15.26

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! So, jetzt wissen wir immer noch nicht, wo dieses angebliche Milliardengrab wegen der falschen Asyl-, Zuwanderungs- und Integrationspolitik liegt. (Ruf bei der FPÖ: Du hast nicht zugehört!)

Ich gebe aber zu, alles andere hätte mich sehr überrascht, kommt die Behauptung doch von einer an sich gegen Fakten sehr resistenten FPÖ, von einer FPÖ, die auch schon einmal die Schließung des Arbeitsmarkts für nicht österreichische StaatsbürgerInnen, auch EU-BürgerInnen, gefordert hat. (Abg. Belakowitsch: Schon öfter!) Das wäre ein glatter Rechtsbruch, für den sich vor allem die Zehntausenden ÖsterreicherInnen be­danken würden, die im EU-Ausland arbeiten. Es wird wohl kein Mensch ernsthaft damit rechnen, dass, wenn Österreich eine derartige Maßnahme setzt, das EU-Ausland – das böse – nicht auch Gegenmaßnahmen setzen würde. Einmal mehr zeigt sich, wie eine besonders patriotische FPÖ-Forderung insbesondere die trifft, die sie angeblich schüt­zen sollte, nämlich die ÖsterreicherInnen. Es ist so wie in Wirklichkeit auch bei vielen anderen FPÖ-Forderungen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Kommen wir aber zu Wichtigerem, kommen wir zur Gesundheits-, zur Wirtschafts- und zur Arbeitsmarktkrise. Man muss auch immer wieder klar betonen, dass die Arbeits­marktkrise ihre Ursachen natürlich auch in Vorcoronazeiten hat, für die auch alle ehema­ligen Regierungsparteien, die hier sitzen, Verantwortung tragen, auch wenn manche heute am liebsten nichts mehr davon wissen wollen.

Es gibt nämlich keine Stunde null, die mit Corona beginnt. Es gibt ein Arbeitslosengeld, das seit 1989 von ungefähr 58 Prozent auf knapp 55 Prozent gesenkt worden ist. Es gab 2008 und in den Folgejahren eine Finanz- und Wirtschaftskrise, und es wurde 2012, mitten in dieser Finanz- und Wirtschaftskrise, in diesem Haus ein Fiskalpakt mit einer Schuldenbremse beschlossen, der uns verlorene Jahre und die bis dahin höchste Ar­beitslosigkeit aller Zeiten in der Zweiten Republik beschert hat, das muss man so sagen: von 260 000 Menschen, die 2012 arbeitslos waren, auf 357 000 Arbeitslose 2016 – knapp über 9 Prozent. Das sind Zahlen, wie wir sie leider auch heute haben. Damit wur­de auch eine Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt, die sich seit damals nicht wirklich abge­baut hat.

Das wollen wir so nicht mehr haben! Deshalb hat diese Regierung auch als eine zentrale Maßnahme ein 700-Millionen-Euro-Ausbildungs- und -Qualifizierungspaket für Zukunfts­berufe in den Bereichen Klimaschutz, Digitalisierung, Pflege und soziale Dienste be­schlossen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gestern schon haben die beiden AMS-Vorstände Kopf und Buchinger im Sozialaus­schuss gesagt: Die Krise ist genau die richtige Zeit für Ausbildung, für Qualifikation und Umorientierung. Selbstverständlich wird es auch noch weitere Maßnahmen zur Bekämp­fung der Arbeitslosigkeit brauchen. Ja, natürlich wird es die oft genannten Arbeitsstiftun­gen für besonders betroffene Regionen, für besonders betroffene Betriebe, für beson­ders betroffene Branchen geben. Das wurde gestern von den beiden Vorständen auch ganz klar ausgeführt. Gleichzeitig wird aber auch so viel wie noch nie in Klimaschutz investiert, in den ökologischen Umbau unseres Wirtschaftssystems, in eine Joboffensi­ve, in öffentlichen Verkehr, in erneuerbare Energien und in thermische Sanierung.

Die FPÖ spricht in ihrer Dringlichen Anfrage davon, dass es für die ÖstereicherInnen im Zuge der Krise angeblich nur Almosen gegeben hätte. Ganz offensichtlich ist es, wenn man der Wissenschaft und nicht irgendwelchen Fakes glaubt, so, dass diese Almosen ganz gut gewirkt haben. Kürzlich ist diese Studie des Wifo, des IHS und anderer Wirt­schaftsforschungsinstitute erschienen (ein Exemplar der Studie in die Höhe haltend), aus der ganz klar hervorgeht, dass die Maßnahmen dieser Regierung gegen Armutsge­fährdung (Zwischenruf des Abg. Deimek) und gegen eine Verschiebung der Einkom­mensverteilung gewirkt haben, auch wenn natürlich nicht alle Gruppen gleich betroffen waren. Faktum ist aber: Die soziale Krise ist glücklicherweise vorerst ausgeblieben. (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Vorerst! Vorerst! Vorerst!)

Eines gebe ich aber gerne zu: Die Maßnahmen waren nicht nur für ÖsterreicherInnen (Abg. Wurm: Hast gestern geschlafen ...?), sondern für alle Menschen, die hier in die­sem Land leben, unabhängig von ihrer Herkunft und von ihrer Hautfarbe, solange sie einen Rechtsanspruch darauf haben. (Beifall bei den Grünen.) Die Maßnahmen, die da drin als angebliche Almosen erwähnt sind, sind die Kurzarbeit, die Arbeitslosengelder­höhung, die Anhebung der Notstandshilfe, die Erhöhung der Familienbeihilfe, die Sen­kung des Eingangssteuersatzes und die erhöhte Negativsteuer. Die Verlängerung der Notstandshilfe und die Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes stehen noch gar nicht drin, sonst würde die Bilanz vermutlich noch besser ausschauen.

Das ist aber kein Grund, sich auf die Schulter zu klopfen. Im Gegenteil: Das ist Motiva­tion, noch mehr zu tun, um Armut und Arbeitslosigkeit zu verhindern, um die soziale Krise zu verhindern, um Armut und Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, aber nicht Arme und Arbeitslose – und zwar unabhängig von Hautfarbe, Herkunft und StaatsbürgerInnen­schaft der Betroffenen, weil sie alle Teil unserer Gesellschaft sind. (Abg. Deimek: Na, das muss man ...!) Das nennt man übrigens Solidarität und wir kommen nur solidarisch aus der Krise. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.32

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter. – Bitte.