18.14

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich beziehe mich auf Tagesordnungspunkt 9. Da geht es um die Einfüh­rung eines Bildungsbonus für Menschen, die arbeitslos sind, und zwar für Ausbildungen, die länger als vier Monate dauern. Es geht um 4 Euro täglich, also um 120 Euro im Monat für diese Menschen.

Dieser Maßnahme werden wir zustimmen, aber natürlich gibt es einige Punkte, bei de­nen wir glauben, dass Verbesserungsbedarf besteht, weshalb wir einen Abänderungs­antrag eingebracht haben, den ich in den Grundzügen erläutern werde.

Unsere erste Kritik richtet sich gegen den Stichtag. All diejenigen, die mit 1. September eine Ausbildung begonnen haben, die länger als vier Monate dauert, bekommen nichts. Das finden wir ungerecht. Ich glaube, auch diese Menschen hätten den Anspruch auf diese 120 Euro im Monat, und deshalb haben wir in unseren Abänderungsantrag hinein­geschrieben, dass das ab 1. Oktober auch für laufende Ausbildungen gelten soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein zweites Thema, das uns sehr beschäftigt hat und zu dem wir auch viele Zuschriften bekommen haben: Ich glaube, wenn Menschen sich bereit erklären, so eine Ausbildung zu machen – und da gibt es auch Menschen, die in schwierigen Situationen sind, das heißt Lohnpfändungen laufen haben –, dann sollten wir gerade diesen einen Anreiz ge­ben, die Ausbildung zu machen, und darum ist auch unser Vorschlag, dass diese 4 Euro nicht pfändbar sind. Ich hoffe, dass wir da eine Zustimmung erhalten. Das wäre eine große, große Hilfe für all diejenigen, die sich wirklich schon von Haus aus in einer schwie­rigen Situation befinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Es hat ja dann als Covid-Maßnahme auch diese 450 Euro Einmalzahlung für arbeitslose Menschen gegeben, die sehr willkürlich gewählt war. Da hat man sehr willkürlich einen Stichtag der Betrachtung genommen. Ich glaube, es wäre fair und richtig, dass man da für den Betrachtungszeitraum den 15. März ansetzt; da ist der Lockdown erfolgt. Auch dazu bringen wir diesen Antrag ein. Ich glaube, das Wichtigste ist – ich habe da auch mit einem Betroffenen telefoniert –, dass diese 450 Euro auch nicht pfändbar sind. Die Leute da draußen haben es jetzt gerade nicht leicht. Diese 450 Euro wären für den Be­troffenen eine Riesengeschichte gewesen. Er hätte endlich einmal seine Kinder aus ei­gener Kraft unterstützen können. Er hat sich darauf gefreut und war dann riesig ent­täuscht, als er am Ende des Monats gesehen hat: Es ist wieder nicht mehr. Obwohl diese große Ankündigungspolitik der Bundesregierung da ist, ist bei ihm nichts angekommen.

Frau Ministerin, Sie haben ja das Absinken des Arbeitslosengeldes auf das Niveau der Notstandshilfe zum Glück bis Jahresende verschoben. Wir sind der Meinung, die Krise ist noch lange nicht zu Ende, daher braucht es da eine deutliche Verlängerung. Deshalb sind wir dafür, dass man diese Frist bis Ende nächsten Jahres oder Mitte nächsten Jah­res verlängert.

Noch ein grundsätzliches Wort zum Thema Arbeitsmarkt: Es ist schön, wenn Sie ankün­digen, dass es Stiftungen geben wird. Wir hören jetzt fast tagtäglich Horrormeldungen darüber, wie viele Menschen ihre Jobs verlieren. Heute sind es unter anderem 600 Be­troffene bei den Casinos Austria. Das Bonmot am Rande: Die Chefin hat einen neuen Job, der besser dotiert ist als der alte, bekommt noch 1,6 Millionen Euro Abfertigung. Da frage ich mich: Wo ist die Moral in dieser Geschichte? (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin, was macht die Bundesregierung? – Ich kann es nur aus Steyr erzählen: An den anderen MAN-Standorten, die von Schließung oder Abbau betroffen sind, gibt es Unterstützung seitens der Regierung – wir in Steyr hören nichts! Sie sagen, Sie geben eh so viel Geld für Arbeitsstiftungen aus. Frau Ministerin, machen Sie sich schlau! Wir sind eine Region, die mit Krisen umgeht. Wir haben Arbeitsstiftungen. Steyr war der Ausgangspunkt der größten Arbeitsstiftung Österreichs.

Die Industrie ist der Motor der Republik. Wir haben damals nach der Krise 2008/2009 gesehen, dass Österreich besser aus dieser Krise herausgekommen ist, weil es die In­dustrie in Österreich gibt. Industrie braucht aber Industriepolitik, und es ist zu wenig, einfach zuzuschauen, wie ein Betrieb nach dem anderen zusperrt. Wohin diese Entwick­lung führt, können Sie in Amerika sehen. Diese ehemaligen Automobilstädte in Amerika sind tote Städte. Wenn Sie das in Österreich haben wollen, dann machen wir so weiter und machen wir nichts; wenn wir etwas anderes wollen, dann braucht es eine Industrie­politik in diesem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

18.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Ing. Vogl

Genossinnen und Genossen

Zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (364 d.B.) betreffend die Regie­rungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geän­dert wird (352 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1.         Z 1 lautet wie folgt:

„1. § 20 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Für die Dauer der Teilnahme an Maßnahmen der Nach- und Umschulung im Auftrag des Arbeitsmarktservice, die am 1. Oktober 2020 bereits laufen oder die im Zeitraum ab 1. Oktober 2020 bis spätestens 31. Dezember 2021 begonnen haben und mindestens 4 Monate dauern, gebührt zusätzlich zum täglichen Arbeitslosengeld und zum Zusatz­beitrag gemäß Abs. 6 ein Bildungsbonus in der Höhe von 4 € täglich. Der Bildungsbonus ist nicht pfändbar. Gebührt kein Zusatzbeitrag gemäß Abs. 6, so gebührt auch kein Bil­dungsbonus.““

2.         Die bisherige Z 2 erhält die Bezeichnung Z 7 und folgende Z 3 bis 6 werden eingefügt:

„3. § 66 lautet:

„§ 66. Personen, die von 15. März bis August 2020 mindestens 60 Tage Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezogen haben, oder der Bezug von Arbeitslosengeld oder Not­standshilfe wegen des Bezuges von Krankengeld gemäß § 16 Abs. 1 lit. a oder wegen Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt gemäß § 16 Abs. 1 lit. c in dieser Zeit geruht hat, erhalten zur Abdeckung des Sonderbedarfs auf Grund der COVID-19-Krise eine Einmalzahlung in der Höhe von 450 Euro. Die Einmalzahlung führt nicht zu einer Teilversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 lit. b ASVG. Ebenso gilt die Einmalzahlung nicht als steuerbares Einkommen, ist unpfändbar und bei der Prü­fung von Ansprüchen, Beiträgen oder Befreiungen auf Grund anderer Regelungen nicht zu berücksichtigen. Sie gilt als nicht anrechenbare Leistung gemäß § 7 Abs. 5 des So­zialhilfe-Grundsatzgesetzes.“

4.         In § 81 Abs.15 erster Satz wird der Ausdruck „30.September 2020“ durch den Ausdruck „31. März 2021“ ersetzt.

5.         In § 81 Abs. 15 zweiter Satz wird der Ausdruck „September“ durch den Ausdruck „März 2021“ ersetzt.

6.         In § 81 Abs. 15 dritter Satz wird der Ausdruck „Dezember 2020“ durch den Aus­druck „Juni 2021“ ersetzt.“

Begründung

Zu Z 1: Ein Ausschluss vom Bildungsbonus all jener Arbeitslosen, die bereits vor dem 1. Oktober 2020 mit einer Ausbildungsmaßnahme begonnen haben, erscheint nicht ge­rechtfertigt. Gerade im September wurde viele Ausbildungslehrgänge gestartet, für Ju­gendliche aber auch z.B. im Pflegebereich. Gerade auf Grund der Tatsache, dass Pfle­gekräfte dringend ausgebildet werden müssen, sollte man diese, aber auch alle anderen nicht von der Zusatzleistung ausschließen.

Ebenso ist die Unpfändbarkeit des Bildungsbonus festzuschreiben, da ansonsten diese Zusatzleitung für die Aufwendungen auf Grund der Teilnahme an Bildungsmaßnahmen ihr Ziel verfehlt.

Zu Z 2: Die Einmalzahlung, die im September zur Auszahlung gelangte, wurde Arbeitslo­sen, die Krankengeld im vorgesehenen Zeitraum bezogen haben, nicht gewährt. Ebenso wurden Zeiten des Aufenthaltes in Kranken- oder Pflegeanstalten bei der 60-Tage-Zäh­lung nicht berücksichtigt. Das führt zu Ungleichbehandlungen, denn auch diese Perso­nen waren oder sind immer noch arbeitslos und müssen mit rund der Hälfte ihres vorigen Einkommens auskommen. Das soll korrigiert werden. Auch die Unpfändbarkeit sowie die Rückwirkung bis 15. März, an dem die Regierung den Lock Down verhängt hat, muss geregelt werden. Warum sollen alle Arbeitslosen, die z.B. zwischen 15. März und 30. Mai 60 Tage arbeitslos waren, diese Einmalzahlung nicht erhalten? Wo liegt in dieser Unter­scheidung die sachliche Rechtfertigung?

Zu Z 3 und 4: Am 30. September endet die Regelung, dass die Notstandhilfe in der Höhe des Arbeitslosengeldes ausbezahlt wird. Die Verlängerung muss daher auch jetzt be­schlossen werden. Die Regierung will diese Krisenhilfe für Menschen ohne Arbeit nicht verlängern. Sie werden schon wieder vergessen und zurückgelassen. Die Arbeitslosig­keit in Österreich verfestigt sich und die Langzeitarbeitslosigkeit nimmt weiter dramatisch zu. Die Regelung, die Notstandshilfe in der Höhe des Arbeitslosengeldes auszuzahlen, muss in dieser Krise, wo die zweite Kündigungs- und Pleitewelle gerade anrollt, ebenso die Regelung zum Berufs- und Einkommensschutz, mindestens bis 31. März 2021 ver­längert werden.

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Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, wurde auch an alle Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Brandweiner. – Bitte.