09.57

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir wollen nun die entstehenden Herausforderungen im Bereich der Klimapolitik gemeinsam meistern, und Green Deal und Kreislaufwirtschaft sollen mehr sein als bloße Worthülsen, Schlagworte. Unsere Bestrebungen müssen natürlich weit darüber hinausgehen und ein neues Design von Zirkularität sollte entstehen. Wenn wir aber so denken, müssen wir von Anfang an überlegen, was mit einem Produkt am Lebensende passiert. Gemeinsam haben wir da eine sehr große Aufgabe vor uns.

Zum Plastik – weil das die Debatte dominiert, werde ich mich jetzt auf das Plastik kon­zentrieren –: Es braucht Lösungen mit Leidenschaft und hohen Ansprüchen, und genau das schätze ich, offen gesagt, an der gemeinsamen Arbeit in der Koalition. Dafür braucht es aber viele Komponenten: Produktdesigner, es braucht dafür die Forschung im Bereich der Verpackungsinnovation, die Lebensmittelindustrie, da gibt es ganz viele, die da rein­spielen und mitwirken müssen.

Wir alle zusammen können Maßnahmen setzen, um die EU-Ziele zu erreichen. Jetzt wurde aber schon wieder das PET-Thema diskutiert, was meiner Meinung nach viel zu kurz gegriffen ist. Das ist ein ganz minimaler Bereich, mit dem in keiner Weise diese Quoten, die wir bis 2025, bis 2030 erfüllen müssen, zu erfüllen sind. Es gibt da lei­der viele Missverständnisse und auch Fehlinformationen. Unser dringlichstes Ziel wä­ren 90 000 Tonnen mehr bis 2030. Die PET-Flaschen würden maximal 8 000 Ton­nen ausmachen, die wir damit zusätzlich schaffen würden. Das ist eine ganz leichte Milchmädchenrechnung: Wir brauchen weitere 82 000 Tonnen Plastikmüll, die uns trotzdem noch fehlen würden.

Das heißt, es ist einfach zu kurz gegriffen, uns jetzt nur mit diesen PET-Flaschen ausein­anderzusetzen. Die Erfüllung wäre meiner Meinung nach ein Nebeneffekt. Wenn wir eine einheitliche gelbe Sammlung hätten, einheitliche gelbe Tonnen in ganz Österreich, dann ließe sich das PET-Thema automatisch mitlösen.

Wir haben bereits jetzt unglaublich gute Ergebnisse: 70 Prozent aller PET-Flaschen wer­den bereits jetzt gesammelt. In manchen Bundesländern – und deswegen wundert es mich; in den Bergen in Tirol und in Vorarlberg kann es zum Beispiel nicht sein – werden bereits neun von zehn Flaschen ganz ohne Gebühr, ganz ohne Pfandsystem gesam­melt, auch im Burgenland zum Beispiel; und auch andere Länder sind schon ganz weit vorne. (Beifall bei der ÖVP.)

Nur Wien ist wirklich in der Steinzeit, da werden – es tut mir leid, dass ich es sagen muss – drei von zehn dieser Flaschen gesammelt – drei Stück von zehn! –, der Rest wird gemeinsam mit dem Restmüll verbrannt, das ist einfach ein Faktum. Ich finde es schade, dass argumentbasierte Debatten in einem solchen Fall immer daran scheitern, dass es heißt, das wäre alles Wienbashing. Egal, worüber man redet – ob es um Brennpunkts­chulen geht oder um irgendwelche Themen, die man ansprechen sollte –, es heißt, das wäre Wienbashing. – Das stimmt nicht! Wir müssen aber über Fakten reden, denn Fak­ten verschwinden nicht allein dadurch, dass man sie ignoriert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir brauchen ein flächendeckendes Abholsystem. Gerade in der aktuellen Situation möchten wir als ÖVP auf keinen Fall die Unternehmer weiter belasten, aber auch nicht die Menschen in Österreich. Es wird schon von 30 Cent pro Flasche – zusätzlich – ge­redet. Die Leute, die bereits jetzt ihre Flaschen zu Hause brav in den gelben Sack, in die gelbe Tonne werfen, sollten und dürften die Flaschen dann nicht mehr zusammendrü­cken, denn sie müssten dann für den Automaten gerade bleiben. Sie sollten das mit einem Mörderaufwand irgendwohin bringen – das ist unserer Meinung nach ein Büro­kratieaufwand, der entsteht. Der kleine Trafikant, der Tankstellenbetreiber, aber auch die Kioskbetreiberin, der kleine Greißler am Land, die hätten plötzlich einen Mörderauf­wand damit. Ich glaube, die Leute haben heute andere Probleme, um die wir uns küm­mern müssen, es kann nicht sein, dass wir sie noch zusätzlich belasten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen eine ökologische Lösung, ja, und PET ist kein Mehrwegsystem. Es ist oft wirklich ein Irrglaube, habe ich das Gefühl, ein Missverständnis, dass man glaubt, dass das ein Mehrwegsystem ist. Diese Flasche, Herr Kollege Hammer, die Sie vorhin hier heraußen gehabt haben, ist übrigens – ich glaube, das war eine Vöslauer-Flasche – zu 100 Prozent aus Rezyklaten hergestellt. Das ist eigentlich eine von den guten Flaschen, wenn man es so nimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, in diesem Zusammenhang gibt es sehr viel Unwissenheit, auch beim Kon­sumenten, denn der Rohölpreis ist im Moment auch so im Keller, dass diese Rezyklate kaum verkaufbar sind; das wäre aber Stoff für eine eigene Rede, darauf einzugehen habe ich jetzt keine Zeit mehr.

Wir brauchen ehrliche ökologische Lösungen und müssen das Mehrwegsystem ausbau­en – das steht auch im Regierungsprogramm und dazu stehen wir. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens – das ist jetzt mein Abschluss – ist es auch eine Gerechtigkeitsfrage. Alle Bun­desländer haben ambitionierte Programme, bis auf Wien. Frau Bundesministerin, viel­leicht können Sie mit Frau Hebein reden, denn es kann nicht sein, dass man die Wie­nerinnen und Wiener eigentlich diskriminiert, die zahlen nämlich zusätzlich, weil sie den Restmüll bezahlen müssen. Durch die Abgeltungsverordnung bekommt die Stadt Wien von der ARA Millionenbeträge und zusätzlich casht die Stadt Wien noch durch den Heiz­wert, der durch die Müllverbrennung entsteht, ab, also doppelt und dreifach. Das ist ein­fach nur dreist, ganz ehrlich. Dann soll, wenn wir EU-Strafzahlungen haben, das bitte schön auch die Stadt Wien in Zukunft finanzieren! (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz zusammengefasst: 2030 brauchen wir 90 000 Tonnen mehr Plastikmüll. Es ist eine einfache Milchmädchenrechnung: Das geht sich niemals mit Extra-PETs von maximal 8 000 Tonnen aus, die wir da holen können. Das heißt, wir brauchen ein einheitliches Trennsystem für ganz Österreich. Wir brauchen eine Haushaltsabholung direkt von den Haushalten, auch in Wien, gelbe Tonnen in Wien in den Haushalten, im öffentlichen Raum, im Park, an der Bushaltestelle, am Spielplatz. Das geht bei den ÖBB genauso. So werden wir die Ziele in Österreich und in Europa gemeinsam erreichen, und wir wer­den alles noch ökologischer gestalten können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.03

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Bayr. – Bitte.