10.04

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Mi­nisterin! Ja, zugegeben, in zweieinhalb Wochen sind Wahlen in Wien, aber das ist kein Grund, um hier völlig faktenbefreit zu agieren. Vielleicht einigen Sie sich innerhalb der ÖVP-Fraktion einmal darüber, wie viele von zehn PET-Flaschen jetzt wo zurückkommen oder nicht – Sie selber agieren mit völlig unterschiedlichen Zahlen, es ist ein bisschen peinlich. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.)

In Wien gibt es ein jährliches Restmüllaufkommen von 1 Million Tonnen – und da sind die PET-Flaschen, die zum Beispiel Pendler wie Herr Schmuckenschlager mit nach Wien nehmen, hier herzeigen, dann aber wahrscheinlich nicht wieder mit nach Hause nehmen und – in diesem Fall in Klosterneuburg – entsorgen, sondern hierlassen, schon mitge­rechnet. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Es gibt in Wien 4 500 Altstoffsammelstellen. Es gibt 455 000 Sammelcontainer für alle möglichen Müllfraktionen. Es gibt 16 Mistplätze, die zum Teil auch am Wochenende of­fen haben. Im Durchschnitt haben ein Wiener und eine Wienerin 165 Meter zur nächsten Altglassammelstelle – ich schaue mir an, wo das sonst noch der Fall ist. Und seit 30 Jah­ren gibt es in Wien eine systematische, immer weiter ausgebaute getrennte Müllsamm­lung. Es kommt aber ab und zu vor, dass bei der ÖVP ein paar Jahrzehnte verloren gehen, das ist mir schon klar. Sie (in Richtung ÖVP) sind in einigen Fragen relativ zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

350 Tonnen pro Jahr werden recycelt, und jedes Jahr sind 2 000 internationale Besu­cherinnen und Besucher in Wien, die sich das Altstoffsammelsystem, das Mülltrennungs­system anschauen. Es vergeht kein Monat, in dem sich nicht bei mir als der Vorsitzenden der Österreichisch-Südamerikanischen Freundschaftsgruppe wenigstens ein Botschaf­ter, eine Botschafterin am Telefon meldet und sagt: Du, ich würde so gerne meinen Mi­nister/meine Ministerin nach Wien bringen, dass er/sie sich das anschaut, wie ihr das in Wien macht. Kannst du mir da etwas organisieren? – Ja, natürlich kann ich es organi­sieren.

Wien gewinnt Preise, aber nein, Wien ist furchtbar und schlecht und ganz, ganz schlimm.

Ich nehme Sie gerne einmal mit, zeige Ihnen diese großen Container – aber Sie dürfen sich nicht fürchten. Wenn man in Wien in einem Park auf Menschen trifft, die blaue Wes­ten anhaben, dann sind das – auch wenn der Innenminister und die Integrationsminis­terin versuchen, Ihnen etwas anderes weiszumachen – keine Islamisten, sondern Waste­watcher. Das sind Leute, die versuchen, die BewohnerInnen, die BenutzerInnen der Parks dazu zu erziehen, mit Müll verantwortungsvoll umzugehen; aber ich sehe schon: Davon haben Sie noch nie etwas gehört. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wien hat auch noch große Ziele. Wien, allen voran Ulli Sima als Umweltstadträtin, hat das Ziel, dass Wien bis 2050 zu einer Zero-Waste-, zu einer Null-Müll-Stadt wird. Durch mannigfaltige Maßnahmen soll es unterm Strich keinen Abfall mehr geben, etwa indem aktiv Abfallvermeidung betrieben wird. Ich habe jetzt vergessen, meine Metallflasche mitzunehmen – ich trinke hier im Haus mein Wasser nur aus einer immer wieder befüll­baren Metallflasche, woraus auch sonst? Wiener Wasser ist super.

Es geht darum, dass man Mehrweg- und Pfandsysteme besser umsetzt. Es ist schon gesagt worden: Ja, in Wien haben wir nicht so viele rechtliche Möglichkeiten. Dort, wo wir die Möglichkeit haben, zum Beispiel bei Veranstaltungen, können wir das auch vor­schreiben. Es würde mich, Frau Ministerin, sehr, sehr freuen, wenn es da auch auf Bun­desebene Regelungen gäbe, wodurch den Ländern in vielen dieser Fälle bessere Hand­haben zugestanden werden würden. Und ja, wir haben in Wien auch vor, dass Verbren­nungsrückstände und Abgase noch weiter verwendet werden, als das jetzt schon der Fall ist. Die Kompetenz der Stadt ist da also sehr groß und wir machen wirklich das Beste daraus.

Lassen Sie mich noch kurz etwas als Reminiszenz an meine Zeit als Umweltsprecherin der SPÖ erzählen: Ich habe damals die Frage von Abfallvermeidung als eine meiner Prioritäten gehabt, und der Umweltminister war damals, glaube ich, Herr Pröll. Auch er hat damals gemeint, dass mit freiwilliger Selbstverpflichtung alles wunderbar funktionie­re. – Nein, es funktioniert natürlich nicht mit freiwilliger Selbstverpflichtung, wir brauchen gesetzliche Quoten für Mehrweg, für Pfand. Was in der Gastronomie sehr gut funktio­niert – dort haben wir nämlich relativ hohe Quoten –, funktioniert im Einzelhandel über­haupt nicht mehr. Gehen Sie einmal irgendwohin – und sei es in eine noch so große Supermarktkette – und suchen Sie Wasser in einer Pfandflasche! Sie werden in 95 Pro­zent der Fälle scheitern, weil es die schlicht nicht mehr gibt. Das ist den Konsumentinnen und Konsumenten gegenüber, die absichtlich und bewusst umweltbewusst leben wollen, unfair. Es geht einfach nicht mehr, und daran muss man etwas ändern! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wissen Sie, die Wirtschaftskammer war damals – vielleicht ist sie das heute immer noch – sehr einfach gestrickt und hat sich gedacht, wenn sie mir als Sozialdemokratin einen Betriebsrat schickt – damals war es der Betriebsrat von Amatil, dem Coca-Cola-Abfüller am Wienerberg in Favoriten –, dann gehe ich quasi ein und dann ist klar - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (fortsetzend): - -, ich erstarre vor der Androhung, dass, wenn man eine neue Abfüllanlage braucht, die Firma absiedelt. Und was ist pas­siert? – Nichts ist passiert. Es gab keine gesetzlichen Mehrwegquoten und die Firma war nach zwei Jahren aus Österreich weg, weil es ihr einfach darum ging, Profite zu maximie­ren, und nicht darum, irgendwelche Umweltgedanken zu verfolgen.

So schaut es aus, und darum ist das, was Sie da vorhaben, Frau Ministerin, sehr gut, und wir unterstützen Sie bei Ihrem Dreipunkteplan allemal. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf den Präsidenten des Oberösterreichi­schen Landtages, Wolfgang Stanek, herzlich auf der Galerie begrüßen. – Herzlich will­kommen bei uns! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte.