14.23

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Herr Finanzminister! Der Wienwahlkampf ist hier im Haus ange­kommen. Es ist offensichtlich, dass dieses Duell ÖVP-FPÖ, das man in Wien auszutra­gen versucht, jetzt auch ein wenig hier angekommen ist. Ich bin froh, dass Sie jetzt als Nebenerwerbsfinanzminister – viel mehr ist es ja nicht, hauptberuflich sind Sie Spitzen­kandidat in Wien – auch hier sind, denn was Sie im Wienwahlkampf gemacht haben, war ja so, dass Sie für ein paar Wählerstimmen wirklich schon so ziemlich alles gemacht haben.

Deswegen fand ich es ja schön, als Kollege Mahrer gerade gemeint hat: Na, es gibt einen Unterschied zwischen ÖVP und FPÖ. – Das mag für Kollegen Mahrer so sein. Ich habe den Wienwahlkampf sehr aufmerksam verfolgt und habe mir angehört, was der Herr Finanzminister gesagt hat.

Begonnen hat es damit, dass er Deutschkenntnisse für den Gemeindebau gefordert hat.

Das Zweite war, dass er im September die absurde Debatte über den Nikolaus im Kin­dergarten losgebrochen hat. Die Freiheitlichen haben normalerweise immer im Novem­ber Angst, ob der Nikolaus kommt oder nicht, Sie haben schon im September Angst. (Abg. Steinacker: Wir haben keine Angst vor dem Nikolaus!) Ich frage mich, wie Sie monatelang entsprechend schlafen können, wenn Sie so panische Angst haben, ob der Nikolaus kommt oder nicht. Das ist ein wesentlicher Punkt, mit dem Sie versucht haben, im Wahlkampf beizutragen.

Dann kam das mit den Kebabstandbetreibern, denen Sie die Finanzpolizei hinhetzten, was halt gut in Ihre Wahlkampflogik hineinpasst.

Der krönende Abschluss war dann die Unfähigkeit beim Fixkostenzuschuss und der An­tragstellung bei der Europäischen Kommission. Ich meine, überlegen Sie sich das, Herr Finanzminister! Jeder Unternehmer in diesem Land muss unfassbar viel Bürokratie hin­nehmen, muss unfassbar viele Zettel ausfüllen, und wenn er einmal etwas falsch macht, wird ihm nicht geholfen. Sie sind offensichtlich nicht in der Lage, diesen Fixkostenzu­schussantrag entsprechend auszufüllen und sagen jetzt, es war ja keine Unfähigkeit, Sie haben keinen Fehler gemacht. Sie haben wörtlich in Ihrer Anfragebeantwortung gesagt: Na ja, das ist die dauerhafte Rechtsprechung des EuGH, und wir haben das falsch ge­macht. Na, was ist es denn anderes als Unfähigkeit, wenn Sie nicht einmal in der Lage sind, das entsprechend auszufüllen? – Es kann ja nichts anderes sein! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich glaube allerdings, Herr Finanzminister, dass es gar nicht Unfähigkeit war, sondern Kalkül, denn Ihnen taugt es ja, so in diesen Konflikt mit der Europäischen Union zu ge­hen. Das gefällt Ihnen ja, ein bisschen zu streiten und plumpes EU-Bashing. Das ist etwas, was wir von der ÖVP immer mehr kennen.

Ursprünglich kennen wir es halt von den Freiheitlichen: Nikolaus im Kindergarten, Deutsch im Gemeindebau, EU-Bashing, ein bisschen Kebabstandbesitzer vernadern. Das ist Politik, die von den Freiheitlichen kommt. Das Problem ist nur, es ist mittlerweile Ihre Politik geworden, Herr Mahrer. Das ist die Politik, die der Finanzminister in Wien macht. Sie sind in diesem Zusammenhang nicht auseinanderzuhalten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie, Herr Finanzminister, haben diese politische Mitte schon längst verlassen. Das ge­ben Sie ja auch in Zeitungsinterviews zu. Sie sagen, das ist jetzt Mitte-rechts-Politik, die die ÖVP in Wien macht. Es ist nur leider nicht einmal Mitte-rechts-Politik, es ist der ganz reine Rechtspopulismus, den die FPÖ seit Jahren macht. Genau das Gleiche macht die ÖVP in Wien: Rechtspopulismus in Reinkultur und nichts anderes! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und während Sie das machen, bleibt halt leider Gottes das, wofür Sie eigentlich zu­ständig sind, auf der Strecke, nämlich Ihre Tätigkeit als Finanzminister. Wir erinnern uns: Unternehmen unterstützen, „Koste es, was es wolle“. Notwendig wären minimale Büro­kratie und maximale Planbarkeit. Die Unternehmen haben offensichtlich in das, was Sie machen, kein Vertrauen mehr. Mir haben erst jetzt am Wochenende zwei befreundete Unternehmer von KMUs gesagt: Na ja, Fixkostenzuschuss beantrage ich sicher nicht, denn ich weiß, was dann kommt. Dann ist die Finanz das gesamte nächste Jahr bei mir im Unternehmen, blättert alle Unterlagen durch, und ich kann wiederum meinen Job nicht machen. – Sie verspielen dieses Vertrauen, und die Unternehmerinnen und Unterneh­mer sind nicht einmal mehr bereit, Ihre Hilfen anzunehmen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Steinacker: Gibt es so viele Finanzbeamte wie Unternehmer? Ist das die Aussa­ge? – Abg. Haubner: Der Schellhorn sieht das anders!)

Dann ist die Frage, ob überhaupt alle Maßnahmen, alle Hilfen ankommen. Herr Finanz­minister, das Problem ist, dass es viele Maßnahmen gibt, die bei einigen Unternehmen überhaupt nicht ankommen, das sind die jungen Start-ups. Herr Finanzminister, ich erin­nere mich, als Sie im Fernsehen vor Kurzem in einem Wahlkampfduell vollmundig erklärt haben: Allen wird geholfen. Und auf den Vorhalt, dass das nicht so ist und dass es ganz, ganz viele gibt, denen nicht geholfen wird, haben Sie gesagt: Die Leute sollen zu Ihnen kommen, sie sollen Ihnen schreiben, und so weiter, und so fort.

Mir haben die Betreiber eines sehr jung gegründeten Boxstudios geschrieben, das nichts bekommt, keinen Fixkostenzuschuss – gerade erst gegründet – und nichts aus dem Härtefallfonds. Die Betreiber schreiben mir, sie haben Ihnen, dem Bürgerservice des Finanzministeriums, am 30.9. ein Mail geschrieben, kriegen allerdings keine Antwort. Das heißt, es stimmt schlichtweg einfach nicht, dass allen geholfen wird. Das ist schlicht­weg falsch, und Sie sind nicht einmal bereit, denen, die Ihnen direkt schreiben, obwohl Sie sie dazu auffordern, auch die Hilfe zu geben, die sie brauchen.

Die Betreiber sind schwer getroffen, denn da dürfen natürlich nicht so viele trainieren, wie ursprünglich geplant war. Die kriegen keinen Fixkostenzuschuss, weil das Studio gerade erst gegründet wurde, die kriegen nichts aus dem Härtefallfonds, und eine Ant­wort des Finanzministeriums steht aus.

Es gibt auch einen Wirten aus dem 5. Bezirk, der natürlich auch keinen Fixkostenzu­schuss kriegt, weil er auch gerade erst neu aufgemacht hat. Anstatt dass Sie sich über­legen, wie Sie denen helfen, anstatt dass die Wirtschaftsministerin sich einmal überlegt, wie man helfen könnte – die Gewerbeordnung entrümpeln, Bürokratie abbauen –, kommt die Wirtschaftsministerin auf die Idee, dass man in Wien vielleicht auch noch die Sperrstunde auf 22 Uhr vorverlegen soll. Erklären Sie einem frisch gegründeten Unter­nehmen, einem frisch gegründeten Wirtshaus, wie sie auch nur in irgendeiner Art und Weise überleben sollen! (Beifall bei den NEOS.)

Herr Finanzminister – wenn Sie vielleicht zuhören würden! –, es ist ja nicht so, dass die Unternehmen auch zwingend einen Fixkostenzuschuss brauchen; die brauchen Freiheit, um unternehmerisch tätig zu sein. Die brauchen, wenn sie jetzt neue Arbeitsplätze schaf­fen wollen, die Möglichkeit, dass die Lohnnebenkosten nicht so hoch sind. Es wäre sinn­voll, wenn wir beispielsweise als Staat Österreich in diesem Zusammenhang die Sozial­versicherungsbeiträge übernehmen, um hier neue Arbeitsplätze schaffen zu können. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger. – Abg. Haubner: Das ist ein Widerspruch!) Was machen Sie? – Sie schauen auf Kebabstände, ob man diese auch entsprechend prüfen kann.

Beim Fixkostenzuschuss Phase zwei bin ich abgesehen von der Antragstellung bei der Europäischen Union sehr gespannt, wie Sie das machen. Unser gemeinsames Ziel ist ja, dass die Unternehmen, die hart getroffen sind, auch über den Winter kommen. Wenn man jetzt den Fixkostenzuschuss Phase zwei an den der Phase eins anschließen muss, hören die Hilfen im Dezember auf. Da bin ich gespannt, wie die Unternehmen es schaf­fen werden, über die schwere Krise im Winter zu kommen. Sinnvoll ist es, wenn man sich darum kümmert, aber Ihnen ist wichtig, ob der Nikolaus am 6. Dezember in den Kindergarten kommt.

Was wir auch schon vorgeschlagen haben, ist, dass man den Verlustrücktrag ausweitet. Es muss doch das Ziel sein, dass wir besonders gesunde Unternehmen, die schon über Jahre und Jahrzehnte im unternehmerischen Leben stehen, die über Jahre und Jahr­zehnte Steuern gezahlt haben, explizit über die Krise bringen. Weiten Sie den Verlust­rücktrag auf drei oder vier Jahre aus; geben Sie denen, die Steuern gezahlt haben, das Geld, das sie gezahlt haben, auch entsprechend zurück! Was wir jetzt in vielen Berei­chen tun, ist nichts anderes als Insolvenzverschleppung – das muss man ehrlich sagen. In normalen Zeiten gibt es wöchentlich ungefähr 100 Insolvenzen, momentan sind es 40. Wir müssen ganz genau schauen, dass wir die gesunden Unternehmen über diese Krise hinüberbringen, anstatt irgendwie, so wie Sie es machen, über Wochen öffentlichkeits­wirksam mit der Europäischen Union zu streiten, weil es halt gerade wieder in den Wahl­kampf passt. (Abg. Ottenschläger: Soll man den jetzt machen, den Fixkostenzuschuss, oder nicht?)

Herr Bundesminister! Hören Sie auf mit diesem Wahlkampfgeplänkel, widmen Sie sich bitte nach der Wienwahl wieder Ihrem eigentlichen Job, nämlich dem des Finanzministers! Wenn Sie den nicht wollen und lieber nach Wien gehen, dann können Sie das gerne machen – schauen Sie, dass Ihr Nachfolger sich wirklich um das kümmert, was er ma­chen sollte, und es auch kann: nämlich den Betrieben in diesem Land zu helfen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Ottenschläger: Gibt’s jetzt einen Fixkostenzuschuss oder nicht? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

14.31

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.