzler Sebastian Kurz auch tatsächlich, was er sagt? – Das ist aber absurd, das kann man nicht glauben, wenn man sich alle wissenschaftlichen Seiten anschaut. Das tun Sie nicht, Sie blenden eine Seite aus, indem Sie sagen: Ja, das sind die Verschwörungsvirologen; die Leute, die so etwas sagen, sind ja dumm und kennen sich alle nicht aus. Kollege Reimon hat sogar gesagt: Das sind Spinner. – Das ist die Einstellung dieser Bundesregierung.

Sie können es also nicht glauben, Herr Bundeskanzler, und daher sind Sie auf dem falschen Weg. Es wäre gut, einmal über sich selbst nachzudenken: Sind Sie überhaupt ein Macher? – Nein, Herr Kanzler, das sind Sie nicht. Sie holen Ihre Befehle aus Brüssel. Sie sind ein Gemachter, und Sie sind auch kein Schaffer, sondern ein Geschaffter. Ihnen geht es nur darum, die Bevölkerung in unserem Land zu spalten, die Gesellschaft zu spalten, und Sie wollen die politischen Parteien spalten. Sie spalten die Bevölkerung, indem Sie sagen: Das sind die Guten und das sind die Bösen – das sind die Lebens­gefährder. Das sind die Dummen, das sind die, die glauben, man kann das mit der Grippe vergleichen. – Dann zeichnen Sie irgendwelche Horrorszenarien von Hundert­tausenden Toten.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Heute in der Früh habe ich einen Anruf von einer sehr guten Freundin bekommen, die in Deutschland arbeitet und völlig verzweifelt ist, weil sie jetzt schon Absagen bekommt. 90 Prozent ihres Einkommens verdient sie als Selbst­ständige in Deutschland. Dort überlegt man, ob man Wien auf die rote Liste setzen soll. Was bedeutet das, Herr Bundeskanzler? – Wenn Sie nicht am Handy spielen würden, könnten Sie mir vielleicht eine Antwort geben oder darüber nachdenken. Was bedeutet das für diese Frau? – Sie ist verzweifelt. Sie weiß nicht, ob sie die Miete bezahlen kann. Sie weiß nicht, ob sie ihre Kinder weiter ernähren kann, und sie hat ein zusätzliches Problem: Der Vater ihrer Kinder lebt auch in Deutschland, und sie weiß nicht, ob ihre Kinder nächstes Wochenende den Vater sehen können.

Auf all diese Fragen gibt es von Ihnen keine Antworten. Sie interessieren Sie nicht, weil Sie Kinder überhaupt nicht interessieren, Herr Bundeskanzler. Ihnen ist es nur wichtig, eine Blockwartmentalität, eine Hahnenschwanzlermentalität zu leben. Genau deshalb habe ich heute ein Leibchen an, das eine österreichische Künstlerin designt hat, und ich sage es gleich dazu: Sie hat mit der FPÖ nichts am Hut und hat überhaupt keine Nähe zur FPÖ – und auch der Designer dieses Leibchens nicht. Sie ist aber eine kreative Künstlerin, die sich im Lockdown – zu dem Zeitpunkt, zu dem die Künstler ja auch im Regen stehen gelassen worden sind, denn da hat es auch nichts gegeben, man hat sie ja auch auf der Straße stehen lassen – darüber Gedanken gemacht hat. Sie hat dieses Leibchen mit „I zag di au“ gemacht.

Wissen Sie, Herr Bundeskanzler, genau diese Ihre Politik führt zu dieser Mentalität: „I zag di au“, wenn du keine Maske trägst, wenn du deine Hände nicht desinfizierst und wenn du am Parkbankerl sitzt. – Diese Politik wollen wir für Österreich nicht. Wir wollen eine normale Normalität. (Beifall bei der FPÖ.)

16.42

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte.