20.04

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und liebe Kollegen! Wenn es dem Wiener Bürgermeister Ludwig und seinem Gemeinderat möglich ist, eine Lehrplatzgarantie auszusprechen, dann verstehe ich nicht, warum diese Bundesregierung sich mit Händen und Füßen da­gegen wehrt, eine Lehrplatzgarantie auszusprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, wie es jungen Menschen geht, die keine Perspektive haben? Wissen Sie, wie es jungen Menschen geht, die einen Beruf erlernen wollen und keine Lehrstelle fin­den?

Sebastian Kurz ist bei der Nationalratswahl angetreten, um etwas zu verändern. Er hat gesagt: Es ist Zeit! – Und ich frage: Aber wofür? Dafür, dass die Menschen Angst haben, dafür, dass viele Menschen keine Perspektive haben?

Das betrifft auch sehr, sehr viele junge Leute. 42 000 junge Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren waren im Sommer arbeitslos. Das war um die Hälfte mehr als im Ver­gleichszeitraum 2019. Vielleicht waren auch welche darunter, die zum Beispiel in Zu­kunft eine Tourismuslehre machen wollten, die die gefragtesten Hotel- und Gastronomie­ausbildungen weltweit absolvieren wollten, die bestausgebildete und international ge­fragteste Fachkräfte werden wollten? Was ist mit denen? – Die finden keine Lehrstelle. Für Gastronomiefachkräfte, wozu zum Beispiel der klassische Kellnerlehrling zählt, gibt es heuer im September um 50 Prozent weniger Anmeldungen als im vorigen Jahr.

Im Lehrberuf Reisebüroassistentinnen und -assistenten finden normalerweise 60 Lehr­anfänger österreichweit einen Lehrplatz oder eine Ausbildungsmöglichkeit. Diesmal sind es sechs Anmeldungen für einen Ausbildungsumfang von drei Jahren und ein paar ande­re mit einem verkürzten Lehrvertrag.

Da ist eine vorausschauende Politik gefragt, die es trotzdem schafft, den jungen Men­schen eine Ausbildung zu ermöglichen. Deshalb bringen wir auch wieder einen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klaus Köchl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lehrlingsgarantie in Zeiten von Corona“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ein umfassendes Lehrlingspa­ket vorzulegen, das allen Jugendlichen, die in den nächsten Monaten eine Lehre starten möchten und in der Wirtschaft aufgrund der Corona-Krise keinen Platz finden, einen ent­sprechenden Lehrplatz – in Kooperation mit den Ländern – in überbetrieblichen Lehr­werkstätten bzw. direkt bei der öffentlichen Hand garantiert.“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

Wir möchten, dass der Bund Lehrlinge aufnimmt, wir möchten, dass die Länder Lehrlinge aufnehmen, und wir wollen, dass der Bund die Gemeinden unterstützt, wenn es um Lehr­linge geht. (Beifall bei der SPÖ.)

20.07

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klaus Köchl

Genossinnen und Genossen

Betreffend: Lehrlingsgarantie in Zeiten von Corona

Eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 15 Antrag der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (832/A)

Wir befinden uns am Beginn der größten Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren. Die Auswirkungen am heimischen Arbeitsmarkt – auch aufgrund der katastrophalen Regie­rungsperformance in Österreich - sind schon jetzt dramatisch. Die Zahl der arbeitslosen Menschen ist im März binnen weniger Wochen um rund 200.000 gestiegen. Bis zu 1,2 Mil­lionen Menschen waren in Kurzarbeit. Ob alle davon in den Arbeitsmarkt zurückkehren können, bleibt zu bezweifeln.

Besonders betroffen sind schon heute die jungen Menschen in unserem Land: Bei jenen unter 25 ist die Arbeitslosigkeit um mehr als 1/3 gestiegen. Und der nächste harte Schlag wartet schon: tausende Jugendliche werden unter den jetzigen Voraussetzungen in den nächsten Monaten keine Lehre beginnen können.

Was ist das Problem?

Durch den weltweiten Wirtschaftseinbruch und damit verbundenen Nachfrageeinbruch fahren die Unternehmen nicht nur die Produktion zurück, sie stellen sich auch auf einen geringeren Absatz ein – somit halten sich Unternehmen auch mit der Neuanstellung von Lehrlingen zurück. Viele Unternehmen verhängen aufgrund der unsicheren Lage einen Aufnahmestopp. ExpertInnen gehen davon aus, dass in den nächsten Monaten zwi­schen 7.000 und 8.000 Lehrstellen fehlen werden.

Die geplanten Maßnahmen der Regierung reihen sich in die schon getroffenen Maßnah­men ein: Plakative Überschriften statt echter Hilfe. Auch hier gilt: Die Regierung will das Problem nicht lösen, sie will es wegkommunizieren. Der Lehrstellenmangel wird nicht behoben, er wird von Seiten der Regierung geleugnet werden.

Was haben wir also zu tun?

Die Regierung muss allen betroffenen Jugendlichen, die in der Wirtschaft nicht unter­kommen, einen entsprechen Lehrplatz anbieten - entweder in einer überbetrieblichen Lehrwerkstatt oder direkt beim Bund.

Dafür ist eine entsprechende Aufstockung der Lehrstellen im Bund bzw. in den überbe­trieblichen Lehrwerkstätten notwendig.

Die Ausbildungsgarantie bis 25 muss wiedereingeführt werden.

2019 ist die Ausbildungsgarantie ausgelaufen, weil schwarz/blau sie nicht mehr budge­tiert hat. Sie muss wieder aktiviert werden.

Wir alle wissen, wer nur über einen Pflichtschulabschluss verfügt, ist vergleichsweise öfter von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Ausbildungsgarantie bis 25 qualifiziert junge Menschen für den Arbeitsmarkt und schützt sie am besten davor, keine Arbeit zu finden. Für die jungen Menschen in diesem Land ist es daher immens wichtig, die Ausbildungs­garantie wiedereinzuführen.

Halbierung der Lehrlingsentschädigung für über 19-jährige zurücknehmen

Unter schwarz-blau wurden die Lehrlingsentschädigungen – in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten – für ältere Lehrlinge halbiert. Diese Halbierung muss die Regierung sofort zurücknehmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ein umfassendes Lehrlingspa­ket vorzulegen, das allen Jugendlichen, die in den nächsten Monaten eine Lehre starten möchten und in der Wirtschaft aufgrund der Corona-Krise keinen Platz finden, einen ent­sprechenden Lehrplatz – in Kooperation mit den Ländern – in überbetrieblichen Lehr­werkstätten bzw. direkt bei der öffentlichen Hand garantiert.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Mag.a Michaela Steinacker. – Bitte, Frau Abgeordnete.